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Gsungen & G\'spielt 3/2016

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KREIZWEIS<br />

VOM NEID<br />

Text: Reibeisen<br />

Das Reibeisen ist voller Vorfreude,<br />

denn von 27. bis zum 30. Oktober<br />

<strong>2016</strong> ist es wieder so weit: Junge VolksmusikantInnen<br />

aus dem Alpenraum werden<br />

sich im Innsbrucker Congresshaus<br />

beim 22. Alpenländischen Volksmusikwettbewerb<br />

einer Jury stellen. Innsbruck<br />

wird wieder zur Hauptstadt der traditionellen<br />

Volksmusik. Oder, wie es der<br />

niederbayerische Juror Roland Pongratz<br />

vor zwei Jahren ausgedrückt hat: „So<br />

und so ist der Innsbrucker Wettbewerb<br />

ein kleines Mekka für den alpenländischen<br />

Volksmusiknachwuchs. Man lernt<br />

sich kennen, trifft sich wieder, tauscht<br />

sich aus, tanzt, musiziert und feiert gemeinsam,<br />

‚dass der Rauch aufsteigt‘!<br />

Die ausgelassene Stimmung beim Tanzabend,<br />

die fröhlichen Gesichter bei den<br />

verschiedenen ‚<strong>Gsungen</strong> & gspielt‘ oder<br />

die frisch-fromm-fröhlich-frei drauflos<br />

musizierenden Musikanten im Foyer<br />

sind für mich die echten Höhepunkte.“<br />

(Pongratz 2014, 26f.)<br />

Unbändiger Ehrgeiz<br />

Dennoch handelt es sich nun einmal um<br />

einen Wettbewerb, bei dem natürlich<br />

Emotionen eine große Rolle spielen. Wochen<br />

der akribischen Vorbereitung, meist<br />

verbunden mit Entbehrungen, gehen einem<br />

Auftritt vor einer Fachjury voraus.<br />

Oft ist es ein unbändiger Ehrgeiz, der die<br />

jungen Protagonisten antreibt, unbedingt<br />

das beste Prädikat zu erreichen, es allen<br />

beweisen zu wollen.<br />

Giotto di Bondone, Invidia (Der Neid), Cappella<br />

Scrovegni (Arena Chapel), Padua, ca. 1305<br />

Ein unglaublicher Druck, den sich da so<br />

manche auferlegen, mit dem man erst<br />

einmal fertig werden muss. Geht der<br />

Plan auf, ist natürlich alles eitel Wonne.<br />

Wenn es aber nicht so läuft, wie man es<br />

sich vorgenommen hat, herrscht klarerweise<br />

bittere Enttäuschung. Hier tritt<br />

dann oftmals eine Emotion in Erscheinung,<br />

die in unserer Gesellschaft verpönt<br />

ist: der Neid. Ein Gefühl, das wohl jede/<br />

jeder von uns kennt, aber sicher noch nie<br />

offen zugegeben hat.<br />

Süchtiges „Sich-Vergleichen“<br />

Neid kann als ein zusammengesetztes<br />

Gefühl betrachtet werden, in dem<br />

Emotionen wie etwa Trauer, Wut, Hass<br />

etc. wirksam werden. Als Synonym für<br />

Neid wird auch oft das Wort Missgunst<br />

verwendet, als Ausdruck, dass man gewissen<br />

Menschen etwas nicht vergönnt.<br />

Jemand der missgünstig ist, reagiert aus<br />

einer Position der Armut heraus, man<br />

trägt das Gefühl des Zukurzkommens<br />

mit sich. Ausgangspunkt für die Ausbildung<br />

von Neid ist ein regelrecht süchtiges<br />

„Sich-Vergleichen“ mit anderen<br />

Menschen. Grundsätzlich liegt es in der<br />

Jacob Matham, Invidia, Universitätsbibliothek<br />

Salzburg, ca. 1600<br />

Natur des Menschen, einen Vergleich<br />

mit anderen anzustellen, da damit die<br />

eigene Identität gestärkt werden kann,<br />

solange dies natürlich in einem gewissen<br />

Rahmen gehalten wird. (vgl. Kast<br />

1996, 19-25) Mit Neid kann man einerseits<br />

sein eigenes Leben vergiften und<br />

andererseits steckt in dieser Emotion das<br />

Potential, Beziehungen zunichte zu machen.<br />

Es ist daher auch nicht verwunderlich,<br />

dass im Mittelalter der Neid zu den<br />

sieben Todsünden gezählt wurde. (vgl.<br />

Kumbier 2007, 206)<br />

Die oder der Beste<br />

Die Emotion Neid wird in vielen Fällen<br />

durch einen inneren Antrieb des Menschen<br />

hervorgerufen, indem man ständig<br />

die oder der Beste sein will. Dieses<br />

Denken wird sicher durch unsere heu-<br />

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G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 41. JAHRGANG | HEFT 03 | SEPTEMBER <strong>2016</strong>

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