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Tierseuchen und ihre Bekämpfung an der Weser - TiHo Bibliothek ...

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Ferrier in two Books, 1639) als black helbore, schwarze Nieswurz o<strong>der</strong> Christrose empfohlen<br />

wurde. 95 Diese Anwendungsart sowohl <strong>der</strong> weißen als auch <strong>der</strong> schwarzen Nieswurz geht<br />

schon auf tierheilk<strong>und</strong>liche Anweisungen <strong>der</strong> Antike zurück. 96<br />

Obwohl m<strong>an</strong> durch die in dem Nienburger Schriftstück gebrauchte Formulierung zu dem<br />

Schluss gel<strong>an</strong>gen könnte, dass die Verwendung <strong>der</strong> Wurzel keinen <strong>an</strong><strong>der</strong>en Zweck verfolgte<br />

als den auch mit dem Le<strong>der</strong>ringchen erreichten, nämlich „damit es [das Loch] offen bleibe“,<br />

hat es mit ihr nämlich noch eine <strong>an</strong><strong>der</strong>e Bew<strong>an</strong>dtnis. Die Methode knüpft offensichtlich <strong>an</strong><br />

das so gen<strong>an</strong>nte Wurzelstecken <strong>an</strong>, o<strong>der</strong> die Applicatio fonticuli, die nach Schäffer schon in<br />

einem Rezept des Corpus Hippiatricorum Graecorum erwähnt wird: „Es ist nützlich ... auch<br />

die Nieswurz hineinzustecken [tò elléboron entithénai], nachdem m<strong>an</strong> die Haut durchbohrt<br />

hat“. 97 Diese auf Aberglauben beruhende Methode wird in den altgriechischen Rezepten ge-<br />

gen die „heilige Kr<strong>an</strong>kheit“ (Epilepsie) empfohlen. Die Anwendung hat sich über viele Jahr-<br />

h<strong>und</strong>erte im volksheilk<strong>und</strong>lichen Brauchtum erhalten, wenngleich offen bleiben muss, ob sich<br />

die Urheber des Nienburger Dokuments noch <strong>ihre</strong>r Ursprünge bewusst waren. Selbst einer <strong>der</strong><br />

ersten bei <strong>der</strong> Seuchenbekämpfung rational vorgehenden Tierärzte in Deutschl<strong>an</strong>d, Anton<br />

Joseph Will, Initiator <strong>der</strong> Münchener Tierarzneischule, empfahl noch 1790 „die scharfe in<br />

Sp<strong>an</strong>ischfliegenessig gepeitzte Christwurz (Rad. hellebor. nigr.)“, die „unter den Triel, gerade<br />

vor<strong>der</strong>halb <strong>der</strong> Brust [...] gesteckt“ werden sollte, „damit das Seuchengift <strong>an</strong> einem unschäd-<br />

lichen Ort vom Blute abgesetzt werde“. 98 Die von Will <strong>an</strong> diese Methode geknüpfte Erwar-<br />

tung konnte beim „flüchtigen Br<strong>an</strong>d“ bzw. „<strong>an</strong>thrax vag<strong>an</strong>s“ (eine Bezeichnung, die sich auf<br />

bestimmte Formen von Milzbr<strong>an</strong>d bezieht) natürlich nicht eintreten. Das tut aber dem den-<br />

noch in vieler Hinsicht für die <strong>Tierseuchen</strong>bekämpfung in Deutschl<strong>an</strong>d bahnbrechendem<br />

Wirken Wills als „erster rationeller Thierarzt in Baiern“ gerade im Hinblick auf die Erfor-<br />

schung des Milzbr<strong>an</strong>ds keinen Abbruch. 99<br />

Während diese F<strong>und</strong>stelle die einzige in den <strong>Tierseuchen</strong>akten <strong>der</strong> Stadt Nienburg ist, wo das<br />

„Stechen“ beschrieben wurde, kommt das Haarseilziehen o<strong>der</strong> –legen wie<strong>der</strong>holt vor. Es war<br />

95 Zaadhof 1966, S. 56; vgl. Fn. 91.,<br />

96 Schäffer 1981, S. 192.<br />

97 Schäffer 1981, S. 217, 227; zu dem Begriff „Applicatio fonticuli“ zitiert <strong>der</strong> Autor Probstmayr 1871,<br />

S. 94.<br />

98 Will 1790, S. 23, 25.<br />

99 Schäffer 1992, <strong>und</strong> weiter unten S. 135f.

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