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Festschrift ,,500 Jahre Felsenkirche Oberstein"

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Falkenstein in der Pfalz mit der Auflage geerbt, die dortigen Untertanen niemals zur Aufgabe ihres Augsburgischen Bekenntnisses<br />

zu zwingen. Tatsächlich setzte er sich jedoch wenige <strong>Jahre</strong> später über diese Auflage hinweg und machte auch dort den Versuch,<br />

die Bevölkerung zum katholischen Glauben zurückzuführen.<br />

Einige <strong>Jahre</strong> zuvor hatte er bereits zwei Jesuiten aus Trier nach Oberstein kommen lassen, ,,um die Jugend zu reformieren‘‘. Er<br />

sorgte persönlich für den Lebensunterhalt der Patres, welche ,,beständig die Tafel auf dem Schloss“ Oberstein hatten, Nachdem −<br />

wie oben erwähnt − der letzte lutherische Pfarrer den Ort verlassen musste, war diesen Bemühungen offenbar auch Erfolg<br />

beschieden. ,,Die katholische Religion hat wiederum zu Oberstein florieret; nur zwei Haushaltungen widersetzten sich‘‘, schrieb<br />

rund 70 <strong>Jahre</strong> später der bekannte Obersteiner Praemonstratenserpater Leonard Goffiné (s.u.). Der Zeitgenosse sah dies<br />

allerdings etwas anders: Ein katholischer Pfarrer schrieb 1639 aus Oberstein an den Trierer Domdechanten und das Kapitel, dass<br />

sich vornehmlich im Flecken Oberstein die Leute an auswärtige unkatholische Orte begäben und daselbst ihre Kinder taufen<br />

ließen, auch daselbst die Sakramente empfingen“ − für die <strong>Jahre</strong> 1629 − 1641 lassen sich die Namen von fünf katholischen<br />

Geistlichen (drei Jesuiten und zwei Weltpriester) für Oberstein ermitteln. Sie predigten in der <strong>Felsenkirche</strong> und betreuten auch<br />

während der Pesteppidemie − vermutlich 1635 − die Kranken, wobei sich einer von ihnen infizierte und starb.<br />

Bild 15: Aufriss des nördlichen Seitenschiffes 1927; hier sind deutlich die unterschiedlichen Größen der Gurtbögen erkennbar<br />

All diese Ereignisse muss man vor dem Hintergrund des schrecklichen Dreißigjährigen Krieges sehen, der ja ursprünglich als<br />

Religionskrieg begonnen hatte und die Bevölkerung an der oberen Nahe um zwei Drittel dezimierte. Die regierenden Herren von<br />

Oberstein kämpften auf katholisch−kaiserlicher Seite und ließen beide ihr Leben: Lothar, der jüngere, als ,, Oberist−Lieutnant“ bei<br />

der Werbener Schanze 1633 und Franz Christoph als ,,Oberist eines Kürassierregiments“ in der Schlacht bei Wittsdock 1636. Da<br />

deren Brüder, die angeblich beide Domherren waren, schon zu jener Zeit nicht mehr lebten, fiel damit die Herrschaft Oberstein an<br />

die evangelische Linie des Hauses Daun−Oberstein, welche zu Broich (heute Mülheim an der Ruhr) residierte. Franz Christoph<br />

hatte übrigens der Obersteiner Kirche ein Kapital von 3000 Reichstalern hinterlassen, deren Zinserträge vornehmlich für die<br />

bauliche Unterhaltung der <strong>Felsenkirche</strong> gedacht waren. Außerdem sollte damit der Bedarf an Ornatsachen gedeckt werden sowie<br />

ein evtl. verbleibender Rest jährlich am Kirchweihtage (wohl dem Fest der Walpurgis, dem 1. Mai, an dem bis ins 19. Jahrhundert<br />

der Obersteiner Jahrmarkt stattfand) unter die Ortsarmen in der Herrschaft verteilt werden. Franz Christoph war ein entschiedener<br />

Katholik, und ohne konfessionelle Auflage wollte er seine christliche Mildtätigkeit denn auch wohl nicht verstanden wissen. Die<br />

Stiftung enthielt nämlich eine Klausel, welche besagte, falls wider Verhoffen die Obersteiner Kirche erneut in unkatholische Hände<br />

falle, und dort nicht mehr die katholische Religion gepflanzt werde, so müsse das Kapital an die Stadt Mainz fallen mit der<br />

Verpflichtung, die Zinsen für arme (katholische) Studenten der Theologie zu verwenden. Dieser Eventualfall sollte bald eintreten.<br />

Bild 16: Seitenschiff mit ehemaliger Nische während der Umbauarbeit 1929<br />

<strong>Festschrift</strong><br />

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