Festschrift ,,500 Jahre Felsenkirche Oberstein"
Festschrift ,,500 Jahre Felsenkirche Oberstein"
Festschrift ,,500 Jahre Felsenkirche Oberstein"
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Bild 22: Petrus, aus den Apostelbildern an der Empore<br />
Zerstörung und Wiederaufbau der <strong>Felsenkirche</strong> 1742 − 1800<br />
Die Gesteinsmassen unterhalb des alten Schlosses hängen seit eh und je wie ein Damoklesschwert über Kirche und Ort. Im Laufe<br />
der Geschichte ist es immer wieder im Bereich der Obersteiner Burgen zu Felsstürzen gekommen, die aber fast alle glimpflich<br />
abliefen. Um 1650 war der Ostteil des neuen Schlosses (möglicherweise mit der Burgkapelle) eingestürzt, wobei die Trümmer bis<br />
an das alte Pfarrhaus am Aufgang zur <strong>Felsenkirche</strong> am Marktplatz rollten. Wenige <strong>Jahre</strong> danach lösten sich auch Felsblöcke aus<br />
dem Kirchfelsen; diesmal wurde die Wohnung eines Wollenwebers im Flecken zerstört und eine Mutter mit 5 Kindern unter den<br />
Schuttmassen begraben. Zwei Kinder fanden den Tod, die Übrigen überlebten mit zum Teil schweren Verletzungen. Bei einem<br />
anderen Felssturz war einer Frau, die krank im Bett lag, von einem Stein, der Dach und Decke des Hauses durchschlug, ein Bein<br />
zerschmettert worden.<br />
Im <strong>Jahre</strong> 1742 erfolgte dann plötzlich ein ähnliches Unglück, bei dem keine Menschen zu Schaden kamen. Die schon ,,vor Zeiten<br />
der Reformation in einem Fels stehende und bewunderungswürdiger Weise erbaut gewesene Kirche (wurde) den 23. Dezember<br />
1742 durch Einfall des Felsens zerschmettert und zu Grunde gerichtet“. Der Schaden war in der Tat ganz beträchtlich. Das<br />
gotische Kreuzgewölbe des gesamten Hauptschiffes, dessen Auflageansätze noch heute erkennbar sind (an einer Stelle sogar mit<br />
dem Dauner Rautenwappen), wurde restlos zerstört. Die Landesherrschaft, der sogleich von dem Unfall berichtet wurde, war der<br />
Meinung, dass es ,,freylich nicht ratsam“ sei, den Kirchenbau ,,wiederum in diesen gefährlichen Ort zu setzen“. Man wollte also die<br />
<strong>Felsenkirche</strong> nicht wieder aufbauen und gab lediglich Anweisung, das noch brauchbare Inventar zu bergen. In diesem<br />
Zusammenhang werden genannt:<br />
a) ,,das Epitaphium in dem Herrschaftlichen Stuhl“ (wohl die Grabplatte Philipps II.)<br />
b) ,,das Gemälde auf dem Altar“ (das heutige Altarbild)<br />
c) ,,Pfeifen und Zubehör der Orgel“ (diese war somit auch größtenteils zerstört − sie hatte sich gegenüber der<br />
Kanzel auf der Empore befunden).<br />
d) die Glocken (zur Vorsorge gegen nachträglich einstürzenden Fels).<br />
<strong>Festschrift</strong><br />
Der Turm war offenbar durch den Felssturz nicht beeinträchtigt worden. Da das Kirchengestühl in dieser Zusammenstellung nicht<br />
genannt wird, können wir davon ausgehen, dass es vollständig zerstört war. Gleiches gilt auch für den größten Teil der Fenster mit<br />
den Glasgemälden.<br />
Die Gemeinde war durch das Unglück schwer betroffen. Die Landesherrschaft − damals regierte der verschwendungssüchtige Graf<br />
Christian Carl Reinhard von Leiningen in Heidesheim in der Pfalz − entzog sich weitgehend ihrer Verpflichtung zur Unterhaltung<br />
des Gotteshauses, beschränkte sich auf mehr oder weniger gut gemeinte Ratschläge, machte strenge Vorschriften und leistete<br />
bestenfalls ideelle Unterstützung.<br />
19