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Festschrift ,,500 Jahre Felsenkirche Oberstein"

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Hartmut Bach: Die Bedeutung der <strong>Felsenkirche</strong> für die Gemeinde heute<br />

,,Welche Bedeutung hat für Sie die <strong>Felsenkirche</strong>?“ habe ich verschiedentlich Obersteiner gefragt und dabei die unterschiedlichsten<br />

Reaktionen erlebt.<br />

Der eine guckte mich an, als käme ich von einem fremden Stern, sonst hätte ich doch die Antwort wissen müssen über die weltweit<br />

einmalige <strong>Felsenkirche</strong>. Ein anderer hatte nur ein Lächeln für mich, in dem alles Mitleid mit der Dummheit des ,,Zugezogenen“ lag.<br />

Wer sonst hätte eine solche Frage stellen können? Und wieder einer schüttelte verständnislos den Kopf, bevor er sagte: ,,Das weiß<br />

man doch. Das ist halt die <strong>Felsenkirche</strong>.“ Und bisweilen kommt dann noch zur Bekräftigung dieses durchschlagenden Arguments<br />

die Bemerkung hinzu: ,,Da bin ich getauft, konfirmiert und getraut worden!“ Und damit ist leider oft auch schon die Zahl der<br />

Besuche in der <strong>Felsenkirche</strong> genannt.<br />

Eine Frau sagte: ,,Wenn ich zwei Wochen aus Oberstein weg bin, dann werde ich unruhig und nervös. Dann muss ich zurück.<br />

Sehe ich aber vom Zug aus die <strong>Felsenkirche</strong>, ist alles wieder in Ordnung. Dann bin ich zu Hause“.<br />

Während der Zeit der Vorbereitung auf die <strong>500</strong>−Jahr−Feier sagte mir ein Gemeindeglied: ,,Für die Festwoche ist mein Haus belegt.<br />

Da kommen alle meine Geschwister von auswärts.“<br />

Was Obersteinern die <strong>Felsenkirche</strong> bedeutet, wird noch an anderer Stelle deutlich: Unsere Gemeinde bittet regelmäßig um ein<br />

freiwilliges Kirchgeld für bestimmte Arbeitsgebiete in der Gemeinde, wie Kindergarten, Sozialstation und Ähnliches. Bei dieser<br />

Sammlung wird am meisten gegeben, wenn sie für die <strong>Felsenkirche</strong> erbeten wird. Ob es nun für die Orgel, Bilder und Grabsteine<br />

oder Verschönerungsarbeiten verwendet werden soll, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Geht es um ihre <strong>Felsenkirche</strong>, dann<br />

sind die Obersteiner bereit, etwas zu spenden, auch solche, die sonst eher zurückhaltend sind in Bezug auf Gaben für die Kirche.<br />

Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang eines erstaunlich und typisch zugleich: Nur wenige Obersteiner wissen um die<br />

wirklichen Schätze, die die Kirche in ihrem Inneren birgt, sind sich bewusst, wie wertvoll gerade das Altarbild ist.<br />

Über diese Antworten und Tatsachen habe ich lange nachgedacht. Dabei wurde mir klar, dass für viele Obersteiner ,,<strong>Felsenkirche</strong>“<br />

schlicht und einfach ein anderer Name für Heimat ist, die gleiche Bedeutung hat. Oberstein ist ohne die <strong>Felsenkirche</strong> nicht<br />

Oberstein. Ihre Bedeutung ist überwiegend gefühlsmäßig begründet.<br />

Welche ganz andere Bedeutung die <strong>Felsenkirche</strong> für Oberstein auch hat, ist manchem Obersteiner und mir erst deutlich geworden,<br />

als wegen der Felssicherungsmaßnahmen und der anschließenden Renovierung die Kirche nicht besucht werden konnte. Da<br />

blieben auch die Touristen aus, und damit gingen in vielen einschlägigen Geschäften die Umsätze zurück.<br />

Das war einer der Gründe, warum Stadt und Kirchengemeinde alle Anstrengungen unternommen haben, um die Mittel<br />

bereitzustellen, die für die umfangreichen Arbeiten aufgebracht werden mussten. Der Kirchengemeinde ist das jedenfalls sehr<br />

schwer gefallen. Zur gleichen Zeit wurde ein neues Gemeindezentrum im 3. Pfarrbezirk − Struth − errichtet, und ohne den Verkauf<br />

des alten Pfarrhauses in der Wasenstraße und die tatkräftige Unterstützung durch Kirchenkreis und Landeskirche hätten wir die<br />

Mittel nicht aufbringen können.<br />

Bei dieser Summe musste sich das Presbyterium die Frage stellen, ob es noch zu vertreten sei, so viel Geld für die Kirche<br />

aufzuwenden. Weltweit verhungern hunderttausende. Bei der Restaurierung 1929 ist an der <strong>Felsenkirche</strong> so viel zerstört und<br />

verändert worden, was nicht wieder rückgängig gemacht werden kann. Vieles von ihrem ursprünglichen Charakter ist verloren<br />

gegangen. Seit mehr als zwanzig <strong>Jahre</strong>n ist sie auch nicht mehr Gemeindekirche im eigentlichen Sinn.<br />

<strong>Festschrift</strong><br />

Im 1. Pfarrbezirk − Stadt − wurde die seit Jahrhunderten geforderte und seit Beginn unseres Jahrhunderts geplante Kirche gebaut.<br />

Im zweiten Pfarrbezirk − Finsterheck/ Hohl − war gleichfalls ein neues Gemeindezentrum entstanden. Seitdem fand der<br />

sonntägliche Gottesdienst in der <strong>Felsenkirche</strong> nicht mehr statt.<br />

Erst heute wird mir klar, wie sang− und klanglos die bis dahin einzige Predigtkirche der Gemeinde ihre Bedeutung verlor; wie<br />

selbstverständlich man über die Tatsache hinwegging, dass fast ein halbes Jahrtausend lang hier Sonntag für Sonntag Gottes Wort<br />

verkündigt worden war, Menschen es gehört haben und auch hier das größte aller Wunder geschehen war, dass Menschen zum<br />

Glauben an den Herrn Jesus Christus gekommen waren, dass fast ein halbes Jahrtausend lang Menschen hierher zu Taufe und<br />

Abendmahl gekommen waren, kirchliche Trauungen und Konfirmationen gefeiert worden waren. Lag das damals an der<br />

jugendlichen Unbedachtsamkeit von uns Pfarrern, oder wurde damit nicht auch etwas von der Bedeutung der <strong>Felsenkirche</strong> für die<br />

Gemeinde deutlich: Ein Stück Heimat, nicht so sehr Gotteshaus?<br />

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