Strategien brauchen Projekte<strong>Bau</strong>dezernent Peter Klunk <strong>und</strong> CityO.-GeschäftsführerFranz-Josef Muckel<strong>Bau</strong>dezernent, der Geschäftsführer der TMO Tourismus& Marketing Oberhausen GmbH <strong>und</strong> der Citymanager,ansonsten prägt die Privatwirtschaft Ziele <strong>und</strong> Projektedes Vereins. Franz-Josef Muckel ist in PersonalunionCitymanager, Geschäftsführer <strong>und</strong> Vorstandsmitgliedvon CityO.-Management e. V.. Zusätzlich ist er Leiterdes städtischen „Projekt-TeamCity“, gewissermaßeneiner <strong>für</strong> lokale Projekte zuständigen Außenstelle des<strong>Stadt</strong>planungsamtes. Das richtige Verhältnis zwischenorganisatorischem Rahmen, Freiraum <strong>für</strong> ehrenamtlicheInitiative <strong>und</strong> Kooperation mit der Kommunezu finden, ist eine Gratwanderung. „Ich sitze zwischenoder besser auf allen Stühlen. Völlige Unabhängigkeitklingt auf den ersten Blick besser, aber dann würdeman zur Speerspitze einer singulären Bewegung, <strong>und</strong>damit würde man wahrscheinlich weniger erreichen“,meint Muckel. Er betont, dass CityO.-Management e. V.ein autarker Wirtschaftsverein ist, der weder ökonomischnoch politisch durch die <strong>Stadt</strong> gesteuert wird.Netzwerkarbeit auf Vertrauensbasis betreibt er, <strong>und</strong>die wichtigste Voraussetzung da<strong>für</strong> sind Kontakte <strong>und</strong>Kommunikation. Was das heißt, merkt man beim Gangmit dem Citymanager durch die Fußgängerzone. Da<strong>für</strong>braucht man Zeit: Alle 20 Meter trifft er Bekannte, seienes Kommunalpolitiker unterschiedlicher Parteien, denVorsitzenden des örtlichen Handelsverbands, eineKünstlerin, den langjährigen Streifenpolizisten, der zuseinem Bedauern nun in den Innendienst aufgestiegenist, <strong>und</strong> natürlich diverse CityO.-Vereinsmitglieder.Immerhin 85 Vereinsmitglieder gibt es. Bemerkenswertist, dass heute Immobilieneigentümer dieMehrheit der Vereinsmitglieder stellen. Das früher weitverbreitete Modell des Einzelhändlers, der gleichzeitigBesitzer seiner Immobilie ist, gibt es in Oberhausenkaum noch. Gerade Filialisten <strong>und</strong> der starke Anteil desvon Migranten betriebenen Einzelhandels sind trotzgezielter Bemühungen <strong>für</strong> eine feste Vereinsmitgliedschaft<strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>finanzierung der Organisationoder des Citymanagements nur schwer zu gewinnen.Für konkrete Projekte lässt sich jedoch ein weitaus größererKreis an Unterstützern mobilisieren. Sogar dieFilialisten sind dann mit dabei. Es ist erstaunlich, welchefinanziellen Ressourcen selbst in einem ökonomischschwachen Umfeld wie Oberhausen mobilisiert werdenkönnen, wenn die Ideen überzeugend sind. LeuchtendesVorbild im doppelten Sinne ist hier das „OberhausenerWinterlicht“, eine Großinvestition von ca. 200.000 Euro<strong>für</strong> eine hochmoderne LED-Licht installation, die vollkommenohne öffentliche Mittel gestemmt wurde. Dasssich das Winterlicht gegenüber der alten Weihnachtsbeleuchtungwegen der um 30.000 Euro niedrigerenStromkosten in wenigen Jahren rechnet, ist ein zusätzlichesArgument. Zum Winterlicht gehört der Weihnachtswaldaus 300 bis zu 14 Meter hohen Fichten, einespektakuläre Kulisse <strong>für</strong> den Weihnachtsmarkt oderdas traditionelle deutsch-polnische Familien-Silvester.Ein Kraftakt, der sich lohnt: Winterlicht <strong>und</strong> WeihnachtswaldCityO.-Management Oberhausen37
