Forschungsbericht 2010 - 2011 - Hochschule Bremen
Forschungsbericht 2010 - 2011 - Hochschule Bremen
Forschungsbericht 2010 - 2011 - Hochschule Bremen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Pflegefehler, Fehlerkultur und Fehlermanagement in stationären Versorgungseinrichtungen<br />
Laufzeit Projektbeteiligte<br />
12/2007 - 09/<strong>2010</strong> Cramer, Henning<br />
Stagge, Maya<br />
Projektleiterin<br />
Habermann, Monika, Prof. Dr.<br />
Projektbericht<br />
Problemhintergrund<br />
Als konstante Akteure am so genannten ‚sharp end’<br />
überwachen und steuern Pflegende die Versorgung.<br />
Ihnen kommt somit für die Identifizierung und potentielle<br />
Vermeidung von Fehlern eine herausragende<br />
Bedeutung zu. Sie verursachen in der beschriebenen<br />
Position aber auch selbst Fehler. Aufgrund ihrer exponierten<br />
Rolle und großen Zahl werden sie als die<br />
Berufsgruppe mit der größten Fehlerquote erachtet.<br />
Die Etablierung eines Fehlermanagementsystems benötigt<br />
deshalb fundierte Erkenntnisse zur Fehlerwahrnehmung<br />
und -steuerung auch unter Pflegekräften<br />
- Erkenntnisse, die bislang nur begrenzt international<br />
und national nicht vorliegen.<br />
Das Wissen um Fehler, ein so genanntes „negatives<br />
Wissen“, ist bedeutsam, um sicheres Handeln und<br />
seine Rahmenbedingungen zu konzipieren. Negatives<br />
Wissen wird deshalb generell auch als „Schutzwissen“<br />
deklariert. Seine bisherige Tabuisierung verhindert organisatorisches<br />
und individuelles Lernen. Pflegende<br />
werden allerdings nur dann an organisationsbezogenen<br />
Entwicklungen partizipieren, wenn sie Problemstellungen<br />
ihres Professionsverständnisses und Berufsalltags<br />
in den Diskussionen und Formalisierungen<br />
repräsentiert finden.<br />
Zielsetzungen<br />
Vor diesem Hintergrund wurde mit der hier beschriebenen<br />
Untersuchung mit Feldbezug auf das Krankenhaus<br />
und die stationäre Altenpflege das Ziel verfolgt,<br />
aus Sicht der befragten Pflegenden deren Fehlerwahrnehmung,<br />
erinnerte Fehlerhäufigkeiten, verschiedene<br />
Arten von Fehlern sowie Fehlerkategorien zu erfahren.<br />
Es interessierten die Ursachenzuweisung, Bewertungen<br />
(z.B. Schuld, Inkompetenz, Versagen, Lernchance)<br />
und Auswirkungen auf die eigene Befindlichkeit<br />
(z.B. Belastungen). Als weitere Dimensionen wurden<br />
soziale Beziehungsfelder im Umgang mit Fehlern,<br />
Fehlertoleranz und Fehlerkulturen, die Einschätzung<br />
der persönlichen Einflussmöglichkeit und präventiver<br />
Maßnahmen hinsichtlich einer Fehlervermeidung sowie<br />
gelungenes und/oder misslungenes Fehlermanagement<br />
aus Pflegeperspektive ermittelt.<br />
Methodische Vorgehensweise<br />
Das Fehlen von Forschungsergebnissen machte es<br />
notwendig, sich dem Themenfeld zunächst qualitativ<br />
zu nähern. Zur Exploration von Fehlerwahrnehmung<br />
und -klassifikation und Umgang mit Fehlern durch<br />
professionell Pflegende wurden aus diesem Grund 18<br />
halbstrukturierte Interviews geführt. Die GesprächspartnerInnen<br />
stammten aus der klinischen und stationären<br />
Altenpflege (Pflegefachkräfte und Pflegehilfskräfte)<br />
und wurden im Rahmen einer theoriegeleiteten<br />
Stichprobeziehung ermittelt. Die Vorstudie in Verbindung<br />
mit einem umfangreichen Literaturstudium lieferte<br />
die Grundlage für die Dimensionierung des Fragebogens.<br />
Auf dieser Grundlage wurde eine Prävalenzstudie<br />
in Form einer schriftlichen Befragung von Pflegenden<br />
(stationäre klinische und altenpflegerische Versorgung)<br />
durchgeführt. Die zweistufige geschichtete<br />
Zufallsstichprobe wurde aus Pflegenden aus<br />
Krankenhäusern und Pflegeheimen im Nordwesten<br />
Deutschlands gebildet. Insgesamt wurden 46 Pflegeheime<br />
und 30 Krankenhäuser mit mehr als 50 Plätzen<br />
bzw. Betten einbezogen.<br />
In den teilnehmenden Pflegeheimen wurden Fragebögen<br />
an alle Personen mit einer mindestens einjährigen<br />
pflegerischen Ausbildung ausgeteilt, also an<br />
- staatlich anerkannte AltenpflegerInnen,<br />
- Gesundheits- und KrankenpflegerInnen,<br />
- Gesundheits- und KinderkrankenpflegerInnen,<br />
- staatlich anerkannte AltenpflegehelferInnen und<br />
- staatlich anerkannte KrankenpflegehelferInnen,<br />
die jeweils mehr als geringfügig beschäftigt in der direkten<br />
Pflege tätig sind.<br />
In den Krankenhäusern wurden nur examinierte Pflegekräfte<br />
(Gesundheits- und KrankenpflegerInnen,<br />
Gesundheits- und KinderkrankenpflegerInnen, AltenpflegerInnen)<br />
befragt, die mit mindestens 50 Prozent<br />
einer vollen Stelle in der direkten Pflege arbeiten. Die<br />
Anzahl der befragten Personen war abhängig von der<br />
Größe der Kliniken: Entweder erhielten alle in Frage<br />
kommenden Personen einen Fragebogen, oder aber<br />
eine Stichprobe aus der Einrichtung von 50 bzw. 100<br />
Personen.<br />
Die Fragebögen wurden in der Einrichtung an die Teilnehmer<br />
verteilt. Diese füllten ihn zu Hause aus und<br />
schickten ihn direkt an das mit der Datenerfassung<br />
und -auswertung beauftragte Institut zurück. Eigenschaften<br />
der teilnehmenden Einrichtungen wurden mit<br />
einem „Strukturfragebogen“ erhoben. Alle Daten wurden<br />
in anonymisierter Form erfasst.<br />
Die Ergebnisse der Studie werden sowohl in einer Reihe<br />
von Publikationen und Vorträgen als auch im Rahmen<br />
einer Transfertagung vorgestellt (s.u.).<br />
Ergebnisse und deren Relevanz, Ausblick<br />
Fehler und Fehlermanagement in Gesundheitseinrichtungen<br />
haben eine erhebliche Relevanz für eine humane<br />
und ökonomisch vertretbare Gesundheits- und<br />
Pflegeversorgung. Die bisherige Diskussion zur Fehlervermeidung<br />
bezieht die Gruppe der Pflegenden unzureichend<br />
ein. Die Datenaufnahme zu diesem thema-<br />
71<br />
Fakultät 1<br />
Fakultät 2<br />
Fakultät 3<br />
Fakultät 4<br />
Fakultät 5