07.12.2012 Aufrufe

7 | 2008 - Schiffahrt und Technik

7 | 2008 - Schiffahrt und Technik

7 | 2008 - Schiffahrt und Technik

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Stadtwerke Würzburg machen Landstromversorgung für Kreuzfahrer serienreif<br />

Strom im<br />

Hafen schont die Umwelt<br />

R<strong>und</strong> 80 Flusskreuzfahrtschiffe machten 2001 in Würzburg fest. Bis zum Jahreswechsel rechnen die Stadtwerke mit 500 Schiffen allein in <strong>2008</strong> | Bild: WVV<br />

Flusskreuzfahrtschiffe sind den meisten Städten willkommene Gäste. Doch oft trüben Lärm, Feinstaub <strong>und</strong> andere Emissionen<br />

der Schiffsdiesel die Idylle an den Liegeplätzen. Für die Stadtwerke Würzburg AG Gr<strong>und</strong> genug, ein bedarfsgerechtes Energieterminal<br />

für die schwimmenden Hotels zu entwickeln.<br />

Am Fuße der Löwenbrücke liegt es sich am Besten, weiß Axel Feuerstein<br />

von den Stadtwerken Würzburg. Vom Schiff aus bietet sich<br />

ein reizvolles Panorama auf Weinberge, die Festung Marienberg<br />

<strong>und</strong> die Alte Mainbrücke. Gleichzeitig sind die Passagiere binnen fünf<br />

Minuten in der Innenstadt. „Ohne die Landstromversorgung wären unsere<br />

Premium-Liegeplätze ein Kreuz für die Anlieger“, so Feuerstein. Der<br />

Objektbetreuer für die städtischen Häfen <strong>und</strong> Immobilien der Stadtwerke<br />

Würzburg AG <strong>und</strong> sein Team haben für ihre Neuentwicklung aber nicht<br />

nur das heimische Maintal im Blick: Laut EU-Richtlinie 2005/33/EG müssen<br />

ab 2010 alle Schiffe entweder Treibstoffe mit 0,1 % Schwefelgehalt<br />

an den Liegeplätzen nutzen, oder auf eine Landstromversorgung zurückgreifen.<br />

„Im ohnehin fl orierenden Flusskreuzfahrtgeschäft tut sich damit<br />

ein neuer Markt auf“, ist Feuerstein überzeugt. „Wer sich jetzt eine moderne<br />

Landstromversorgung zulegt, kann sich seinen Wettbewerbsvorteil<br />

schon frühzeitig sichern.“ Wenn überhaupt, stünden an den meisten<br />

Kreuzfahrt-Kais bislang pro Anlegeplatz mehrere Drehstromanschlüsse<br />

zur Verfügung, aus denen die Schiffe ab 125 A <strong>und</strong> aufwärts schöpfen.<br />

„Oft sind diese Verbindungseinheiten aber genau so überfordert, wie der<br />

Matrose, der sie anschließen <strong>und</strong> gleichzeitig die Sicherheitsvorschriften<br />

beachten soll“, ergänzt Projektleiter Franz Gerhard.<br />

Einen überwachten Anschluss mit Einzelsteckverbindungen mit bis<br />

zu 400 Ampere für Schiffe gibt es jedoch nicht, <strong>und</strong> an das ähnlich<br />

dimensionierte, auf Flughäfen eingesetzte System darf nur Fachpersonal<br />

des Flughafens ran. In den Häfen soll jedoch das Schiffspersonal<br />

selbst den Landanschluss herstellen können. „Ein einheitliches,<br />

Die Powerlock-Schnittstelle: Für Gastronomie, Beleuchtung, Klimaanlage <strong>und</strong><br />

Unterhaltungselektronik reicht keine Schuko-Steckdose | Bild: Grohmann<br />

leicht zu bedienendes System zu schaffen war unsere Hauptaufgabe“,<br />

betont Feuerstein. „Unsere Entwicklung wird hier im wahrsten<br />

Sinne des Wortes Standards setzen.“ Für das Energieterminal haben<br />

die Stadtwerke bereits den Gebrauchsmusterschutz <strong>und</strong> eine TÜV-<br />

Einzelgenehmigung erhalten <strong>und</strong> sind damit auf dem besten Weg<br />

zum Patent. Gr<strong>und</strong>lage des Würzburger Energieterminals ist das aus<br />

der Veranstaltungstechnik stammende Powerlock-System. Wo die<br />

Größen aus Rock <strong>und</strong> Pop Strom für Licht <strong>und</strong> Ton benötigen, sorgt<br />

meist eine Powerlock-Stromversorgung für Arbeitsschutz <strong>und</strong> selbsterklärende<br />

Handhabung: Die fünf Adern des Systems können nur in<br />

vorgegebener Reihenfolge angeschlossen oder abgeklemmt werden.<br />

Dabei ist jede Buchse so lange mechanisch blockiert, bis sie an der<br />

Reihe ist. Bedienungsfehler schließt das System damit aus. Erst wenn<br />

alle fünf Leitungen an Terminal <strong>und</strong> Schiff angeschlossen sind, misst<br />

ein Prüfgenerator die Verbindungen durch. Bei positivem Ergebnis<br />

ermöglicht er das Zuschalten. Ebenso schaltet der Prüfgenerator bei<br />

Unterbrechung des Leiters Neutral N oder L3 die Stromversorgung<br />

ab. Die Fernabfrage des Verbrauchszählerstands erfolgt per Meter-<br />

Feldbus (M-Bus).<br />

R<strong>und</strong> 15.000 bis 20.000 EUR soll die Einheit in der Serienfertigung<br />

kosten. „Niemand braucht Angst haben, dass das gute Stück beim<br />

nächsten Hochwasser in den Fluten versinkt“, versichert Feuerstein.<br />

Zwei Elektriker, ein LKW mit Kran <strong>und</strong> der mitgelieferte Heberahmen<br />

sollen ausreichen, die 300 kg schwere Box innerhalb von zwei St<strong>und</strong>en<br />

abzubauen. Aber es geht auch noch sicherer: In Cochem an der<br />

Mosel ruht das Würzburger Energieterminal auf einem Ponton, der<br />

bei Hochwasser aufschwimmt. Mit der EU-Zertifi zierung einer einheitlichen<br />

Landanschlusstechnik rechnet Feuerstein in etwa zwei Jahren.<br />

Doch Powerlock hat bereits begonnen, Einzug in die Branche zu<br />

halten: Beispielsweise ist bereits die Kreuzfahrer-Flotte der Premicon<br />

AG mit der Anschlusstechnik ausgerüstet, vereinzelt haben Häfen wie<br />

etwa Basel auch schon Powerlock-Schnittstellen als eigenes Projekt<br />

realisiert. Als anschlussfertiges Produkt dürfte das Würzburger Energieterminal<br />

deshalb in vielen Städten auf Interesse stoßen.<br />

■ Christian Grohmann<br />

7|<strong>2008</strong> | 47

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!