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Das deutsche Schulsystem. Entstehung, Struktur ... - Bildungswissen

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- das Realgymnasium (neusprachliche Ausrichtung, Sprachenfolge Latein, Französisch, Englisch)<br />

und<br />

- die Oberrealschule (mathematisch-naturwissenschaftliche Ausrichtung, Sprachenfolge Französisch,<br />

Englisch – ohne Latein – vgl. dazu Abbildung 2.3)<br />

Abbildung 2.3: Stundentafel für die Oberrealschule (1901)<br />

Lehrgegenstände VI V IV UIII OIII UII OII UI OI SA<br />

Religion 3 2 2 2 2 2 2 2 2 19<br />

Deutsch u. 4+1 3+1 4 3 3 3 4 4 4 34<br />

Geschichtserzählungen<br />

Französisch 6 6 6 6 6 5 4 4 4 47<br />

Englisch 0 0 0 5 4 4 4 4 4 25<br />

Geschichte 0 0 3 2 2 2 3 3 3 18<br />

Erdkunde 2 2 2 2 2 1 1 1 1 14<br />

Rechen u. Mathematik 5 5 6 6 5 5 5 5 5 47<br />

Naturwissenschaft 2 2 2 2 4 6 6 6 6 36<br />

Schreiben 2 2 2 0 0 0 0 0 0 6<br />

Freihandzeichen 0 2 2 2 2 2 2 2 2 16<br />

Quelle: Reble, A. (Hrsg.): Zur Geschichte der höheren Schule, Bd. 2, Bad Heilbrunn 1975, S. 114<br />

■ Modernisierungsschub II<br />

Während es im niederen Schulwesen keine durchgängigen Unterschiede der Erziehung von Mädchen<br />

und Jungen gab (koedukative Schulen standen neben reinen Mädchen- bzw. Jungenschulen),<br />

wurde im höheren Schulwesen sehr deutlich unterschieden: Die Gymnasien waren reine Jungenschulen,<br />

für die Mädchen, denen der Zugang zur Universität verwehrt blieb, gab es höhere<br />

‚Töchterschulen’, an denen keine Berechtigung vergeben wurde. Die Funktion dieser Schulen bestand<br />

in der Bildung bürgerlicher Hausfrauen.<br />

G. Tornieporth (in: Studien zur Frauenbildung. Weinheim 1979, S. 46 f.) skizziert dies so:<br />

„Die Kleinfamilie wurde verstanden als ‚intimer Binnenraum‘, als eine Gruppe, die nicht mehr – wie ehedem<br />

das ‚Haus‘ – auf gemeinsamen ökonomischen Interessen basierte, sondern auf der Liebesgemeinschaft<br />

der Gatten. Der ehelichen Gemeinschaft lagen nunmehr die Momente der Freiwilligkeit, der Neigung<br />

und der Bildung zugrunde. Der alte Zweckverband, dem sich jeder einzelne unterzuordnen hatte,<br />

war einer Gemeinschaft von Individuen gewichen, denen das Recht auf individuelle Entfaltung zugestanden<br />

wurde. Bildung wurde nicht nur das Kriterium für eine bürgerliche Lebensform, sondern auch die Basis<br />

der veränderten familialen Binnenbeziehungen. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, auch der bürgerlichen<br />

Frau Zugang zu Bildungseinrichtungen zu verschaffen. Denn ‚für einen Mann von Bildung ist es nicht<br />

passend, eine Frau ohne Bildung zu nehmen‘, heißt es bei ROUSSEAU (Emile, 5. Buch, 1963, S. 818)“.<br />

In die gleiche Richtung weist eine Erklärung, die 1872 von Lehrerinnen und Lehrern an höheren<br />

Mädchenschulen auf ihrer ersten Hauptversammlung in Weimar verfasst wurde:<br />

Es gilt, „dem Weibe eine der Geistesbildung des Mannes in der Allgemeinheit der Art und der Interessen<br />

ebenbürtige Bildung zu ermöglichen, damit der <strong>deutsche</strong> Mann nicht durch die geistige Kurzsichtigkeit und<br />

Engherzigkeit seiner Frau an dem häuslichen Herde gelangweilt und in seiner Hingabe an höhere Interessen<br />

gelähmt werde, dass ihm vielmehr das Weib mit Verständnis dieser Interessen und der Wärme des<br />

Gefühls für dieselben zur Seite stehe“ (zitiert nach: Kraul. M.: Höhere Mädchenschulen. S. 281 in: Berg,<br />

Chr. (Hrsg.): Handbuch der <strong>deutsche</strong>n Bildungsgeschichte IV – 1870-1918. München 1991, S. 279-303).<br />

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts näherte sich dann der Lehrplan eines Teils dieser Schulen dem<br />

der Gymnasien an, aber erst 1908 (in Preußen) wurde einigen von ihnen (von da an ‚Studienanstalten’<br />

genannt) das Recht eingeräumt, Abiturprüfungen durchzuführen. Seither können Frauen<br />

die Hochschulen besuchen: 1908 waren 2,4 % der Studienanfänger Frauen, 1919 waren es 9,4%<br />

und 1932 bereits 18,5 % (vgl. dazu: Kraul, M.: Höhere Mädchenschulen. In: Berg, Chr.: a.a.O., S.<br />

279-303).<br />

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