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Gsungen & G\'spielt 3/2016

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MÅNNSBILD<br />

Die lustigen Silberspitzler in einer Aufnahme aus dem Jahr 1968. V. l. n. r.: Gustl Retschitzegger,<br />

Leni Raggl, Sepp Rangger, Franz Tilg, Franz Raggl, Franzele Raggl.<br />

paar Groschen verdienen, indem sie den<br />

an der Alm vorbeiziehenden Gästen Kostproben<br />

davon gaben. Vielleicht war das<br />

die erste wichtige Motivation, damit weiterzumachen.<br />

„Beim Franz Posch war’s<br />

ja ähnlich“, meint Gustl. Ja richtig, auch<br />

er hatte sich als kleiner Bub mit der Steirischen<br />

ein wenig Taschengeld verdient.<br />

Nach einer kurzen Zwischenstation als<br />

Hüterbub in Berwang landete Gustl als<br />

Zwölfjähriger in Götzis in Vorarlberg, der<br />

Heimat seiner Mutter. Und dort sollte sich<br />

endgültig seine spätere Leidenschaft entfachen:<br />

Der Sohn des Kapellmeisters, ein<br />

Arbeitskollege, brachte ihm in drei Monaten<br />

das Wichtigste auf dem Tenorhorn bei.<br />

Ausdrücklich darauf hingewiesen, nur das<br />

zu blasen, was ihm sein Lehrer sagte, missachtete<br />

Gustl allerdings diese Anweisung<br />

und machte es gerade so, wie es ihm vorkam.<br />

Das sollte sich als typischer Zug von<br />

Gustl erweisen. Und vielleicht ist es genau<br />

das, was seine Musik ausmacht: sie ist individuell,<br />

kommt aus seinem Allerinnersten,<br />

transportiert äußerste Spielfreude und<br />

natürlich ein unbändiges Temperament.<br />

Wurzeln schlagen in Tirol<br />

Wie ist Gustl dann aber wieder nach Tirol<br />

gekommen? „Ich wollte einfach wieder<br />

hierher zurück. Nach ein paar kleineren<br />

Gelegenheitsjobs habe ich den perfekten<br />

Beruf für mich gefunden.“ Bis zu seiner<br />

Pensionierung war der redselige Gustl<br />

in Landeck und Umgebung Briefträger<br />

aus Leidenschaft. Und er beginnt auch<br />

gleich damit, mir ein paar Anekdoten<br />

aus seinem „Postlerleben“ zu erzählen.<br />

Irgendwann muss ich ihn aber stoppen<br />

und versuche, wieder auf unser Thema zu<br />

kommen. Wie ging’s weiter mit der Musik?<br />

1963 war’s, da formierten sich „Die<br />

lustigen Silberspitzler“, eine Tanzkapelle<br />

bestehend aus Klarinette bzw. Saxophon,<br />

Trompete, Euphonium bzw. Posaune, Gitarre,<br />

Ziachorgel und Schlagzeug. „Wir<br />

kamen sehr viel herum: In allen österreichischen<br />

Bundesländern, Südtirol, in der<br />

Schweiz, ja auch in Frankreich, Ungarn<br />

und an der Nordsee haben wir mit unseren<br />

verschiedenen Gruppierungen musiziert.<br />

Wir bekamen sogar das Angebot, für drei<br />

Monate nach Amerika zu gehen. Das war<br />

uns leider aus beruflichen Gründen nicht<br />

möglich. Aber wir waren auch hierzulande<br />

ziemlich eingespannt. Manchmal<br />

hätten wir am Tag an drei verschiedenen<br />

Orten spielen können!“ Ich bin verwundert.<br />

War die Konkurrenz zu anderen<br />

Musikgruppen nicht sehr groß? Ich denke<br />

etwa an die Fidelen Inntaler, die ja damals<br />

ebenfalls weitum bekannt und sehr populär<br />

waren. „Nein, überhaupt nicht. So viele<br />

Gruppen gab’s nicht, man kam sich eigentlich<br />

nicht in die Quere“, meint Gustl.<br />

Und die Truppe verstand es, Stimmung<br />

zu machen, manchmal auch unfreiwillig.<br />

So erzählt Gustl von einer tanzenden<br />

Dame, der er offenbar beim Musizieren<br />

in der Schweiz mit seiner Posaune zu nah<br />

gekommen war, sodass sich ihre Perücke<br />

in der Wasserklappe verfing und die Attrappe<br />

plötzlich sein Instrument zierte.<br />

Die Misere erkennend manövrierte Gustl<br />

während des Musizierens die Haarpracht<br />

wieder an ihren angestammten Platz. Eine<br />

Wetten-dass-reife Leistung! Aber auch<br />

untereinander wusste man sich zu unterhalten:<br />

So soll einmal Manfred Wörnle,<br />

der in den 80er-Jahren mit der Steirischen<br />

mitspielte, in Mals etwas zu viel Wein<br />

erwischt haben. Am Tisch eingeschlafen<br />

trugen ihn die Kollegen ins Bett, wo der<br />

Manfred die Augen plötzlich auftat und<br />

schmunzelnd meinte: „Ietz håbm mi die<br />

bledn Tiroler ins Zimmer auffatrågn!“<br />

Stimmung kam aber wohl auch durch das<br />

Repertoire auf: neben echter Volksmusik<br />

gaben die Tanzmusikanten auch Schlager<br />

und Oberkrainer-Musik zum Besten,<br />

eben das, was man damals hören wollte,<br />

so genau nahm man es früher generell<br />

nicht mit der Abgrenzung. „Musig soll<br />

guat und schian sein, dånn isch eigentlich<br />

koa Musig schlecht“, meint Gustl.<br />

Der Liedermacher<br />

Ich stimme ihm zu, und er erzählt mir, dass<br />

er selbst auch viele Oberkrainer-Stückln<br />

samt Text geschrieben hat. „Ach Rosi,<br />

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G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 41. JAHRGANG | HEFT 03 | SEPTEMBER <strong>2016</strong>

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