Das deutsche Schulsystem. Entstehung, Struktur ... - Bildungswissen
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Durch die Kombination der ökonomischen mit der bürgerrechtlichen Argumentation kam es strukturellen<br />
und curricularen Reformen. Dabei sind insbesondere die folgenden drei Reformen bemerkenswert:<br />
- Im Hamburger Abkommen von 1964 wurde die Schaffung der Hauptschule, die fortan als<br />
selbstständige Schule der Sekundarstufe I die Volksschuloberstufe ersetzen sollte, verabredet.<br />
Die bis Ende der sechziger Jahre vollzogene Einführung der Hauptschule war verbunden<br />
mit einer Ausdehnung der Schulpflicht auf neun, in einzelnen Bundesländern wie z.B. in<br />
Nordrhein-Westfalen später auf zehn Jahre, mit der Einführung des Prinzips des Fachunterrichts<br />
durch Fachlehrer und mit der Verankerung des Prinzips der Wissenschaftsorientierung<br />
(Wissenschaftsorientierung: In Schulen darf nur das gelehrt werden, was wissenschaftlich<br />
begründet ist).<br />
- Angestoßen durch die Empfehlung des Deutschen Bildungsrates (einem Beratungsgremium,<br />
das den ‚Deutschen Ausschuss‘ 1965 ablöste) zur ‚Einrichtung von Schulversuchen mit Gesamtschulen‘<br />
kam es ab Ende der sechziger Jahre zur Errichtung von Gesamtschulen. Damit<br />
wurde der Gedanke der gemeinsamen Unterrichtung aller Kinder, der schon die Auseinandersetzungen<br />
um den Weimarer Schulkompromiss beherrscht hat, wieder aufgenommen.<br />
Anders aber als in vielen europäischen Nachbarländern brachten die Gesamtschulen keine<br />
Ablösung der Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien. Stattdessen traten diese Gesamtschulen<br />
neben die Schulen des gegliederten Schulwesens, ergänzten diese also (vgl. Abbildung<br />
5.1).<br />
- Mit der 1972 von der KMK beschlossenen ‚Vereinbarung zur Neugestaltung der gymnasialen<br />
Oberstufe‘ wurde – nicht zuletzt auf Drängen der Universitäten – die gymnasiale<br />
Oberstufe strukturell und curricular einschneidend verändert: An die Stelle unterschiedlicher<br />
gymnasialer Schultypen (wie sie die neuhumanistischen, die neusprachlichen und die naturwissenschaftlichen<br />
Gymnasien darstellten) traten ‚enttypisierte’ Gymnasien, die in ihren Oberstufen<br />
den Schülerinnen und Schülern Raum für individuelle Profilbildungen boten. Auf<br />
diese Weise sollten die Oberstufenschüler und -schülerinnen sich verstärkt auf ihre fachlichen<br />
Interessen konzentrieren und sich zugleich besser auf die Arbeitsformen der Universitäten<br />
vorbereiten können.<br />
Der Ertrag der Reformjahre, die durch weitere kleinere Reformmaßnahmen geprägt waren, ist<br />
schwer zu erfassen (vgl. dazu auch den folgenden Abschnitt 3). Am ehesten trifft wohl der Satz zu:<br />
Die Bildungsreform ist nicht gescheitert, aber sie ist ‚stecken geblieben’ – u.a. auch in der großen<br />
ökonomischen Krise seit Mitte der siebziger Jahre (vgl. zur Bilanzierung der west<strong>deutsche</strong>n Reformphase:<br />
Klemm, K./Rolff, H.-G./Tillmann, K.-J.: Bildung für das Jahr 2000, Reinbek 1985).<br />
Anregung zur Wiederholung<br />
1) Vergegenwärtigen Sie sich die Schritte zur rechtlichen und zur tatsächlichen Durchsetzung<br />
der Schulpflicht im 18. und 19. Jahrhundert.<br />
2) Überlegen Sie sich die Gründe dafür, dass Preußen (wie andere <strong>deutsche</strong> Länder auch) im<br />
ausgehenden 18. Jahrhundert sein Schulwesen zu ordnen begann.<br />
3) Vergegenwärtigen Sie sich die Entwicklung des Gymnasiums vom ausgehende 18. bis zum<br />
Ende des 20. Jahrhunderts. Konzentrieren Sie sich dabei auf die Etablierungsphase am<br />
Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts, auf die Modernisierungsphase im<br />
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