NUTZTIEREDurchfall, aber welcher genau?IN SCHWEINESTÄLLEN gehört Durchfall zu den häufigsten Problemen.Wichtig ist eine genaue Abklärung der Ursachen, um die Tiere gezielt therapieren undprophylaktische Massnahmen ergreifen zu können. Welche Krankheitserreger am Werksind, zeigen die Farbe und Konsistenz des Kotes sowie das Alter der betroffenenSchweine.AnnaMüllerAn Durchfall können Schweine injedem Alter erkranken, am häufigstensind jedoch Ferkel und Absetzjagerbetroffen. Indem die Tiere,deren Verschmutzungsgrad, Kotkonsistenzund Kotfarbe sowie die Anzahl derKotabsatzstellen in der Bucht genau beobachtetwerden, lassen sich Durchfallsymptomeund -ursachen rasch erkennen.Je früher die Behandlung eingeleitetwerden kann, desto erfolgreicherist die Therapie und umso kleiner derwirtschaftliche Verlust.Saugferkeldurchfälle Abgängeim Saugferkelalter sind oft auf Durchfallerkrankungenzurückzuführen. Denneine gesteigerte Flüssigkeitsausscheidungund/oder eine Störung der Nährstoffaufnahmeführen zu einer raschenSchwächung. Ohne Behandlung folgtoft der Tod. Welche Erreger im Spielsein können, zeigt die Tabelle.Colibakterien Vor allem in den erstenLebenstagen verursachen Colibakterien,die Giftstoffe (Endotoxine) bilden,im Dünndarm der Saugferkel eine Sekretionsstörung,was einen wässriggelblichenDurchfall mit Austrocknungder Tiere zur Folge hat. Die Ansteckungerfolgt oral über ungenügend desinfizierteAbferkelbuchten, ältere Ferkeloder das Mutterschwein als Keimträger.Der Erreger kann am besten in einemfrisch getöteten, unbehandelten Ferkelnachgewiesen werden. Eine Typisierungder Escherichia coli und eine Resistenzprüfungwird in jedem Fall empfohlen.Es gibt auch die Möglichkeit, frischeKottupfer von drei bis vier unbehandeltenFerkeln bakteriologisch untersuchenzu lassen.Eine Therapie des ganzen Wurfes mitAntibiotika über mindestens drei Tagewird durch eine optimale Versorgungmit einwandfreiem Wasser und Elektrolytlösungensowie eine Temperatur von32bis36 °C im Ferkelnest unterstützt.Eine Schutzimpfung der Muttersau, einverbessertes Hygienemanagement sowieeine Einstallung nach dem Rein-Raus-Verfahren mit Waschen der Sauensind wichtige prophylaktische Massnahmen.Ebenfalls sollte die Kolostrumaufnahmeder Ferkel sichergestellt werden.Tabelle: Erreger von SaugferkeldurchfällenColidurchfall Clostridium Kokzidiose Rotavirenperfringens Typ CAlter der Ferkel Erste Lebenstage, 1. – 14. Lebenstag Ab 7. Lebenstag 7. – 20. Lebenstag3. LebenswocheKot Wässrig, gelblich Wässrig, braun-rot, Gelblich, cremig Hellgelb, breiigblutigbis grau-wässrigInfektionsquelle Sau, kontaminierte Sau, kontaminierte Kontaminierte KontaminierteAbferkelbuchten Abferkelbuchten Abferkelbuchten AbferkelbuchtenVorbeugung Mutterschutzimpfung, Mutterschutzimpfung, Baycox oral, Stallhygiene,Stall und Tierhygiene, Stall und Tierhygiene Stallhygiene ImmunglobulineImmunglobulineBehandlung Antibiotika Keine, übergangsweise Baycox oral keineAntibiotikabehandlungQuelle: SGD-Merkblatt für Schweineprofis «Saugferkeldurchfälle»Clostridiendurchfall – nekrotisierendehämorrhagische Enteritis. Einblutig-wässriger, stinkender, zum Teilschaumiger Kot ist typisch für den durchBakterien hervorgerufen Durchfall. DieToxinbildung setzt bereits wenige Stundennach einer Infektion ein, wodurchdie Dünndarmschleimhaut stark geschädigtwird. Teilweise sterben die Ferkel,bevor sie klinische Symptome zeigen.Erkrankte und tote Tiere sind sofortin ein Labor einzuschicken, damit derErreger mittels bakteriologischer Untersuchungund Typisierung des Toxinsnachgewiesen werden kann.Eine Behandlung aller Ferkel unmittelbarnach der Geburt und an den darauffolgenden zwei Tagen mit Antibiotikakann versucht werden, dieErfolgschancen sind aber eher klein. EineProphylaxe durch die Impfung derMuttersauen hat sich bewährt und bietetauch Schutz gegen den von Escherichiacoli ausgelösten Frühdurchfall. Einegründliche Reinigung und Desinfektionmit clostridienwirksamen Desinfektionsmittelnist zur Senkung des Infektionsdruckesdringend zu empfehlen,auch wenn die Sporen während Jahrenüberleben können.Eine Typisierung des Toxins ist wichtig,da in letzter Zeit neben Clostridiendes Typ C auch der Typ A eine klinischrelevante Rolle spielen kann. Auch fürdiesen Typ gibt es einen Impfstoff, derjedoch in der Schweiz bis jetzt nicht zugelassenist.Kokzidiose (Isospora suis) Abdem siebten Tag kann dieser Parasit mitseinen resistenten Oozysten einen gelblich-pastösen,später wässrig gelb-grauenDurchfall verursachen. Die Tiere ster-72 11 2012 · <strong>UFA</strong>-REVUE
