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Suzanne Davet

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24<br />

VI.<br />

Kriterien für die Interessenabwägung<br />

Mit einer Meldepflicht bei illegal anwesenden Personen verfolgt der Staat das Interesse<br />

an der öffentlichen Ordnung. Diesem Interesse steht das Recht auf informationelle<br />

Selbstbestimmung der von einer Meldung betroffenen Person(en) entgegen.<br />

Dieses Grundrecht muss, wenn die Voraussetzungen für die Leistung von Amtshilfe<br />

erfüllt sind, gegenüber den Interessen des Staates an der Aufgabenerfüllung zurücktreten.<br />

Amtshilfe gemäss AuG darf nur geleistet werden, wenn keine überwiegenden anderen<br />

Interessen einer Meldung entgegenstehen. Die Meldung einer illegal anwesenden<br />

Person kann mittelbar Auswirkungen auf andere Interessen und staatliche Verpflichtungen<br />

haben, wenn eine Person aufgrund einer Meldung an die Fremdenpolizei<br />

aus der Schweiz weggewiesen wird. Eine Verpflichtung zur Meldung kann zudem<br />

dazu führen, dass ein völker- und/oder grundrechtlicher Anspruch aufgrund des Risikos<br />

einer Meldung nicht mehr wahrgenommen wird. Diese beiden Aspekte sind bei<br />

einer Interessenabwägung zu berücksichtigen. Eine Verweigerung der Meldung aufgrund<br />

eines höheren anderen Interesses kann daher auf zwei Arten begründet werden:<br />

1. Es wird mit einer Meldung in grundlegende Rechte der betroffenen Person(en)<br />

eingriffen oder es liegen höherrangige andere Interessen des Staates vor 123 . Ob Meldung<br />

zu erstatten ist oder nicht, ist somit eine Frage der Wertung von Interessen.<br />

Höhere Interessen ergeben sich insbesondere aus anderen Grundrechten und/oder<br />

Völkerrecht. In diesem Zusammenhang sind v.a. die sozialen Grundrechte von Bedeutung.<br />

2. Grundrechte, Bundesgesetze und Völkerrecht sind sowohl für Gerichte, als auch<br />

für Verwaltungsbehörden verbindlich 124 . Im Falle eines Normenkonflikts mit innerstaatlichem<br />

Recht ist eine innerstaatliche Norm so auszulegen, dass sie Völkerrecht<br />

nicht widerspricht. Ist eine völkerrechtskonforme Auslegung nicht möglich, hat in der<br />

123 Bei Erwerbstätigen Sans-Papiers tritt das Interesse des Arbeitsmaktschutzes hinzu. Begeht eine<br />

illegal anwesende Person ein schweres Delikt, wird das Interesse des Staates an der öffentlichen<br />

Ordnung und Sicherheit in der Regel höher einzustufen sein; siehe dazu Breitenmoser S. 79 bez.<br />

EGMR-Rechtssprechung; siehe auch II.2. und IX.2.3.<br />

124 Art. 35 und Art. 190 BV.

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