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Festschrift ,,500 Jahre Felsenkirche Oberstein"

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sie selten gesehen habe, im Ganzen betrachtet eine jener wenigen restlos gelungenen Instandsetzungen, die<br />

besonders hervorzuheben ist, weil sie einem Neubau fast gleichkommt, ja, durch die Art und Weise der<br />

Trockenlegung das übliche Ausmaß eines Neubaues noch übersteigt.“6)<br />

Bereits seit 1927 − kurz vor dem Beginn der Renovierungsarbeiten − konnte man auch abends die Konturen dieses Kleinods<br />

oberhalb von Oberstein durch eine installierte Scheinwerferanlage bewundern.<br />

In geziemender Distanz, jedoch mit der Stadt und ihrer Geschichte u. a. durch die Liebe der Bevölkerung engstens verbunden,<br />

erlebte die Kirche dann auch die Vereinigung der beiden Gemeinden mit dem Zusammenschluss von Idar und Oberstein zu einer<br />

Stadt am 1. Oktober 1933. Das Wunschkind der mittelalterlichen Gemeinde musste nun − 450 <strong>Jahre</strong> nach seiner Geburt − im<br />

Innern und Äußern neu gestaltet, als Wahrzeichen der neuen Stadt Idar−Oberstein mit ansehen, wie es in das Großdeutsche Reich<br />

zwangsweise mit übernommen wurde. Der Fels, der seiner behütenden Aufgabe nicht immer ganz gerecht wurde, vielmehr seinen<br />

Schützling arg zerzaust hatte, zeigte sich während der Wirren des letzten Weltkrieges sehr gnädig, denn die Bomben konnten<br />

,,seiner“ Kirche nichts zu leide tun. Lediglich in den letzten Kriegstagen wurden durch eine sinnlose Sprengung der Brücke am<br />

Marktplatz einige Kirchenfenster teilweise beschädigt. Die Sirene, neben dem Turn errichtet, ließ man auch heute in unserer von<br />

vielen Friedensworten erfüllten Zeit bestehen, und so erinnert uns dieselbe an eine unglückselige Zeit.<br />

Unbeeindruckt von dem neuen Gewand der Kirche und den Zeitläufen hielt die Bedrohung durch den Felsen für die Kirche<br />

weiterhin an, und so löste sich am 6. August 1946, gegen 7 Uhr in der Früh, eine größere Masse Gesteins und stürzte zu Tal. Die<br />

Kirche jedoch blieb glücklicherweise unversehrt.<br />

Nahezu unlösbar mit der Geschichte der <strong>Felsenkirche</strong> und deren Bedeutung ist − auch überregional betrachtet − die Existenz ihres<br />

mittelalterlichen Altarbildes verbunden. 1927, während der Renovierungsarbeiten, quasi ,,wieder entdeckt“, beschäftigt es seitdem<br />

die Kunstgeschichte. Im Zusammenhang mit diesem Bericht soll deshalb auf die Odyssee eingegangen werden, der sich das<br />

wertvolle Triptychon während und nach dem Krieg unterziehen musste. Bereits 1927 ausquartiert, restauriert und anlässlich der<br />

Ausstellung ,,Alte Kunst am Mittelrhein“, die 1927 in Darmstadt veranstaltet wurde, einem größeren Kreis vorgestellt, kehrte es<br />

1929 in die <strong>Felsenkirche</strong> zurück. Kurz vor Ausbruch des letzten Krieges begann im Herbst 1939 eine größere Reise, die das<br />

Triptychon unternehmen musste, um es vor den Gefahren des bevorstehenden Krieges zu schützen. Eine diesbezügliche<br />

Empfangsbescheinigung des Provinzialkonservators der Rheinprovinz in Bonn hat folgenden Wortlaut:<br />

,,Zum Zwecke der Bergung gegen Gefährdung im Kriege wurde der o.g. Dienststelle für die Dauer des Krieges<br />

leihweise überlassen:<br />

Laufende Nr. 1 Gegenstand: 1 Flügelaltar aus der <strong>Felsenkirche</strong> in Oberstein (ohne Predella)<br />

Eigentümer: Evangelische Kirchengemeinde in Oberstein<br />

Bemerkungen: Kiste, in der das Altarbild verpackt ist, gehört der Kirchengemeinde.<br />

Datum: 5. September 1939<br />

Im Auftrage: gez. Dr. H. Neu.“<br />

Die evangelische Kirchengemeinde Oberstein bestätigt in einer Erklärung vom 12. Juni 1940 dem Provinzialkonservator, wie folgt:<br />

,,Der Provinzialkonservator hat im staatlichen Auftrage die, in der vorläufigen Empfangsbescheinigung vom 5.<br />

September 1939, gez. Dr. H. Neu aufgeführten, uns gehörigen Kunstgegenstände zu ihrer erhöhten Sicherheit<br />

an einen Ort verbracht, an dem sie aller Voraussicht nach vor Feindeinwirkungen weitestgehend geschützt<br />

sind.<br />

Wir erklären uns mit allen zum Schutz der Gegenstände getroffenen und ggf. noch zu treffenden Maßnahmen<br />

für die Dauer des Krieges einverstanden. Wir sind darauf hingewiesen worden, dass eine etwaige Versicherung<br />

der Kunstgegenstände nach wie vor unsere Angelegenheit ist.<br />

Der Vorsitzende des Presbyteriums gez. Bido, Pfarrer.“<br />

<strong>Festschrift</strong><br />

Erstmals nach dem Kriege wird in einem Schreiben des Landeskonservators von Rheinland−Hessen−Nassau vom 2. Mai 1946 auf<br />

den Verbleib des Triptychons hingewiesen. In diesem Schreiben teilt der Landeskonservator mit, dass seinerzeit der Flügelaltar<br />

durch den Provinzialkonservator auf Schloss Crottorf, einem Wasserschloss bei Friesenhagen im Kreis Altenkirchen, verbracht<br />

worden war. Weiterhin heißt es in diesem Brief, dass die evangelische Gemeinde diesen Altar wieder zurückhaben möchte, und es<br />

wird um Auskunft gebeten, wie eine derartige Rückführung zu bewerkstelligen sei. Nach zahlreicher Korrespondenz ergab sich,<br />

dass das Tafelbild aus dem collecting point in Wiesbaden kurzfristig durch die Amerikaner nach Schloss Dyck bei Grevenbroich<br />

verbracht worden war, um dann wieder in Wiesbaden in dem Sammeldepot zu landen. Von dort kam es endlich im März 1949,<br />

nach zehnjähriger Abwesenheit, in die <strong>Felsenkirche</strong> zurück10).<br />

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