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Parästhesien und Dysästhesien auftreten [90, 179]. Angaben zur Häufigkeit<br />
neuropathischer Schmerzen in der Bevölkerung liegen zwischen 12% [11] und<br />
30% [43, 97]. Je nach Studie und angewendetem Assessment beträgt die<br />
Prävalenz neuropathischer Schmerzen oder neuropathischer Schmerzanteile bei<br />
Tumorpatienten ca. 20 bis 50% [10, 45, 120, 126, 139]. Das Spektrum der<br />
Medikamente zur Behandlung von Nervenschmerzen umfasst kanalaktive<br />
Substanzen wie Gabapentin (GBP) oder Pregabalin (PGB), Antidepressiva,<br />
Opioide, Ketamin oder topisch anwendbare Substanzen wie Capsaicin und<br />
Lokalanästhetika (LA) [39, 75]. Die Analgetika der WHO-Stufe I (NSAR / Coxibe /<br />
Paracetamol / Metamizol) sind meist nicht ausreichend wirksam [6, 27, 103].<br />
1.3.2.3 Dysfunktionaler Schmerz / Chronifizierung<br />
Störungen höherer Zentren des Gehirns oder im Bereich der körpereigenen<br />
Schmerzhemmung können ebenfalls Schmerzempfindungen verursachen [50]. In<br />
diesen Fällen finden sich keine organpathologischen Befunde, die das<br />
Schmerzerleben eines Patienten ausreichend erklären können [2, 164]. Dieses<br />
Schmerzempfinden wird als dysfunktionales Schmerzempfinden oder<br />
Schmerzverarbeitungsstörung bezeichnet [115]. Ursachen können Depressionen,<br />
Ängste oder interfamiliäre Spannungen sein [161]. Betroffene entwickeln<br />
sekundär schmerzvermeidendes Verhalten und katastrophisierende<br />
Gedankenkonstrukte [78]. Zur Unterhaltung der Schmerzen tragen zudem<br />
Mechanismen des sekundären Krankheitsgewinnes und zunehmende Immobilität<br />
bei [182]. Das wiederholte oder anhaltende Auslösen starker peripherer Stimuli<br />
verursacht komplexe Umorganisationsvorgänge an spinalen Relais und in der<br />
Folge auch eine Sensibilisierung des zentralen Nervensystems (‚Neuroplastizität’)<br />
[90, 115]. Derartige Prozesse werden als ‚Chronifizierung des Schmerzes’<br />
bezeichnet [115]. Zudem werden die physiologischen Vorgänge der<br />
Chronifizierung von Pilger und Gallachi in ihrem Schmerzkompendium als<br />
Sensibilisierungen von Nozizeptoren, ektopen Impulsbildungen, peripheren<br />
Rückkopplungsmechanismen, zentralen Läsionen und der Sensibilisierung<br />
zentraler Neurone beschrieben [42]. Eine inadäquate analgetische Therapie<br />
induziert zusätzlich pathophysiologische Veränderungen [148, 151]. Im Verlauf<br />
wird das Schmerzerleben zur selbstständigen Erkrankung [56, 63].<br />
Chronische Schmerzen nehmen eine herausragende Rolle in der medizinischen<br />
Versorgung ein, in Deutschland sind nach Studienlage etwa 8 Millionen<br />
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