Suzanne Davet
Suzanne Davet
Suzanne Davet
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
61<br />
des Staates somit unterschiedlich gewichtet, was Einfluss auf die Verhältnismässigkeitprüfung<br />
haben kann.<br />
NIEDERÖST bemerkt, dass das BGSA für illegal anwesende Personen zur Falle werden<br />
kann 315 . Diese Aussage ist sehr zutreffend. Denn mit dem Vollzug des BGSA<br />
sind sehr viele Stellen betraut, die durch komplexe Meldevorschriften verflochten<br />
sind. Das Risiko einer Verletzung des Datenschutzes ist deshalb sehr gross. Eine<br />
Meldung ist zudem unumgänglich, wenn Sozialversicherungsbeiträge und Steuern<br />
nicht geleistet wurden. Sind nämlich die Tatbestände von Art. 12 Abs. 1 und 2 BGSA<br />
erfüllt, müssen die Behörden die gesetzlich vorgeschriebenen Meldungen ohne Interessenabwägungen<br />
vornehmen. Dies kann unter Umständen einen Verstoss gegen<br />
Völkerrecht zur Folge haben. Nach obiger Auslegung ist diese Norm einer verfassungs-<br />
oder völkerrechtskonformen Auslegung nicht mehr zugänglich. Um einen<br />
Verstoss gegen Völkerrecht zu vermeiden, hat die meldepflichtige Behörde nur noch<br />
die Möglichkeit, sich auf die Unanwendbarkeit der Norm zu berufen 316 . Da die EMRK<br />
Vorrang geniesst 317 und die UNO-KRK ein Verbot regressiver Massnahmen – Erlass<br />
von Normen des innerstaatlichen Gesetzgebers, die das nach Ratifikation bereits<br />
einmal erlangte Schutzniveau vermindern – enthält, ist auch ein bewusster Verstoss<br />
des Gesetzgebers gegen diese beiden Konventionen unbeachtlich 318 . Es ist also<br />
trotzdem eine Interessenabwägung vorzunehmen.<br />
Wurden die Sozialversicherungsbeiträge bezahlt, darf aufgrund von Art. 12 Abs. 2<br />
BGSA keine Meldung erfolgen. Den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, die illegal<br />
anwesende Personen beschäftigen, ist daher anzuraten, in ihrem und im Interesse<br />
ihrer Angestellten, Steuern und Beiträge zu bezahlen, um das Risiko einer Meldung<br />
zu vermindern 319 .<br />
315 Niederöst, RN 9.68.<br />
316 Art. 27 WVK; Häfelin/Haller/Uhlmann, RN 232; Peters S. 58.<br />
317 Kälin et al., S. 107 und 108.<br />
318 Marguerat et al. S. 19 und 29; siehe auch VI.2.<br />
319 Zur Bezahlung von Quellensteuern und Sozialversicherungsbeiträgen ist der Arbeitgeber verpflichtet;<br />
Locher, Einführung zu Art. 83 ff. DBG, RN 4; Art. 14 Abs. 1 AHVG.