Saugferkeldurchfällekönnen das Wachstumentscheidend hemmen.Bild: Suisagben selten, bleiben in der Entwicklungaber zurück. Mittels einer Sammelkotprobekönnen die Erreger nachgewiesenwerden.Eine einmalige Gabe von Baycox 5% ®am dritten Lebenstag hat sich bewährtund unterdrückt vor allem die Ausscheidungder Parasiten. Die Optimierungder Hygienemassnahmen senkt den Infektionsdruck.Rotaviren Hellgelb-breiiger Durchfallzwischen dem siebten und 20. Lebenstagkann durch Rotaviren verursachtwerden, welche die Dünndarmzellenbefallen. Das Absterben der Zellenund die anschliessende Verkürzungder Darmzotten führen zu grossen Flüssigkeitsverlusten.Die Diagnose erfolgtüber den Erregernachweis im Kot oderhistologisch.Elektrolytlösung als Tränke und Antibiotikagabeum Sekundärerreger zu unterdrückensind Therapieansätze. Prophylaktischkönnen Immunglobulin-Präparate so früh wie möglich verabreichtund mit einem optimierten Hygienemanagementder Keimdruck gesenktwerden.Durchfall bei Absetzjagern kannden Wachstumsknick in dieser ohnehinstressigen Phase zusätzlich verstärken.Auch hier gilt es, rasch zu reagieren, sobalderste Symptome auftreten.Coli-Durchfall EnterotoxinbildendeStämme von Escherichia coli sindnoch immer die häufigsten Durchfallverursacherbei Absetzferkeln, besondersin den ersten zwei Wochen nachdem Absetzen oder nach dem Einstallenin die Mast. Die Ansteckung erfolgt oralund führt wegen den Giftstoffen imDünndarm zu einer gesteigerten Absonderungvon Wasser und Elektrolytenschnell zu einer Austrocknung, Gewichtsverlustund Kümmern. Es sollenKottupfer von drei bis vier unbehandeltenTieren untersucht und anschliessendein Resistenztest gemacht werden.Eine Therapie mit Antibiotika lässtsich unterstützen mit zusätzlich anzubietendenElektrolytlösungen, eine Reduktiondes Futters, Einsatz von mit Colaoder Essig angesäuerter Wühlerdeoder zerkleinerter Holzkohle (nicht zusammenmit Fütterungsarzneimittel)und einer optimalen Stallhygiene.Lawsonien Besonders bei Stresssituationenwie Überbelegung, Kälte,Umgruppierung, Hygienemängel brichtdie Krankheit aus. Nach einer oralenAufnahme einer kleinen Erregermengezeigen die Schweine einen breiigen, zementfarbenenbis blutigen Durchfall,wachsen auseinander und kümmern. Esgibt eine sichtbare Verdickung derDarmwand des Ileums und daraus resultierendeResorptionsstörungen. Die Diagnoseerfolgt beim umgestandenenTier mit dem Nachweis der Lawsonienim Darm mittels Histologie oder PCR(Polymerase Chain Reaction).Empfohlene Massnahmen sind eineoptimale Hygiene und die Schluckimpfungder Saugferkel. Um den Bestandesdruckzu vermindern, kann eine erkrankteTiergruppe zeitlich limitiert mediziniertwerden.Brachyspiren Immer mehr an Bedeutungbei Tieren ab 30kg gewinnt derdurch die spiralförmigen Brachyspiren-Bakterien verursachte Durchfall. DieÜbertragung erfolgt via Kot von infiziertenTieren oder kontaminierter Gülle,aber auch Mäuse und Ratten spielen einewichtige Rolle als Vektoren. Infektionendurch Brachyspira hyodysenteriaeverursachen akut bis chronischen, blutigbis schleimigen Durchfall (Dysenterie),schlechte Tageszunahmen, eingefalleneFlanken, Abmagern, Kümmern undplötzliche Todesfälle. Infektionen mitBrachyspira pilosicoli verlaufen hingegenin der Regel milder (Spriochchäten-Durchfall). Nachgewiesen werden dieErreger via rektale Kotentnahme beidrei bis fünf Tieren mit typischemDurchfall.Blutiger und schleimiger Durchfallvon mehreren Tieren im Bestand mussdem Schweinegesundheitsdienst (SGD)gemeldet werden, um eine Verschleppungzu verhindern. Bei einem Nachweisvon Brachyspira hyodysenteriaewird in Zusammenarbeit mit dem SGDeine Sanierung des Bestandes angestrebt.Als Sofortmassnahme werdenbetroffene Tiergruppen mindestens dreiWochen mediziniert.Eine genaue Beo -bachtung der Tiere injeder Altersklasse undeine genaue Abklärungder Durchfallursachesind sehr wichtig, umein Problem rechtzeitigzu entdecken und ziel -orientiert zu beheben.Bild: agrarfoto.comAutorin Dr. AnnaMüller, Schweinegesundheitsdienst(SGD)Sempach-Zentralschweiz,6204 Sempach.www.suisag.chINFOBOXwww.ufarevue.ch 11 · 12<strong>UFA</strong>-REVUE · 11 2012 73