Dachgartenparty auf dem KaufhausEin weiteres Schlüsselprojekt war der PeopleCounter,die Messung der Passantenfrequenz per Lasertechnik:„Wir brauchen <strong>für</strong> unsere Arbeit in der Innenstadtbelastbare Zahlen. Wenn wir sehen wollen, ob eine<strong>Stadt</strong>marketing-Maßnahme erfolgreich war oder nicht,sind die Daten der permanenten Frequenzzählung da<strong>für</strong>ein sehr wichtiger Indikator“, sagt Muckel. Auch <strong>für</strong> dieinteraktive Immobiliendatenbank www.ida-oberhausenCity.deoder die temporären Dachgärten mit Kulturprogrammauf dem Dach des Kaufhauses griffen diePrivaten tief in die eigene Tasche. Kommunale Mittel <strong>für</strong>solche Ideen gibt es eben nicht, denn Oberhausen musssparen – jährlich will die Bezirksregierung einen Haushaltssicherungsplansehen, <strong>und</strong> bis 2021 muss ein Haushaltsausgleichaus eigener Kraft erreicht werden. Mitden Projekten gewinnt der Verein seinen Rückhalt in der<strong>Händler</strong>schaft. Mit diesem Rückhalt lassen sich dannauch strategische <strong>Stadt</strong>entwicklungsfragen aufgreifen.Neue Profilierung der MarktstraßeSeit die Immobilieneigentümer die größte Gruppeim Verein sind <strong>und</strong> der Schulterschluss mit der kommunalen<strong>Stadt</strong>planung besteht, hat sich der Fokus derArbeit verändert: Klassisches Marketing <strong>und</strong> die Erhöhungder Passanten- bzw. K<strong>und</strong>enfrequenz verlierenan Bedeutung, während Immobilienwirtschafts- <strong>und</strong><strong>Stadt</strong> entwicklungsthemen wichtiger werden.Die Gemeinschaft ist ein Forum, in dem auch malergebnisoffen die Frage gestellt werden kann, welcheNutzungen zukunftsfähig sein können.„Alt-Oberhausen ist ein Phänomen! Wenn Sie jetzthier die Marktstraße runtergehen, ist die brechend voll,aber das hat nicht unbedingt was damit zu tun, dass dieLeute hier einkaufen gehen“, stellt <strong>Bau</strong>dezernent PeterKlunk fest. Tatsächlich fühlt man sich auf der Marktstraßeein bisschen wie auf einer Dorfstraße: Man kenntsich, quatscht, trinkt einen Kaffee in einem der zahlreichenCafés <strong>und</strong> guckt, wer noch alles so unterwegs ist,<strong>und</strong> so nebenbei erledigt man noch die täglichen Besorgungenauf dem Markt, beim Textildiscounter oder gehtzum Arzt. Allerdings ist die Marktstraße als Hauptachsedes traditionellen Einkaufsbereichs 1,4 km lang – <strong>und</strong>damit viel zu groß <strong>für</strong> Alt-Oberhausen <strong>und</strong> seine 90.000Einwohner. Am ohnehin übermächtigen CentrO misstman sich hier nicht mehr: „Wir wollen ganz bewusst nichtmit der ,Neuen Mitte‘ konkurrieren. Alt-Oberhausen hatganz andere Funktionen <strong>und</strong> Zielgruppen“, diagnostiziertCitymanager Muckel. Vor allem bei Kultur, Bildung,Ges<strong>und</strong>heit, Nahversorgung, öffentlichen <strong>und</strong> privatenDienstleistungen <strong>und</strong> vor allem als sozialer Treffpunkthat die Innenstadt ihre Stärken <strong>und</strong> nach Ansicht vonCityO. auch ihre Zukunft. Die Leitlinien der Quartiersentwicklung,an denen auch die Akteure der <strong>Händler</strong>gemeinschaftmitgewirkt haben, sehen unter anderem <strong>für</strong> denEinzelhandel eine Konzentration auf nahversorgungsrelevanteGeschäfte in einem kleinen Kernabschnitt vor –ein mutiger <strong>und</strong> nicht unumstrittener Schritt.Modellhaft <strong>für</strong> die Neuausrichtung der Marktstraßesind zwei Teilbereiche: Das Bert-Brecht-Quartier steht<strong>für</strong> Kultur <strong>und</strong> Bildung <strong>und</strong> zwar bewusst mit einerAusrichtung auf stadtteilbezogene Mitmachangebote.Leuchtturm ist das Bert-Brecht-Haus: In dem früherenKaufhaus von 1928, das mit seinem Backsteinexpressionismusbeeindruckt, sind nach einer aufwendigenSanierung nun <strong>Stadt</strong>bibliothek, Volkshochschule, Bürgerr<strong>und</strong>funk,Kulturbüro <strong>und</strong> die Fortbildungseinrichtung„Arbeit <strong>und</strong> Leben“ unter einem Dach eingezogen.Das jährliche Kurzfilmfestival lockt ein internationalesPublikum nach Oberhausen. Noch ist das Klima <strong>für</strong> diealte Industriestadt ungewohnt, aber ein Nährboden <strong>für</strong>das zarte Pflänzchen der Kreativwirtschaft entsteht.Am anderen Ende der Marktstraße hat der Wandelerst begonnen: Die Handelsimmobilien der 1960er- <strong>und</strong>1970er-Jahre sind überhaupt nicht mehr marktfähig,die Fußgängerzone der 1980er-Jahre, auf der sich die38Preisträger im Profil