-Universitätsklinikder
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Abstract<br />
Schartner<br />
Jasmin<br />
Mechanismen-orientiertes Behandlungsmodell in der palliativen Schmerzbehandlung<br />
Problem: Empfehlung für die Pharmakotherapie akuter und chronischer Schmerzen ist das Stufenschema<br />
der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das Modell basiert auf der Messung der Schmerzintensität und<br />
weißt insbesondere in Bezug auf neuropathische Schmerzformen Anwendungsschwächen auf. Eine<br />
effektive Schmerzreduktion ist nicht bei allen Betroffenen möglich. Die vorliegende retrospektive<br />
Untersuchung basiert auf einer Krankenaktenevaluation von stationären palliativen Tumorpatienten im<br />
Marien Hospital Herne (Univerisitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum) der Jahre 2011-2012, die nach<br />
Aufnahme vom WHO-Schema auf ein Mechanismen-orientiertes Therapieschema (MOST) umgestellt<br />
worden waren. Grundlage dieses Modells ist die Identifizierung der pathophysiologischen Ursache des<br />
Schmerzes unter besonderer Berücksichtigung neuropathischer Schmerzformen. Ziel dieses Konzeptes ist<br />
eine wirksamere Schmerzreduktion durch verbesserte algesiologische Pharmakotherapie.<br />
Methode: Die Untersuchung umfasste die Auswertung aller in den Jahren 2011 und 2012 stationär<br />
behandelten 406 Patientendaten. Einschlusskriterium war die vollständige Dokumentation des<br />
Schmerzniveaus mittels Numerischer Rating Skala, NRS (0=kein Schmerz, 10= stärkster vorstellbarer<br />
Schmerz) oder mittels einer Verbalen Rating Skala (0= kein Schmerz, 1=leichter Schmerz, 2= mittlerer<br />
Schmerz; 3= starker Schmerz) sowie der Schmerzmedikation bei Aufnahme und Entlassung.<br />
Die statistische Auswertung erfolgte mittels SPSS (Version 20.0). Zur Analyse wurden neben der<br />
deskriptiven Statistik der Wilcoxon-Test, der McNemar-Test und Fishers Exakter Test angewendet. Als<br />
Signifikanzniveau wurde p≤0,05 festgelegt.<br />
Ergebnisse: In die Bewertung des Mechanismen-orientierten Schmerzkonzeptes wurden bei vollständiger<br />
Datendokumentation insgesamt 141 von 406 (34,7%) Patientenakten einbezogen. Davon wiesen 55 (39%)<br />
Akten Vermerke über starke Schmerzen bei Aufnahme auf. Am Entlassungszeitpunkt reduzierte sich diese<br />
Anzahl von 55 Patienten auf 4 (2,8%). Schmerzfreiheit war bei Aufnahme bei 26 (18,4%) und bei Entlassung<br />
bei 81 (57,5%) Patienten dokumentiert worden. Die Therapie neuropathischer Schmerzen fand besondere<br />
Berücksichtigung. Vermerke zu neuropathischen Schmerzen wiesen 44 (31,2%) Akten auf davon wiesen bei<br />
Aufnahme 5 (11,4%) keine oder leichte Schmerzen auf, bei Entlassung 38 (86,3%). Die Symptomkontrolle<br />
bei Entlassung konnte im Vergleich zur Aufnahme verbessert werden. Therapeutisch wurden nach der<br />
vorliegenden Analyse im Rahmen des Mechanismen-orientierten Schemas vermehrt hochpotente Opioide<br />
eingesetzt.<br />
Diskussion: Die vorliegende Analyse zeigt für die Anwendung des Mechanismen-orientierten Schemas eine<br />
anteilige Abnahme von starken Schmerzen Betroffener von über 90%. Bei Entlassung war der Anteil<br />
schmerzfreier Patienten verdreifacht. Die Symptomkontrolle konnte ebenfalls verbessert werden. Das<br />
alternative Modell war zudem in der Therapie neuropathischer Schmerzen erfolgreich. Wenngleich keine<br />
Daten einer Vergleichsgruppe für das WHO-Konzept vorliegen, legen die vorliegenden Daten für das<br />
Mechanismen-orientierte Schema einen stationären Behandlungserfolg mit Blick auf Schmerzreduktion<br />
nahe. Eine mögliche Überlegenheit gegenüber dem WHO-Stufenschema könnte wie folgt begründet werden:<br />
umfangreiche individualisierte Schmerzanalyse mit einer auf den jeweiligen Schmerzmechanismus und die<br />
Pathophysiologie abgestimmte Auswahl von Medikamenten. Die vorliegenden Befunde lassen vermuten,<br />
dass ein Mechanismen-orientierter Ansatz zu einer Verbesserung der Schmerztherapie führt. Weitere<br />
wissenschaftliche Untersuchungen müssen zum Ziel haben differenzierte Behandlungsempfehlungen für die<br />
Anwendung hochpotenter Opiate (WHO-Stufe III) zu entwickeln.