2015-02
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staDtmauer von siegen<br />
Bauliches Kleinod in alten Stadtmauern<br />
Foto: Rita Petri<br />
„... aufwendig anden Pforten mit etlichen unterschiedlichen<br />
Thoren gegen das petardieren (angreifen)<br />
und überraschen bewahrt, sonste auch vom Schloss her<br />
mit etlichen Bollwerken befestigt“, so beschrieb Johann<br />
Textor, Verfasser der „Nassauischen Chronik“ im Jahr<br />
1617 die mittelalterliche Befestigung der Stadt Siegen 1) .<br />
Derumdas Jahr 1650 entstandene Merian-Stich von Siegen<br />
bestätigt die Darstellung Textors: Eine wehrhafte<br />
Mauer, unterbrochen durch mehrstöckige Türme, umschließt<br />
dieAltstadt vom Oberen Schloss bis zur Martinikirche,<br />
die erstmals im Jahr 1311 urkundlich erwähnt<br />
wird. Ganz deutlich erkennbar die Mühle ander Siegbrücke<br />
beim Aufgang zum Kölner Tor mit dem gespeichten<br />
Wasserrad.<br />
In der Urkunde vom 3. 6. 1311 wird Siegens älteste<br />
Kirche als „außerhalb der Mauern“ bezeichnet. Die<br />
Erweiterung der Stadtmauern unter Einbeziehung der<br />
Martinikirche erfolgte vermutlich in den Jahren 15<strong>02</strong><br />
bis 1511. 2 )<br />
Die Geschichte dieser Kirche ist in der Festschrift zum<br />
700-jährigen Jubiläum anschaulich dargestellt 3) .<br />
Vier Bruchsteinpfeiler tragen die Brücke, die in der<br />
Zeichnung von Jakob Scheiner, entstanden um 1850,<br />
mit stärkerer Wölbung präsentiert wird, als auf dem vorzitierten<br />
Merian-Stich.<br />
Die älteste Urkunde, die Siegen als Stadt erwähnt,<br />
datiert aus dem Jahr 1224 und behandelt die Rechte des<br />
Erzbischofs Engelbert von Köln imVerhältnis zu Graf<br />
Heinrich von Nassau. Zu diesem Zeitpunkt muss Siegen<br />
bereits Stadtrechte besessen haben. Die Verleihung von<br />
Stadtrechten war im Regelfall mit der Erlaubnis verbunden,<br />
eine Stadtmauer zu errichten,einen Markt abzuhalten<br />
und in der Stadt eine eigene Gerichtsbarkeitaufzubauen.<br />
Nach dem verheerenden Brand in Siegens Altstadt<br />
(Oberstadt) in der Nacht vom 13. 4. 1869 war ein großartiger<br />
Aufbau der Fachwerkhäuser gelungen, wie die<br />
Neiner-Bilder aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg zeigen.<br />
Der Bombenangriffvom 16. 12. 1944 zerstörte 82 %der<br />
Stadtund erforderte umfangreiche Baumaßnahmen.<br />
Die auf dem Höhenzug zwischen Sieg und Weiß errichtete<br />
Stadt, auf dessen Bergspitze die Burg (Oberes<br />
Schloss) errichtetwurde, war durchdas Kölner,Marburger<br />
und Löhrtorsowie durch eine Anzahl kleinerer Pforten zu<br />
erreichen. Mächtige Bollwerke verstärkten die Tore und<br />
verbanden derenobereStockwerkemit dem Wehrgang auf<br />
der Stadtmauer.Die süddeutschen Städte Rothenburgund<br />
Nördlingen vermitteln noch heute das Bild einer mauerbewehrten<br />
Stadtbefestigung.Auf dem Merian-Stich lassen<br />
sichunschwer zehnWehrtürmeerkennen, die Bestandteil<br />
der Mauer waren. Insgesamt sollen 23 Türme vorhanden<br />
gewesen sein.<br />
Zeitweilig wurden die Stadttore nur gegen Zahlung<br />
eines Torgeldes geöffnet. Das geht aus einer Verfügung<br />
der Fürstlichen Landesregierung vom 15. 3. 1783 hervor,die<br />
am 19. 4. 1783 in den „Dillenburgischen Intelligenz-Nachrichten“<br />
bekannt gemacht wurde. 4) Es heißt<br />
dort u. a.:<br />
„... dass in der Stadt Siegen eine Torsperre, zum Besten<br />
der dasigen Armen- und Verpflegungsanstalten angelegt<br />
und darüber nachstehendes Reglement beobachtet werden,<br />
so wird solches hiermit zu jedermanns Wissenschaft<br />
gebracht.“<br />
Anfang des 18. Jahrhunderts verfielen Stadtmauern<br />
und Tore. Ihre wehrhafte Bedeutung hatten sie längst<br />
verloren, und zur Erhaltung einer scheinbar „überflüssigen<br />
Stadtmauer“ fehlte das Geld.<br />
Einen Eindruck von der Bedeutung der Stadtbefestigung<br />
vermitteln das Torhaus (heutige Stadtbücherei)<br />
sowie die Marburger Pforte, beide am Oberen Schloss<br />
gelegen. Die eisenbeschlagenen Torflügel fielen dem<br />
2. Weltkrieg zum Opfer. Ein Fußweg führt durch die<br />
Marburger Pforte, unterhalb des Schloss-Cafés, zum<br />
Brüderweg.<br />
Teilstücke der Stadtmauer, insbesondere im Bereich<br />
Kölner Tor/Martinikirche, sind in den letzten Jahren mit<br />
hohem Kostenaufwand saniert worden. Heinz Stötzel<br />
Quellen: 1) Textor, Johann; Nassauische Chronik, 1617, Nachdruck Bonn u. Fries 1994, Spezialbeschreibung<br />
der Grafschaft, Seite 8. 2) Bingener,Dr. Andreas; in „Jahrbuch fürregionale Geschichte<br />
2011“ (Festschrift 700 Jahre Martinikirche Siegen), Seite 32. 3) wie 2) und Beiträge weiterer Autoren<br />
auf 223 Seiten. 4) Dillenburger „Intelligenz-Nachrichten“ Seite 242 vom 19. 4. 1783.<br />
2/<strong>2015</strong> durchblick 15