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Festschrift ,,500 Jahre Felsenkirche Oberstein"

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Armin−Peter Faust: Gedanken über zwei Skulpturenfragmente aus der <strong>Felsenkirche</strong><br />

Im Museum unterhalb der <strong>Felsenkirche</strong> befinden sich seit etwa 1937 1) zwei Bruchstücke2) sakraler Skulptur, die wohl mir großer<br />

Wahrscheinlichkeit3) einmal zur Innenausstattung der <strong>Felsenkirche</strong> gehört haben. Es handelt sich um eine kniende Halbfigur, wohl<br />

einen ,,Schmerzensmann“, und ein Weihwasserbecken.<br />

Bilder 66 und 67<br />

<strong>Festschrift</strong><br />

Nun wäre es sicher etwas hochstaplerisch, wollte man diese beiden Ausstattungsstücke der <strong>Felsenkirche</strong> als große Kunstwerke<br />

würdigen, die in aller Munde sein müssten. Aber man ist doch etwas verwundert, dass sie bisher von der<br />

Heimatgeschichtsforschung vollkommen unbeachtet geblieben sind. Kein Katalog, keine Broschüre, keine <strong>Festschrift</strong>, kein<br />

Fachaufsatz hat sie der Aufnahme für würdig befunden4).<br />

Man kann sich natürlich fragen, welche Gründe hinter dieser Ignoranz stehen. Zum einen kann man anführen, dass die beiden<br />

Stücke kunsthistorisch tatsächlich wenig ergiebig und attraktiv sind und dass sie, gemessen am großen Altarbild oder am<br />

Gesamtensemble der <strong>Felsenkirche</strong>, wirklich ohne Bedeutung sind. Zum anderen muss der kritische Betrachter − selbst wenn er<br />

kein Fachmann ist − mit Bedauern feststellen, dass der Erhaltungszustand schlecht und die irgendwann bei der Figur<br />

vorgenommene ,,Restaurierung“ geradezu barbarisch genannt werden muss 5).<br />

Das Weihwasserbecken ist so stark bestoßen, abgegriffen, zerkratzt und beschädigt, dass der Kunsthistoriker, auf keine gesicherte<br />

Einzelform aufbauend, eine Aussage, die eine Datierung, geschweige denn eine Stilanalyse ermöglichte, zu machen in der Lage<br />

ist.<br />

Nur so viel kann gesagt werden, dass es sich um ein Weihwasserbecken aus grauem Sandstein mit stumpfovalem Querschnitt<br />

handelt. Es war wohl an der einen Langseite an einer Wand befestigt und zeigt vier bandartige Wandverstärkungen. Zwischen<br />

diesen Verstärkungen sind Buckelbossen ausgebildet, in welche auf den Schmalseiten kerbschnittartige Einfassungen und<br />

einfache Kreuze gemeißelt sind. An der vorderen Langseite ist eine Swastika 6) in das gewölbte Feld eingegraben. Sie ist wenig<br />

sorgfältig in Kerbschnittform gestaltet und auch etwas aus der Mittelachse gerückt. Überhaupt sind die wenigen intakten Formen<br />

des Beckens recht unregelmäßig und grob gearbeitet und wohl im Zusammenhang mit der Bauskulptur, etwa den Rippen und<br />

Konsolen des Baues zu sehen.<br />

Kunsthistorisch weitaus ergiebiger als das Weihwasserbecken ist die erwähnte Figur eines knienden ,,Schmerzensmannes“ aus<br />

grobkörnigem grauen Sandstein7). Doch auch die Selbstverständlichkeit, mit der hier von einem Schmerzensmann geredet wird,<br />

kann etwas erschüttert werden, wenn man bedenkt, dass im Altarbild von 1410 8) ja bereits im rechten Seitenflügel, und zwar im<br />

oberen Bild, ein Schmerzensmann auftaucht, und es eigentlich nicht üblich war, ein und dasselbe Motiv in einer so bescheidenen<br />

Kirche gleich zweimal aufzustellen9). Es ist aber zu fragen, in welchen anderen ikonologischen Zusammenhang der<br />

Schmerzensmann gehört. Da ein solches ,,Erbärmdebild“, das Christus mit allen Leidensmerkmalen und<br />

Leidenswerkzeugen10) zeigt, in der Regel als sehr persönliches und intimes Andachtsbild fungierte, war es in größeren Kirchen<br />

oder Kapellen meist in Seitenkapellen aufgestellt. Diese Möglichkeit, das Werk zu präsentieren, gab es in der <strong>Felsenkirche</strong> kaum.<br />

Es bleibt also nur die Möglichkeit, dass es in einer Nische stand oder vor der Wand auf einer Konsole. Für die letztere Möglichkeit<br />

der Aufstellung spricht der Sockel der Figur selbst dann noch, wenn wir den unteren Teil, also den besagten Zementbrocken,<br />

wegdenken, der sicherlich eine moderne Hinzufügung ist, zumal das Sockelende der ursprünglichen Figur noch deutlich als Fuge<br />

zu erkennen ist. Denkt man sich jedoch diese Hinzufügung, die vorn etwa 30 mm und hinten etwa 60 mm stark sein dürfte, weg,<br />

taucht ein neues Problem auf. Dann nämlich verwandelt sich die jetzige leichte Vorwärtsneigung in eine leichte Rückwärtsneigung.<br />

Dadurch wird aber auch die Blickrichtung der Figur geändert: sie schaut nicht mehr auf den Betrachter herab, sondern über ihn<br />

hinweg in die Höhe, es sei denn, man hätte die Figur etwa einen Meter über dem Boden aufgestellt. Diese tiefe Aufstellung ist<br />

jedoch völlig unüblich.<br />

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