2015-02
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uns die Naturwissenschaft nicht beantworten, da stößt sie<br />
bei all ihrem Wissen an ihre Grenzen. Außerdem ist sie<br />
dafür auch nicht zuständig. Hinzu kommt, dass ein rein naturwissenschaftliches<br />
Weltbild nie die ganze Wirklichkeit<br />
der Welt und des Menschen umfasst. Nur mit naturwissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen kann diese komplexe Welt<br />
und vor allem der Mensch in seinem da-Sein und so-Sein<br />
nicht zufriedenstellend erklärt und verstanden werden.<br />
Da fehlen wesentliche Bausteine des Lebens wie Liebe,<br />
Hoffnung, Vertrauen, Sehnsucht u.v.a.m. Da müssen wir<br />
schon die bereits angesprochenen Geisteswissenschaften<br />
bemühen.<br />
Warum wir Sehnsucht nach einem Himmel<br />
in uns tragen?<br />
Deshalb denke ich, bei der Suche nach Spuren eines<br />
göttlichen Himmels kommen wir vielleicht<br />
ein klein wenig weiter, wenn<br />
wir aufhören, überwiegend naturwissenschaftlich<br />
zu denken und uns nicht<br />
mehr fragen wie er ist, also nach den<br />
Bedingungen und der Örtlichkeit in<br />
Raum und Zeit, sondern nach dem<br />
Warum. Warum, so fragt Eugen Drewermann,<br />
schwingt auch in der Seele heutiger Menschen<br />
in dem Wort Himmel so unendlich viel mehr mit, als in<br />
der naturwissenschaftlichen Sprache der Astronomie damit<br />
ausgesagt werden kann? 1) Woher kommt diese uralte religiöse<br />
Vorstellungswelt der Hoffnung, der Verheißung nach<br />
einem Leben jenseits aller Sterblichkeit? An dieser Stelle<br />
ein kurzer Hinweis: Wie in der heutigen Zeit die Frage<br />
nach dem Himmel, dem Wohnort Gottes und einem ewigen<br />
Leben, unter Berücksichtigung der Erkenntnisse moderner<br />
Naturwissenschaften, insbesondere der Relativitätstheorie<br />
(Struktur von Raum und Zeit), theologisch zufriedenstellend<br />
beantwortet werden kann, hierüber haben sich schon<br />
große Interpreten des Christentums wie Friedrich Schleiermacher<br />
(1768–1834), Paul Tillich (1886–1965) Rudolf<br />
Bultmann (1884–1976) und Karl Rahner (1904–1984) 1)<br />
u.v.a.m. umfassende Gedanken gemacht und Lösungsversuche<br />
unternommen, auf die ich aber hier nicht näher eingehen<br />
kann.<br />
Ich beschränke meine Gedanken, wie bereits erwähnt,<br />
lediglich auf die Frage nach dem „warum es einen Himmel<br />
geben muss.“(!!) Für die Antwort möchte ich zwei unterschiedliche<br />
Begründungen anführen.<br />
Die Sehnsucht nach Geborgenheit<br />
Die erste Begründung ist die bereits Ur-anfänglich in<br />
der Jahrmillionen dauernden Evolution der Menschheit, tief<br />
in der Psyche von uns Menschen fest verankerte religiöse<br />
Chiffre eines Himmels 2) , die Sehnsucht nach einer Heimstätte<br />
unangefochtener und absolut bedingungsloser Daseins-Berechtigung,<br />
jenseits aller Sterblichkeit. In dieser Chiffre begründet<br />
sich die Religion. Das bedeutet: Nicht die Religion<br />
begründet den Himmel, sondern der Himmel begründet die<br />
Religion. Seit Menschengedenken tragen wir diese Sehnsucht<br />
in uns, sie ist uns Menschen als eine natürliche Eigenschaft<br />
gewissermaßen angeboren und in die Wiege gelegt,<br />
auch wenn wir religiös völlig unmusikalisch sind. Auch ein<br />
Atheist sehnt sich nach dem Himmel. Der Grund hierfür<br />
liegt „in einer zentralen und grundsätzlichen Infragestellung<br />
unseres Da-Seins, in einer ständigen Bedrohung unserer<br />
Existenz“ 1)<br />
Wir Menschen<br />
sehen Leib<br />
und Leben von<br />
vielen Seiten<br />
permanent in<br />
Gefahr. Der<br />
Hauptverursacher<br />
- und darin liegt die große Tragik – sind wir Menschen<br />
selbst. Man werfe nur einen Blick in die Menschheitsgeschichte<br />
bis hinein in die Gegenwart und sieht die unzähligen<br />
und ungeheuerlichen Gräueltaten, die Menschen<br />
ihren Mitmenschen angetan haben und heute noch antun,<br />
das millionenfache Morden an Männern, Frauen und Kindern,<br />
die Berge von Leichen, verursacht durch territoriale<br />
Ansprüche, religiösem Fanatismus, Machtstreben, Rassismus<br />
und Völkerhass, die unbarmherzig geführten Terroranschläge<br />
gegenüber friedlichen und wehrlosen Zivilisten,<br />
die Vertreibung aus der Heimat, verbunden mit einem millionenfachen<br />
Heer von Flüchtlingen, von denen für zigtausende<br />
das sonst urlaubsträchtige Mittelmeer zu einem<br />
Massengrab wird. Das alles zeigt doch: Der Mensch ist dem<br />
Mensch eben kein Wolf; er ist sich selbst, nach Maßgabe einer<br />
unendlich gewordenen Angst, unendlich viel schlimmer,<br />
als jedes Raubtier es jemals sein könnte. 1) Die Erfindung<br />
und der Bau immer effektiv-grausamerer Waffensysteme<br />
sind hierfür der beste Beweis. Zu dem unvorstellbaren<br />
Leid durch Menschenhand kommen die oft verheerenden<br />
Folgen von Naturkatastrophen wie Erdbeben, Sturmfluten,<br />
Wirbelstürme, Vulkanausbrüche sowie die zunehmenden<br />
Hat sich mit der „Verdunstung“<br />
der teuflischen Hölle nicht auch<br />
der göttliche Himmel verflüchtigt?<br />
60 durchblick 2/<strong>2015</strong>