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Festschrift ,,500 Jahre Felsenkirche Oberstein"

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Alfred Peth: Die <strong>Felsenkirche</strong> − eine Huldigung an die Trinität<br />

Das Fest der Heiligen Dreieinigkeit − Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist −, auch Trinitätsfest genannt, wurde im Mittelalter<br />

unter Papst Johannes XXII. (1316 − 1343) eingeführt und für die gesamte Christenheit allgemeingemacht. Das Wort Trinität kommt<br />

vom lateinischen Trinitas und heißt zu Deutsch Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit. Seitdem gehört die Zahl drei zu den heiligen Zahlen<br />

der Christenheit. Man denke dabei auch an die biblische Teilung der Welt in Himmel, Erde und Wasser (2. Buch Moses, 20,11)<br />

oder an die drei Völker der biblischen Legende: Sem, Hem und Japhet (1. Buch Moses, 10). Was lag da näher, als solche<br />

Zahlensymbolik auch beim Kirchenbau deutlich werden zu lassen? So hat man im Mittelalter beispielsweise Taufkapellen stets<br />

achteckig gebaut. In Italien werden sie Baptisterien genannt. Man erinnere sich auch an die acht Seligsprechungen der Bergpredigt<br />

und an den achteckigen Grundriss vieler Pfalzkirchen. Ein schönes Beispiel ist das heilige Oktogon des Aachener Dorns, das<br />

jedem Besucher deutlich in Erinnerung bleibt. Es sei noch vermerkt, dass sich bei fast allen Religionen eine dreigegliederte Einheit<br />

oder drei göttliche Personen finden lassen. Die trinitatische Symbolwelt ist teilweise kultur− und religionsübergreifend und<br />

allgemeines Menschengut. Wirich IV., der Erbauer der <strong>Felsenkirche</strong>, regierte hier in Oberstein, auf dem neuen Schloss, von 1432<br />

bis zu seinem Tod, 1501. Die Grabkirche der Daun−Obersteiner Familie ist bekanntlich Otterberg in der Pfalz. Dort wurde auch<br />

Wirich begraben. Einer seiner Söhne, Philipp, dem geistlichen Stande bestimmt, wurde Domherr in Trier und seit 1508 Kurfürst und<br />

Erzbischof von Köln. 1515 starb er in der damaligen erzbischöflichen Residenz, dem Poppelsdorfer Schloss in Bonn. Eine der<br />

Töchter war Fürstäbtissin in Essen.<br />

Bild 65<br />

Wirich war sicherlich ein gläubiger Katholik. In die von ihm mit Genehmigung vom 23. August 1482 des Papstes − es war damals<br />

Sixtus IV. − erbaute und 1484 geweihte Kirche ließ er ein Fenster mit dem Bildnis des Schutzpatrons seines Hauses, des Heiligen<br />

Nikolaus von Myra, einsetzen. Sicher spielte auch in seiner Denkweise die heilige Trinität eine besondere Rolle, denn er hat ihr in<br />

der <strong>Felsenkirche</strong> in mehrfacher Hinsicht ein Denkmal gesetzt.<br />

Bild 72: Die drei Bogen des Seitenschiffs<br />

<strong>Festschrift</strong><br />

Wenn man die Kirche von außen betrachtet, erkennt man drei spätgotische Fenster, darunter drei kleine, fast quadratisch<br />

aussehende Fenster in Nischen. Betrachtet man die Sakristei von außen, so erkennt man wiederum drei Fenster. Eines der<br />

Fenster wurde bei der Renovierung in den späten Zwanzigerjahren unseres Jahrhunderts zugemauert. An seiner Stelle wurde ein<br />

neues gebrochen, das später zu einer Tür umfunktioniert wurde. Was man heute nicht mehr erkennen kann, ist ein drittes Fenster<br />

im Turm. Im Inneren des Turms sind die Sandsteingewände dieses Fensters jedoch noch sehr gut zu erkennen. Der mit der<br />

Neugestaltung der Kirche damals beauftragte Architekt Wilhelm Heilig aus Darmstadt war es, der dieses dritte Fenster wegfallen<br />

ließ. Im Inneren der zweischiffigen Kirche sind wieder drei gotische Bogen zu erkennen, die das Seitenschiff abfangen. Aus den<br />

jetzt noch vorhandenen Schlusssteinen der ehemaligen spätgotischen Spitzbogengewölbe kann man erkennen, dass diese auch<br />

aus drei Gewölben stammen. Leider wurden bei der Renovierung mehrere andere Schlusssteine entfernt. Auf alten Fotos des<br />

Kircheninneren sind sie jedoch noch gut zu sehen. So stellt die <strong>Felsenkirche</strong> in der Tat eine Huldigung an die Dreieinigkeit dar.<br />

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