Tierseuchen und ihre Bekämpfung an der Weser - TiHo Bibliothek ...
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2 Bedingungen <strong>und</strong> Traditionen <strong>der</strong> Tierheilkunst in Norddeutschl<strong>an</strong>d bis zum Spätmit-<br />
telalter<br />
Die Gefährlichkeit <strong>der</strong> Epizootien war im Mittelalter den Menschen sehr wohl bek<strong>an</strong>nt <strong>und</strong><br />
begründete das Bewusstsein, dass m<strong>an</strong> sich <strong>und</strong> die Nutztiere vor ihnen schützen muss. Zu<br />
den Kr<strong>an</strong>kheiten, die in den im norddeutschen Raum zum Beispiel in Klöstern o<strong>der</strong> in Biblio-<br />
theken vorh<strong>an</strong>denen Schriften beschrieben wurden, zählten neben <strong>der</strong> schon erwähnten Rin-<br />
<strong>der</strong>pest unter <strong>an</strong><strong>der</strong>em bei Rin<strong>der</strong>n die Lungenseuche, bei Pferden das Nervenfieber, <strong>der</strong><br />
Rotz (seit <strong>der</strong> Antike Maleus gen<strong>an</strong>nt), verschiedene Erkr<strong>an</strong>kungen <strong>der</strong> Verdauungsorg<strong>an</strong>e<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Atemwege, bei Eseln ebenfalls <strong>der</strong> Rotz, bei Schafen die Schafpocken, bei Ziegen<br />
<strong>und</strong> Lämmern Maulgeschwulste <strong>und</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e Ulcerationen (wie Lippengrind) sowie die Zie-<br />
genpest, bei H<strong>und</strong>en die Tollwut. Letztere wurde auch bei Pferden <strong>und</strong> Rin<strong>der</strong>n beschrie-<br />
ben. 11<br />
M<strong>an</strong> muss sich vor Augen halten, dass diese Tierkr<strong>an</strong>kheiten, die in vielen Fällen zum Verlust<br />
eines o<strong>der</strong> mehrerer Tiere führten, nicht nur wie heute vor allem die Lebensmittelversorgung<br />
<strong>der</strong> Menschen gefährdeten. Insbeson<strong>der</strong>e Rindvieh <strong>und</strong> Pferde waren wichtige Arbeitshelfer<br />
<strong>der</strong> Menschen, sie dienten dem Tr<strong>an</strong>sport, dem Tragen von Lasten, als Zugtiere vor Karren<br />
<strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Wasserversorgung <strong>und</strong> zum Pflügen. In den ärmeren Gesellschaftsschichten konn-<br />
te <strong>der</strong> Tod eines Arbeitstieres den gesamten Lebensunterhalt <strong>der</strong> Familie in Frage stellen. Das<br />
Wissen um die Wirkung bestimmter Heilkräuter (beim Menschen ebenso wie beim Tier) war<br />
schon früh durch Naturbeobachtung gewachsen. 12 Bis ins frühe Mittelalter waren dabei im<br />
norddeutschen Raum Traditionen aus vier Kulturkreisen wirksam, dem keltischen, dem früh-<br />
germ<strong>an</strong>ischen, dem römischen <strong>und</strong> dem sächsischen. 13<br />
11 Ein beträchtlicher Teil dieses schriftlich fixierten Wissensst<strong>an</strong>des beruhte auf <strong>an</strong>tiken Vorlagen <strong>und</strong><br />
Überlieferungen; vgl. zur Wissensvermittlung aus <strong>der</strong> Antike <strong>an</strong>s europäische Mittelalter z.B. Schäffer<br />
1981, S. 3ff.<br />
12 Zu den überlieferten Heil<strong>an</strong>wendungen von Pfl<strong>an</strong>zen siehe Fischer-Rizzi 1994.<br />
13 Zu den Einzugs- <strong>und</strong> Einflussgebieten dieser frühen Kulturen im norddeutschen Raum vgl. Kaem-<br />
ling 1987, S. 13ff.