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INT´RESSANTERWEIS<br />
Alte Handwerksstücke dienen dem Zinnranzenmacher als Vorlage.<br />
Gussformen hat der Ranzenmacher. Um<br />
die Zinnnägel im Leder zu befestigen,<br />
wird das Leder im gewünschten Muster<br />
für jeden Stift vorgestochen. Während<br />
der winzige Zinnkopf auf der Vorderseite<br />
auf dem Leder sichtbar bleibt, wird<br />
der dünne Stift auf der Rückseite umgebogen.<br />
Größere Nägel fixiert Wilfried<br />
paarweise zusammen und verlötet sie.<br />
„Das wurde früher zwar in dieser Form<br />
nicht gemacht, weil es keinen Strom<br />
gab, aber ich habe mir das angewöhnt,<br />
damit die Zinnnägel noch sicherer befestigt<br />
sind“, beschreibt der Handwerker.<br />
Je nach Aufwand benötigt er für seine<br />
Ranzen zwischen drei Tagen und zehn<br />
Wochen. Den Hauptteil seiner Kollektion<br />
machen Gürtel, Taschen und Ranzen<br />
aus, wobei Wilfried auch für Verzierungen<br />
von Schuhen sorgt und nach<br />
alter Art gefaltete Sterntabakbeutel und<br />
sogar Falkenhauben herstellt. „Heutzutage<br />
sind die Wünsche der Kunden sehr<br />
vielfältig. Ich bemühe mich, sie zu erfüllen.<br />
Grundsätzlich ist alles möglich,<br />
es kommt nur drauf an, wie viel man<br />
ausgeben will“, meint er. Vielfach kommen<br />
vor allem Privatpersonen zu ihm.<br />
Sie sind bereit für einen Zinnranzen,<br />
für dessen Design und die wochenlange<br />
Fertigung tief in die Tasche zu greifen<br />
und auch ein Jahr auf ihr Unikat bis zur<br />
Fertigstellung zu warten.<br />
Sammler aus Leidenschaft<br />
Wilfried besitzt eine große Fotosammlung<br />
zum Thema Ranzenstickerei.<br />
Außerdem sammelt er aus Liebe alte<br />
Ranzen. Auch altertümliche Taschen,<br />
wie die früheren Metzger- und Fleischertaschen<br />
sowie die Köcher- und<br />
Zögertaschen, sind in seinem Besitz.<br />
Beide Arten hatten früher eine notwendige<br />
Funktion, ehe sie zu beliebten<br />
Accessoires der Tracht wurden. Fuhrmannsbesteck,<br />
Klappmesser und Patronentaschen<br />
sind ebenfalls Teil seiner<br />
Sammlung. Der Ranzenmacher ist auch<br />
immer auf der Suche nach passenden<br />
Schnallen für seine Gürtel und Ranzen<br />
und wird magisch angezogen von allem,<br />
was mit Tracht- bzw. Vereinskleidung zu<br />
tun hat. Anlässlich diverser Handwerksvorführungen<br />
kann man Wilfried bei<br />
der Herstellung dieser Gürtel zusehen.<br />
Leidenschaftlich erzählt er dort von den<br />
alten Zinnranzen, die, wie er sagt, „ein<br />
Stück unserer Kultur, unseres Brauchtums<br />
und unserer Geschichte sind“. Er<br />
will dazu beitragen, Althergebrachtes zu<br />
bewahren und der Nachwelt zu erhalten.<br />
Redegewandt wie er ist, kann er die<br />
Menschen für sein Handwerk begeistern<br />
und sie auch oftmals überzeugen, sich<br />
selbst einen einzigartigen Ranzen anfertigen<br />
zu lassen. Andere sind allein vom<br />
Zuschauen sehr fasziniert und wenn sie<br />
einmal selbst probieren dürfen, sind sie<br />
fast schon stolz auf sich – egal ob Groß<br />
oder Klein. Auch seinen beiden Söhnen<br />
konnte er die Technik vermitteln, die allerdings<br />
nicht ganz so leidenschaftlich<br />
damit verbunden sind wie ihr Vater.<br />
„Zinnranzen sind mein<br />
Leben, meine Liebe und<br />
meine Leidenschaft.“<br />
Mit dabei: Wilfried Weiss wird<br />
beim 22. Alpenländischen Volksmusikwettbewerb/Herma<br />
Haselsteiner-Preis<br />
vom 27. – 29. Oktober im<br />
Congress Innsbruck im Rahmen der<br />
Ausstellung „Rund um die Volksmusik“<br />
seine Schätze und sein Handwerk<br />
präsentieren.<br />
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G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 41. JAHRGANG | HEFT 03 | SEPTEMBER <strong>2016</strong>