2015-02
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Auf den Golanhöhen mit Blick zum schneebedeckten Hermon<br />
Medienmäßig sind die Ausgrabungsstätten inzwischen spitzenmäßig<br />
aufbereitet, besonders Cäsarea. Als uns aber nach<br />
den obligatorischen Vorführungen nur noch eine Kaffeepause<br />
von 30 Minuten angeboten wird, rebellieren wir und<br />
nutzen die kurze Zeit, das beeindruckende Hippodrom und<br />
das heute für Konzerte und Aufführungen wieder benutzte<br />
Amphitheater am Meer aufzusuchen. Meine Kritik: Ich fahre<br />
nicht nach Israel, um mir dort beeindruckende Filme über die<br />
historischen Stätten anzuschauen.<br />
Das kann ich auch zu Hause haben.<br />
Ich will den Ort selbst sehen und<br />
spüren, ich will mir selbst vorstellen<br />
können, wie es früher vielleicht<br />
war. Ich gestehe, ich war zornig;<br />
aber gleichzeitig auch froh,dass wir<br />
selbst die Initiative ergriffen und die<br />
kurze Zeit genutzt haben.<br />
Ganz privat ist es mir gelungen,<br />
alle die Freunde wiederzusehen,<br />
die ich auch treffen wollte. Es war<br />
äußerst wichtig, die alte Verbundenheit<br />
neu zu erleben. Die Kinder<br />
sind heute erwachsene Menschen.<br />
Es sind heute die Enkelsöhne, die<br />
im Militär sind und um die bei militärischen Einsätzen gebangt<br />
wird. Es war wichtig, sich wieder deutlich zu machen,<br />
dass die Freunde dort kein behütetes Leben kennen wie wir,<br />
sondern dass sie einer ständigen Bedrohung ausgesetzt sind.<br />
Und es wird wieder verständlich, dass auch sie doch „nur“<br />
ein normales Leben führen möchten. Da macht dann auch<br />
die ganz klare Ansage unseres Guides sehr nachdenklich, der<br />
Unser drusischer Guide auf dem Karmel<br />
sagt, dass in der arabischen Welt nur eines zählt: Stärke! Wer<br />
sie nicht hat, wer sie nicht zeigt und demonstriert, der wird<br />
unterdrückt, auch in der eigenen Familie. „Da ist kein Raum<br />
für Demokratie“, ist seine Aussage. Die Geschehnisse in den<br />
Ländern des Nahen Ostens scheinen ihm in erschreckender<br />
Weise Recht zu geben. Ich habe das nicht zum ersten Mal so<br />
gehört. Auch im letzten schrecklichen Krieg im Gazastreifen<br />
hat nach dem Rückzug Israels die Hamas diesen Rückzug als<br />
ihren eigenen Sieg proklamiert.<br />
Wir werden es wohl nie wirklich<br />
verstehen, was da passiert. Keiner<br />
in dieser Region der Erde glaubt<br />
noch an einen wirklichen Frieden,<br />
aber alle sehnen sich nach einer<br />
friedlichen Koexistenz.<br />
Meine Sorge, nicht mit den<br />
Freunden über Politik reden zu<br />
können, hat sich in Nichts aufgelöst:<br />
Auch sie haben auf einen<br />
Regierungswechsel gehofft. Aber<br />
im Gegensatz zu uns warten sie<br />
4 Autorenfotos<br />
eher gelassen ab, was jetzt bei einer<br />
neuen Regierungsbildung herauskommt.<br />
„Man weiß nie …“.<br />
Zu Israels Normalität gehört die ständige Ungewissheit, die<br />
Unsicherheit, was morgen sein wird. „We live an unprotected<br />
life“, aber sie versuchen, es so gut wie möglich zu leben. Wer<br />
will es ihnen verwehren?<br />
Israel, eine ganz besondere und auch schwierige Freundschaft,<br />
die fast zu einseitiger Parteinahme zwingt. Ein innerer<br />
Konflikt, der bleibt.<br />
Anne Alhäuser<br />
Die Drusen sind eine geschlossene Religionsgemeinschaft. Es gibt keine Missionierung und es ist auch keine Konversion<br />
möglich, man wird hineingeboren. Es ist auch nicht möglich, außerhalb der Religion zu heiraten. Wer Partner heiratet, die nicht<br />
drusisch sind, wird total aus der Gemeinschaft und seiner Familie ausgestoßen. Nach einer Scheidung wird man aber wieder als<br />
vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft aufgenommen.<br />
Mit 15 Jahren entscheidet man sich, ob man religiös leben will oder nicht. Entscheidet man sich für ein religiöses Leben,<br />
wird man in den sehr strengen Regeln unterrichtet und verpflichtet sich, sie einzuhalten. Kein Alkohol, kein Rauchen. Es wird<br />
nur 2 x in der Woche gebetet, keine Predigt. Dazu kommt man in einem sehr schlichten Raum zusammen. Der Glaube an Gott<br />
steht nicht im Vordergrund. Wichtiger als der Glaube an Gott ist das gute Miteinander in der Gemeinschaft. Männer und Frauen<br />
sind gleichberechtigt, aber die Frauen suchen sich die Männer aus und haben auch das Recht, sich wieder scheiden zu lassen.<br />
Wer sich für ein nicht religöses Leben entscheidet, bleibt trotzdem vollwertiges Mitglied der drusischen Gemeinschaft.<br />
Man kann sich auch später immer noch entscheiden, religiös zu leben. Unser drusischer Guide zum Beispiel, ein studierter<br />
Mann, lebt nicht religiös, denkt aber darüber nach, es später im Alter doch zu tun. Man erkennt die religiösen Drusen an<br />
ihrer Kleidung: schwarz und weiße Kopfbedeckung.<br />
Die Drusen sind dem Land gegenüber, in dem sie leben, absolut loyal. Sie leben heute zum Teil im Libanon,in Syrien<br />
und in Israel.<br />
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2/<strong>2015</strong> durchblick 25