2015-02
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Der verlust Des himmels?<br />
Wo eigentlich ist der Himmel und wo wohnt Gott?<br />
Wer den Himmel nicht ins sich selber trägt,<br />
sucht ihn vergebens im ganzen Weltall.<br />
(Otto Ludwig 1813–1865)<br />
Zur Einstimmung<br />
Gestatten Sie mir zu Beginn eine Frage. Was bedeutet<br />
Ihnen der Begriff „Himmel“? Haben Sie<br />
schon einmal über ihn nachgedacht und ein wenig<br />
reflektiert, oder halten Sie es mit dem großen deutschen<br />
Dichter Heinrich Heine (1797–1856) in seinem Gedicht<br />
„Wintermärchen“, „... den Himmel überlassen wir den Engeln<br />
und den Spatzen“? Wobei in dieser Aussage schon<br />
zwei Bedeutungen sichtbar werden. Die Engel weisen auf<br />
eine jenseitige religiöse Lokalisierung hin, während die<br />
Spatzen mehr für einen diesseitigen irdisch-planetaren<br />
Raum stehen. Zwei unterschiedliche Sichtweisen über ein<br />
und denselben Begriff, interessant genug, über sie ein wenig<br />
nachzudenken.<br />
Wie stark der Begriff „Himmel“ in unserem Gedankengut<br />
und Sprachgebrauch verankert ist, erkennen wir schnell<br />
an den vielen Redensarten, Wendungen und Sprichwörtern,<br />
die es mit ihm gibt wie: „Um Himmels willen“ – „Aus heiterem<br />
Himmel“ – „Ach du lieber Himmel“ – „Der Himmel<br />
hängt voller Geigen“ – „Zum Himmel schreien / stinken“<br />
– „Im sieb(en)ten Himmel schweben“ - „Dem Himmel sei<br />
Dank“ – „Der Himmel weint Tränen“, um nur einige zu<br />
nennen. Sicherlich fallen Ihnen auch sofort noch andere<br />
Beispiele ein. Wir haben den Himmel gewissermaßen in<br />
unsere Alltagssprache fest übernommen. Mit ihm bringen<br />
wir in unserer alltäglichen Konversation und Kommunikation<br />
unsere vielfältig gefärbten Befindlichkeiten zum<br />
Ausdruck und mit ihm verleihen wir Sachverhalten einen<br />
entsprechenden Nachdruck. Ja, auch für einen derben Fluch<br />
wie: „Himmel,A... und Zwirn“ oder „Himmel, Kreuz, Donnerwetter“,<br />
findet er Verwendung. Nicht zu vergessen, die<br />
manchmal durchaus amüsanten Himmel-Witze. Er ist also<br />
vielfältig verwendbar, der Himmel.<br />
Die Wohnungsnot Gottes oder<br />
wo zum Teufel ist der Himmel?<br />
Bei all dieser Verwendbarkeit im Gebrauch stellt sich<br />
mir die Frage: Wie ernst nehmen wir ihn eigentlich noch,<br />
den Himmel? Spielt er in unserem persönlichen Leben<br />
überhaupt noch eine Rolle und wenn ja, welche? Glauben<br />
wir noch an den Himmel, so, wie es im christlichen Gebet<br />
des Vaterunser heißt: „... der du bist im Himmel ...“?<br />
Im Englischen gibt es eine wie ich finde sinnvolle Unterscheidung<br />
zwischen dem „göttlichen Himmel“ = „Heaven“<br />
und dem astronomischen Himmel = „Sky“. Hat<br />
dieser „Heaven“ durch die Zeit der Aufklärung und Säkularisierung<br />
nicht seine transzendente und religiöse Bedeutung<br />
weitgehend verloren? Noch im Mittelalter befand<br />
sich der göttliche Himmel für den gläubigen Menschen<br />
direkt hinter dem für das bloße Auge sichtbaren und fest<br />
verankerten Sternenzelt (Fixsterne). Dort hatte er seinen<br />
festen Platz. Aber gleichzeitig mit der religiösen Frage<br />
wo der Himmel ist, stellt sich natürlich auch die Frage<br />
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58 durchblick 2/<strong>2015</strong>