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Arbeiten mit alkoholbelasteten Familien im Handlungsfeld der ...

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Grundsätzlich bestätigt sich in <strong>der</strong> Jugendhilfe <strong>im</strong>mer mehr ein Ansatz, <strong>der</strong><br />

notwendige Verän<strong>der</strong>ungen durch die Zusammenarbeit <strong>mit</strong> den Eltern zu erzielen<br />

sucht. Auch und gerade für die Kin<strong>der</strong> alkoholabhängiger Eltern scheint eine<br />

nachhaltige Verbesserung ihrer Lebenssituation und ihres Lebensgefühls eng daran<br />

gekoppelt zu sein, dass es gelingt, die Eltern zu einer motivierten Zusammenarbeit<br />

einzuladen. Gerade bei einer Alkoholproblematik aber ist die Zusammenarbeit <strong>mit</strong><br />

den Eltern beson<strong>der</strong>s schwierig und lässt viele Hilfen bereits <strong>im</strong> Anfangsstadium<br />

scheitern. Die Erfahrung zeigt, dass die Verän<strong>der</strong>ungsmotivation bei vielen Eltern<br />

zunächst gering zu sein scheint. Eine solche Verän<strong>der</strong>ungsmotivation entsteht bei<br />

Suchtproblemen in <strong>der</strong> Regel nur durch Druck.<br />

Um einen Verän<strong>der</strong>ungsdruck aufzubauen, ist es notwendig, dass die Mitarbeiterin<br />

des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) die Auswirkungen des Trinkens deutlich<br />

benennt (z.B. Symptome von Vernachlässigung o<strong>der</strong> Verwahrlosung,<br />

Entwicklungsverzögerungen o<strong>der</strong> Verhaltensauffälligkeiten <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>) und in aller<br />

Deutlichkeit auf die Verantwortung <strong>der</strong> Eltern in Bezug auf die Kin<strong>der</strong> hinweist. Dabei<br />

müssen die Eltern auch <strong>mit</strong> den möglichen Konsequenzen konfrontiert werden, die<br />

es haben wird, wenn die Eltern nichts an den <strong>der</strong>zeitigen Zuständen verän<strong>der</strong>n (z.B.<br />

Mitteilung an das <strong>Familien</strong>gericht, Antrag auf Sorgerechtsentzug,<br />

Fremdunterbringung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>).<br />

Diese Vorgehensweise steht häufig <strong>im</strong> Konflikt <strong>mit</strong> dem bevorzugten<br />

Rollenverständnis vieler ASD-Mitarbeiterinnen, die sich lieber als Beraterinnen in<br />

einem freiwilligen Dienstleistungsunternehmen sehen. Solange wie möglich<br />

versuchen die Kolleginnen, die Eltern auf freundliche und verständnisvolle Weise zu<br />

einer Mitarbeit zu motivieren und möchten es vermeiden, ihnen Druck zu machen. So<br />

verständlich dieser Wunsch ist: Nur allzu oft scheitern die Bemühungen um<br />

Einvernehmlichkeit letztlich an den typischen Mustern, die <strong>mit</strong> dem Alkoholproblem<br />

einhergehen. Deshalb ist gerade bei Alkoholproblemen ein professionelles<br />

Verständnis des doppelten Arbeitsauftrages des ASD so wichtig: Der<br />

Beratungsaufgabe einerseits und dem Kontrollauftrag an<strong>der</strong>erseits. Beide Seiten<br />

sind zur Motivation <strong>der</strong> Eltern wichtig, und es ist die schwierige Aufgabe <strong>der</strong><br />

verantwortlichen Mitarbeiterin, einzuschätzen welche „Gangart“ <strong>im</strong> Gespräch <strong>mit</strong> den<br />

Eltern <strong>der</strong> jeweiligen Situation angemessen ist (s. Kap. 3.2.).<br />

Bei einer (drohenden) Kindeswohlgefährdung wird es nötig sein, dass die ASD-<br />

Mitarbeiterin den Kontrollauftrag sehr deutlich übern<strong>im</strong>mt, um so Druck auf die Eltern<br />

auszuüben. Dadurch vergrößert sich die Möglichkeit <strong>der</strong> <strong>im</strong> Rahmen von Hilfen zur<br />

Erziehung arbeitenden Fachkräfte, <strong>mit</strong> den Eltern an Verän<strong>der</strong>ungen ihres<br />

Erziehungsverhaltens zu arbeiten. Tritt die Mitarbeiterin des Jugendamtes allerdings<br />

zu resolut und for<strong>der</strong>nd auf, wird sie den Kontakt zu den Klienten verlieren und kaum<br />

<strong>mit</strong> einer kooperativen Zusammenarbeit <strong>im</strong> Interesse <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> rechnen dürfen. Die<br />

Eltern würden sich dann bevormundet fühlen und versuchen, die ASD-Mitarbeiterin<br />

„auszutricksen“. Stellt sich die ASD-Kollegin wie<strong>der</strong>um zu sehr auf die Seite von<br />

Beratung, Verständnis und Vertrauen, wird sie über kurz o<strong>der</strong> lang fast <strong>im</strong>mer in<br />

einen Rollenkonflikt kommen: Irgendwann muss sie diese Position verlassen, um<br />

ihren Kontrollauftrag auszuüben. Da die Klienten sehr gut wissen, dass dem<br />

Jugendamt diese Aufgabe zufällt, sind sie gegenüber einer allzu nachgiebigen<br />

Haltung <strong>der</strong> ASD-Kollegin ohnehin skeptisch. In ihrer Übersetzung wird dies oft als<br />

„lasch“ gewertet. Die Familie denkt dann, sie hätte müsse „die vom Jugendamt“ nicht<br />

ernst nehmen - und wird von daher auch keine ernsthaften Verän<strong>der</strong>ungen<br />

anstreben. Es empfiehlt sich also eine freundliche und respektvolle, aber zugleich<br />

sachlich-nüchterne Haltung.<br />

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