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Festschrift ,,500 Jahre Felsenkirche Oberstein"

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H. Peter Henn: Felssicherungsarbeiten im Bereich der <strong>Felsenkirche</strong> Idar−Oberstein<br />

Geologische Vorgeschichte<br />

Im 15. Jahrhundert wurde die <strong>Felsenkirche</strong> in einer Höhlung des fast senkrecht niederfallenden Schlossfelsens, etwa 60 m<br />

unterhalb des Alten Schlosses erbaut. Seitdem war sie stets den Gefahren von Steinschlägen und Felsstürzen aus den steil<br />

aufragenden Felswänden ausgesetzt. Dies hat einerseits mit dem besonderen Standort der Kirche und andererseits mit den<br />

geologischen Gegebenheiten am Schlossfelsen zu tun.<br />

Der Schlossfelsen besteht aus Ergussgesteinen, die im ausgehenden Erdaltertum entstanden, als es zurzeit des Rotliegenden zu<br />

einer bedeutenden vulkanischen Tätigkeit kam. Mächtige Lavadecken breiteten sich im Raum Idar−Oberstein zwischen den<br />

Sedimentgesteinen des Oberrotliegenden aus. Diese Lavadecken setzen sich aus mehreren Lavaströmen zusammen, bei denen<br />

sich Sohlzone, Kernzone und Dachzone ganz unterschiedlich verhalten. In der Kernzone erstarrte das Magma zu einem dichten<br />

und festen Gestein, während in der Sohl− und Dachzone weniger feste Gesteine (Mandelsteintypus) entstanden. Hier bildeten sich<br />

beim Erkalten des Magmas Blasenräume, die entweder als Hohlräume verblieben oder mit Mineralien wie Achate, Amethyste,<br />

Rauchquarze, Calcit u.a. ausgefüllt wurden. Es sind somit in dem Ergussgestein unterschiedliche Gesteinsfestigkeiten vorhanden,<br />

die sich in der Felswand durch eine sehr unruhige Oberfläche, z.B. durch Vorsprünge und Überhänge darstellen und sich auch<br />

unterschiedlich gegenüber Witterungseinflüssen und Spannungsumlagerungen verhalten.<br />

Entscheidenden Einfluss auf die Steinschlaggefahr haben aber auch die Klüfte. Am Schlossfelsen kann man zwei Kluftsysteme<br />

deutlich unterscheiden. Das eine Kluftsystem wird durch die Abkühlungsflächen bzw. Grenzflächen zwischen den einzelnen<br />

Lavaströmen und Lavadecken gebildet. Diese Trennflächen stellen mechanisch eine Inhomogenität im Gebirge dar und zeichnen<br />

sich morphologisch als Klüfte ab. Das andere Kluftsystem ist durch tektonische, d.h. gebirgsbildende Kräfte entstanden, es<br />

durchschlägt das erste Kluftsystem und prägt im Wesentlichen die Gestalt des Schlossfelsens.<br />

Die Ergussgesteine mit ihren unterschiedlichen Festigkeiten, die verschiedene Richtung und Ausbildung der beiden Kluftsysteme,<br />

die Witterungseinflüsse, der Kluftwasser− und Strömungsdruck und die Schwerkraft sind Hauptursache der Steinschläge und<br />

Felsstürze am Schlossfelsen in Oberstein.<br />

Gefahren für Kirche und Besucher<br />

Seit Bestehen der <strong>Felsenkirche</strong> spielen Steinschläge und Felsstürze eine wichtige Rolle. Die Kirche wurde mehrfach durch<br />

Steinschlag beschädigt und im Jahr 1742 so schwer getroffen, dass man es kaum der Mühe wert hielt, sie wieder herzustellen.<br />

Vergebens wandte sich im <strong>Jahre</strong> 1858 der evangelische Kirchenvorstand zu Oberstein an die Großherzoglich Oldenburgische<br />

Regierung mit der Bitte, ,,die der Kirche Gefahr drohenden Steine“ von Staats wegen beseitigen zu lassen. Hierzu schrieb unter<br />

dem 19. Juli 1858 der Bauinspector Meyer an die Großherzogliche Regierung auszugsweise folgenden Bericht:<br />

,,In Folge Aufgabe Großherzoglicher Regierung von 20ten April d. J. habe ich bei meiner nächsten Anwesenheit in Oberstein die<br />

Grotte, in welcher die Kirche steht, in Bezug auf die in ihr hängenden, der Kirche Gefahr drohenden Steine näher besichtigt, um<br />

Großherzogliche Regierung über die Kosten berichten zu können, welche das Herabnehmen oder Befestigen der fraglichen Steine<br />

verursachen würde. Ich fand nun, dass die Bestimmung dieser Kosten im Voraus eine sehr missliche Sache sei, weil man<br />

einestheils nicht ohne weiteres bis zu diesen Steinen hinankommen und somit weder die Größe der sich lösenden Felsstücke<br />

bestimmen kann, noch weiß, wie fest oder wie lose sie sitzen, und auf welche Weise ihnen am vorteilhaftesten beizukommen ist<br />

und anderntheils, wenn man einmal ans Werk geht, Gerüste u. s. w. anbringt, doch jedenfalls die ganze Grotte durch Anklopfen<br />

untersucht und alles nur irgend Gefährliche beseitigt werden muß. Da nun nach der Erklärung des Kirchenvorstandes die Grenze<br />

zwischen dem Eigentum der Kirche und der Krone, mitten durch erstere gehen sollte und ich bei der Untersuchung fand, daß der<br />

hauptsächlich infrage kommende Stein fast senkrecht über der Frontmauer der Kirche hing, ...<br />

Hierdurch fiele nun jeder Grund weg, auf das Ansinnen des Kirchenvorstandes von Oberstein die gefahrdrohenden Steine von<br />

Seiten des Staats beseitigen zu lassen, einzugehen, da sowohl der Fels über der Kirche als unter derselben Eigenthum der<br />

Kirchengemeinde ist, und halte ich die mir unterm 20ten April d. J. gewordene Aufgabe hiermit für erledigt."<br />

Einige <strong>Jahre</strong> später, 1863, schrieb der Pfarrer in einem Spendenaufruf vom 22. Februar u.a.:<br />

<strong>Festschrift</strong><br />

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