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Festschrift ,,500 Jahre Felsenkirche Oberstein"

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Ähnlich wie im Ort Nahbollenbach, der 1739 bis auf wenige Häuser durch Hochwasser oder Feuersbrunst zerstört worden war,<br />

versuchte man, durch sogen. Kollektanten in deutschen und fremden Ländern Geld für die bedürftige Gemeinde zu sammeln.<br />

Dieses Amt übernahm der Obersteiner Bürger und Weißgerber Joh. Christian Schmoll, der zunächst nach Broich an der Ruhr<br />

reiste, im Herbst 1743 dort aber wegen des schlechten Wetters nicht weiterkam und schließlich sogar erkrankte. Die Kollektenreise<br />

wurde im Sommer 1744 durch Georg Otto Klein fortgesetzt. Man versuchte von Broich aus, das sich auch im Besitz der Grafen von<br />

Leiningen−Heidesheim befand, Kontakt zu einem Hofrat Voss in Duisburg aufzunehmen. Dieser verfügte über gewisse<br />

Verbindungen nach Den Haag, wo man erreichen wollte, dass in den Generalstaaten (den Niederlanden) gleichfalls eine Kollekte<br />

für die <strong>Felsenkirche</strong> angeordnet würde.<br />

Inzwischen waren in Oberstein längst Überlegungen wegen einer Reparatur angestellt worden. Im Frühjahr 1743 hatte man den<br />

Maurermeister Thomas Petry aus Bundenbach, offenbar den Vater des nachmals bekanntesten Hunsrücker Barockbaumeisters,<br />

um zwei Alternativ−Kostenvoranschläge gebeten. Es ging einmal um eine Reparatur der alten Kirche bzw. um einen völligen<br />

Neubau an anderer Stelle. Der Voranschlag für den Wiederaufbau enthielt Positionen für die Felssicherung (das Absprengen der<br />

noch überhängenden Stücke durch Pulver und Eisen), die Wiederherstellung der Außenmauern mit einem neuen Holzdach (also<br />

kein Steingewölbe mehr) sowie die Zimmererarbeit. All dies sollte 650 Gulden kosten.<br />

Ein völliger Neubau, wofür ein Platz hinter dem alten Pfarrhaus am Marktplatz in Oberstein vorgesehen war, sollte 60 Schuh lang,<br />

36 Schuh breit und 18 Schuh hoch werden (ohne Turm) und hätte etwa eine Grundfläche von 200 qm gehabt. Hierfür waren die<br />

Kosten mit 1050 Gulden veranschlagt. In beiden Fällen wären die Pfarrkinder zur Holzlieferung sowie zu Fuhr− und Handfron<br />

verpflichtet gewesen. Der Neubaupreis scheint außerordentlich niedrig angesetzt und wenig realistisch gewesen zu sein. Jedenfalls<br />

kostete rund 10 <strong>Jahre</strong> später der Neubau des Kirchenschiffes der Idarer Kirche (auch ohne Turm), der zwar geringfügig größer war<br />

(240 qm Grundfläche), mehr als das Doppelte an barem Geld.<br />

Dies war aber zu jener Zeit in Oberstein noch weniger vorhanden als in Idar. Keiner der beiden Alternativ−Kostenvoranschläge<br />

gelangte zur Ausführung, da die Gemeinde ,,mit Mitteln gänzlich entblößt“ war. In der Zwischenzeit hatte man eine Scheune auf<br />

der rechten Naheseite notdürftig für Gottesdienstzwecke hergerichtet. Es war dies gewiss ein unwürdiger Ort, um als Grabstätte für<br />

das 1½−jährige Söhnchen des Obersteiner Amtmanns Joh. Philipp Jaeger zu dienen. Das Kind wurde daher Ende April 1744<br />

,,weilen die Obersteiner Kirch wie bekannt, eingefallen und voll Steine liegt“, im Inneren der Idarer Pfarrkirche beigesetzt. Da aber<br />

zu jener Zeit bereits abzusehen war, dass eine Reparatur auf jeden Fall billiger als ein Neubau kommen würde, hatte die<br />

Landesherrschaft am 30.12.1743 − also genau ein Jahr nach dem Felssturz − den Wiederaufbau an alter Stelle angeordnet. Am<br />

11. Januar 1744 schlossen daraufhin die ,,Vorsteher der Gemeinde“ mit zwei Moseler Baufachleuten, dem Maurermeister Joh.<br />

Heinrich Kindt aus Trarbach und dem Zimmermeister Joh. Reinhardt Dünkel aus Traben, einen Wiederaufbauvertrag, der von dem<br />

alten Gerichtsschöffen und Büchsenmacher Peter Friedrich Leyser, dem Schöffen und Schuhmacher Hans Georg Loch, dem<br />

Kirchencensor und Rotgerber Hans Georg Klein sowie dem Amtsschultheißen Christian Joachim Spindler unterzeichnet wurde.<br />

Bild 23: Inneres der <strong>Felsenkirche</strong> vor der Renovierung 1928/29<br />

<strong>Festschrift</strong><br />

Die Kosten für dieses Vorhaben sollten sich nunmehr auf 700 Gulden belaufen. Obgleich Amtmann Jaeger in einem Schreiben an<br />

die Landesherrschaft ,,die Sache auf das allerbeste“ empfahl, war ein halbes Jahr später in dieser Angelegenheit immer noch<br />

nichts geschehen. Die Herrschaft hatte wegen finanzieller und technischer Probleme noch kein grünes Licht für die<br />

Wiederherstellung gegeben. Inzwischen waren Fischbacher Bergleute mit Spreng− und Ablösearbeiten des Felsens über der<br />

Kirche beschäftigt, obgleich noch nicht endgültig abzusehen war, ob es wirklich sinnvoll sei, wieder auf diesen gleichen Platz zu<br />

hauen. Die Finanzierung gestaltete sich außerordentlich schwierig. Wie bereits angedeutet, verliefen die Kollektenreisen nicht ganz<br />

reibungslos. Allgemein wird aber angenommen, dass der angesprochene Vertrag mit den Moseler Bauleuten dann schließlich doch<br />

zur Ausführung kam, da wir in den folgenden <strong>Jahre</strong>n nichts mehr diesbezüglich hören. Trotzdem kann ein genaues Jahr für den<br />

Wiederaufbau nicht angegeben werden. Immerhin finden sich in den Obersteiner Almosenrechnungen in der Zeit von 1743 bis<br />

1752 keine Ausgaben für die Kirche. Erst 1753 erscheint dort erstmals eine Position für das Ablösen von Felsstücken am Kirchweg.<br />

1756 wird ein Geländer (Lehne) an der Empore angebracht und im gleichen Jahr offenbar eine Orgel eingebaut. Man darf<br />

annehmen, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt die Renovierung der Kirche abgeschlossen war.<br />

Das neue alte Gotteshaus präsentierte sich freilich dem Besucher in schlichterem Gewand. Statt des steinernen Kreuzgewölbes<br />

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