Forschungsbericht 2010 - 2011 - Hochschule Bremen
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<strong>Forschungsbericht</strong> <strong>2010</strong> / <strong>2011</strong><br />
18 einhergehenden Kapital- und Wissens-Intensivierung<br />
der Produktion bei dahinter zurückbleibenden Qualifikationen<br />
der Arbeitskräfte gesehen worden.<br />
Demgegenüber versuchen die makroökonomischen<br />
Analysen das Arbeitsmarkt-Gleichgewicht zu bestimmen<br />
unter Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher<br />
Phänomene, insbesondere eines Gleichgewichtes<br />
zwischen der realwirtschaftlichen und monetären<br />
Sphäre (vgl. Phelps 1997, Phelps/Zoega 1998, Espinosa/Russel<br />
1997, Landmann/Jerger 1999, Franz<br />
2000, Turner 2001, Logeay 2003, Layard/Nickell/Jackman<br />
2nd ed. 2005, Blanchard 2005). Die Beobachtung<br />
eines Zusammenhangs zwischen einem monetären<br />
Konjunkturphänomen und dem realwirtschaftlichen<br />
Konjunkturphänomen der sich zyklisch verändernden<br />
Arbeitslosigkeit ist unter dem Namen Phillips-Kurve<br />
bekannt (geht aber tatsächlich schon auf Irving Fisher,<br />
1926, zurück).<br />
Bei Phillips sind Preisniveauveränderung und Arbeitslosigkeit<br />
miteinander invers verbunden (Π = k – a U),<br />
was in den 1970er Jahren zu der wirtschaftspolitischen<br />
Illusion der Wahlmöglichkeit führte (Helmut Schmidt:<br />
„Lieber 5 % Inflation als 5 % Arbeitslosigkeit!“).<br />
Friedman und Phelps versuchten hingegen den Nachweis<br />
zu führen, dass eine „natürliche“ Arbeitslosigkeit<br />
institutionell gegeben sei, da die Wirtschaftssubjekte<br />
auf staatsgenerierte Inflation auf Grund ihrer realistischen<br />
Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung des<br />
Preisniveaus nur vorübergehend mit mehr Beschäftigung<br />
reagieren würden. Formal kommt es also bei<br />
den genannten Ansätzen zu einer Aufspaltung des<br />
Parameters k in eine Komponente, die die erwartete<br />
Inflation beinhaltet (Π e ), und eine inflationsstabile, bei<br />
Friedman „natürlich“ genannte Arbeitslosigkeit, eben<br />
die non accelerating inflation rate of unemployment,<br />
die NAIRU (U*): Π = Π e – a (U –U*).<br />
In einem dritten Schritt kommen Mankiw et al., aufbauend<br />
auf der bahnbrechenden Arbeit von Layard/<br />
Nickell/Jackman (2nd ed. 2005) zu der Überlegung,<br />
dass die NAIRU keineswegs quasi-naturgesetzlich<br />
festgelegt ist, sondern mittelfristig variabel ist – zunehmend,<br />
wie mikroökonomisch in der Rechtsverschiebung<br />
der Beveridge-Kurve zum Ausdruck gebracht,<br />
aber auch abnehmend, wie es der Hoffnung der Agenda<br />
<strong>2010</strong> und der japanischen Flexibilisierungsinitiative<br />
entspricht. Formal heißt dies, dass ein Term für kurzfristige<br />
Schocks eingeführt wird (wie beispielsweise für<br />
den Ölkrisenschock): Π = Π e – a (U –U*) + s.<br />
Auf der Basis des LNJ-Ansatzes lassen sich nun ökonometrische<br />
Schätzungen durchführen um die Entwicklung<br />
der NAIRU im Zeitablauf zu bestimmen und<br />
den Handlungsspielraum von Wirtschaftspolitik darzustellen.<br />
Zudem lassen sich so Aussagen machen über<br />
