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Das deutsche Schulsystem. Entstehung, Struktur ... - Bildungswissen

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quote bei den Angestellten- und Beamtenkindern unverkennbar stärker ansteigt (bei der Gymnasialquote<br />

der Beamtenkinder steigt der Wert von 23% auf 52%).<br />

<strong>Das</strong>s es sich bei den Daten vom Ende der achtziger Jahre nicht um längst überholte Werte handelt,<br />

lässt sich – angesichts der mangelnden aktuelleren Angaben aus Mikrozensus-Erhebungen –<br />

mit Hilfe einer Auswertung des sozioökonomischen Panels belegen (vgl. Büchel u.a. 2000). Diese<br />

Daten, die sich auf Durchschnittswerte der Jahre 1986 bis 1996 beziehen, bestätigen – auf leicht<br />

unterschiedlichem Niveau und bei nicht völlig deckungsgleicher Klassifizierung – die Ergebnisse<br />

des Mikrozensus 1989: Beim Gymnasium etwa findet sich eine Spannweite der schichtspezifischen<br />

Quoten, die von 17% bei den Arbeiterkindern bis hin zu 74% bei den Kindern von Beschäftigten im<br />

öffentlichen Dienst reicht. Auch hier bietet sich bei der Hauptschule das umgekehrte Bild. durchgängig<br />

leicht höheren Werte der Daten des sozioökonomischen Panels gegenüber denen des Mikrozensus<br />

erklären sich zum Teil auch dadurch, dass erstere den Gesamtschulbereich nicht einbeziehen,<br />

dass die dort zugrunde gelegte Grundgesamtheit also nur aus den Lernenden besteht, die<br />

Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien besuchen.<br />

<strong>Das</strong>s die schichtspezifische Ausprägung der Bildungsbeteiligung in dem in Deutschland zu beobachtenden<br />

Ausmaß kein unveränderbarer Tatbestand sein muss, belegt die Ende 2000 vorgelegte<br />

PISA-Studie. Bei den 15-Jährigen, bei Jugendlichen am Ende ihrer Schulpflichtzeit im allgemein<br />

bildenden Schulwesen also, findet sich in jedem der 31 an der PISA-Untersuchung teilnehmenden<br />

Länder ein unverkennbarer Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und den individuell<br />

erreichten Testleistungen. In keinem der 31 Länder ist dieser Zusammenhang aber so eng wie in<br />

Deutschland. Im Kompetenzbereich ‚Leseverständnis‘ z.B. beträgt der Unterschied zwischen der<br />

durchschnittlichen Lesekompetenz aus Familien des oberen Viertels und der aus Familien des unteren<br />

Viertels der Sozialstruktur 111 Testpunkte. In Finnland, dem Land mit den ‚lesestärksten‘<br />

Jugendlichen, liegt dieser Unterschied bei nur 53, in Japan sogar bei nur 27 Punkten (vgl. Baumert<br />

u.a. 2001, S. 385).<br />

Die Autoren der <strong>deutsche</strong>n PISA-Studie machen für das schichtspezifische Auseinanderklaffen der<br />

Testleistungen auch die <strong>deutsche</strong> Schulstruktur mit ihrer frühen Aufteilung der Schülerinnen und<br />

Schüler auf unterschiedliche Schultypen verantwortlich. Sie formulieren:<br />

„Die Analyse sozialer Disparitäten auf der Grundlage der PISA-Ergebnisse ergibt, dass es am Ende der<br />

Grundschulzeit beim Übergang in die weiterführenden Schulformen zu gravierenden sekundären sozialen<br />

Disparitäten der Bildungsbeteiligung kommt. Sie treten in Folge der differenziellen Förderung in den einzelnen<br />

Bildungsgängen am Ende der Sekundarschulzeit als verstärkter Zusammenhang zwischen Sozialschicht<br />

und den gemessenen Kompetenzen in Erscheinung“ (ebenda S. 360).<br />

Mit Blick auf die Mathematikleistungen wird der hier angesprochene Zusammenhang konkretisiert:<br />

„Auch bei gleichen kognitiven Grundfähigkeiten und identischem sozioökonomischem Status ist die<br />

Leistung eines Gymnasiasten um 49 Punkte höher als die Leistung eines Hauptschülers“ (ebenda<br />

S. 182).<br />

Zum Sekundarbereich II:<br />

Da der Mikrozensus im Bereich der Sekundarstufe II – anders als in dem der Sekundarstufe I – die<br />

Beteiligung an unterschiedlichen Bildungswegen weiterhin abfragt, lässt er sich hier auch wieder<br />

mit aktuellen Daten heranziehen. Allerdings muss dabei auf eine begriffliche Unschärfe im Fragebogen<br />

hingewiesen werden. In Frage 18a des Erhebungsinstruments wird hinsichtlich des Besuchs<br />

allgemein bildender Schulen gefragt: „Um welche Schule oder Hochschule handelt es sich dabei:<br />

Klassenstufe 11 bis 13 (gymnasiale Oberstufe)?“ Aus den Antworthäufigkeiten ergibt sich, dass<br />

1998 insgesamt 38% der 17 bis unter 19-Jährigen eine gymnasiale Oberstufe besucht haben. Tatsächlich<br />

wissen wir aus der Schulstatistik (also aus einer Totalerhebung – vgl. bmbf 2000, S. 26 f.),<br />

dass aus diesen beiden Altersjahrgängen 1998 nur 25% eine gymnasiale Oberstufe besuchten.<br />

Aus dem Vergleich dieser beiden stark abweichenden Daten und unter Hinzuziehung anderer<br />

Schulstatistiken lässt sich vermuten, dass die Beantworter der Frage 18a des Mikrozensusfragebogen<br />

unter ‚gymnasialer Oberstufe‘ auch die Fachgymnasien und insbesondere die zur Fachhochschulreife<br />

führenden Fachoberschulen verstanden haben. Anders lässt sich die Beteiligungsquote<br />

der Gesamtpopulation in Höhe von 38% nicht nachvollziehen. Es kann also davon ausgegangen<br />

werden, dass die Mikrozensusdaten zur Bildungsbeteiligung sich auf diesen erweiterten<br />

Oberstufenbegriff beziehen. Sie belegen dann, dass 1998 auf der einen Seite 22% der Arbeiterkinder,<br />

aber 64% der Beamtenkinder in diesen zur Fachhochschulreife oder zur allgemeinen Hoch-<br />

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