die Veränderungen der NAIRU durch die getroffenen<br />
wirtschaftspolitischen Maßnahmen.<br />
Möglicherweise ist in beiden Ländern zu stark auf letztlich<br />
fragile Instrumente gesetzt worden. Denn sowohl<br />
in Deutschland als auch in Japan haben „atypische<br />
Beschäftigungsverhältnisse“ (Leiharbeit, in Japan<br />
„freeter“, „arubaito“ etc.) seit den 1990er Jahren stark<br />
zugenommen und den Aufschwung am Arbeitsmarkt<br />
2005-2008 getragen. Dies ist beispielsweise erkennbar<br />
an der Entwicklung des Anteils der temporären<br />
Beschäftigten an der Gesamtzahl der Beschäftigten.<br />
Offenbar haben die Reformen sowohl in Deutschland<br />
als auch in Japan damit die Konjunkturempfindlichkeit<br />
des Arbeitsmarktes erhöht: bei guter Konjunktur eine<br />
stärker positive Komponente etwa durch die Möglichkeit,<br />
Zeitarbeiter zu beschäftigen und damit Arbeitslosigkeit<br />
rasch abzubauen, in der Konjunkturkrise eine<br />
stärker negative Komponente. Die Konsequenz wäre,<br />
dass die strukturelle Komponente der Arbeitslosigkeit<br />
sinkt, die konjunkturelle Komponente aber eine höhere<br />
Volatilität aufweist.<br />
Eine Analyse dieser Zusammenhänge betritt allerdings<br />
theoretisch noch weitgehend Neuland. Da Wirtschaftskrisen<br />
im Kapitalismus Lokomotiven des Strukturwandels<br />
sind, wird jedoch von der Tiefe, der Dauer<br />
und Schwere der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise<br />
abhängen, inwieweit diese Strategie das Ausmaß der<br />
Arbeitslosigkeit auch im Abschwung positiv beeinflusst.<br />
Hierzu sind Szenario-Rechnungen erforderlich,<br />
was im Rahmen des Forschungsprojektes geschehen<br />
soll.<br />
Veröffentlichungen<br />
Bass, Hans H., Arbeitsmärkte in Deutschland und Japan.<br />
Eine kurze Geschichte mit offenem Ende, in: List-<br />
Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik, Bd. 35, Heft<br />
1, <strong>2010</strong>, S. 63-86.<br />
Bass, Hans H., Arbeitsmärkte und Arbeitsmarktpolitik<br />
in Deutschland und Japan zwischen Globalisierung<br />
und globaler Krise, in: Berliner Debatte Initial, 20 Jg.,<br />
Heft 3, <strong>2010</strong>, S. 88-103.<br />
Bass, Hans H., German and Japanese labor markets<br />
and labor market policies between globalization<br />
and world economic crisis. Towards a comparison,<br />
in: Hans H. Bass / Toshihiko Hozumi / Uwe Staroske<br />
(Hrsg.), Die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte zwischen<br />
Globalisierung und Weltwirtschaftskrise: Japan<br />
und Deutschland im Vergleich (im Druck)<br />
Bass, H. / Hozumi, T. / Staroske, U. (Hrsg.), Die Flexibilisierung<br />
der Arbeitsmärkte zwischen Globalisierung<br />
und Weltwirtschaftskrise: Japan und Deutschland im<br />
Vergleich (im Druck)<br />
Finanzierung<br />
Japan Society for the Promotion of Science (JSPS)<br />
<strong>Hochschule</strong> <strong>Bremen</strong>, Konrektorat Forschung<br />
Kooperationspartner<br />
Hozumi, Toshihiko, Prof. Dr. (Aichi Universität Toyohashi,<br />
Japan)<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Hans Heinrich Bass<br />
Telefon: +49 421 5905 4214<br />
Telefax:+49 421 5905 4599<br />
Hans-Heinrich.Bass@hs-bremen.de