WIRTSCHAFT+MARKT 3/2017
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28 | W+M LÄNDERREPORT<br />
„Über kurz oder lang<br />
wird jeder geprüft“<br />
Zu Jahresbeginn stieg der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland<br />
um 34 Cent auf nunmehr 8,84 Euro pro Arbeitsstunde. Um seine<br />
Einhaltung durchzusetzen, rüstet der Staat gerade eine Fahnder -<br />
truppe weiter auf: die Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll.<br />
Die speziell geschulte und sogar bewaffnete Einheit wächst um<br />
1.600 Beamte auf 8.400 Kontrolleure – gerade auch in den neuen<br />
Ländern, wo nach wie vor teils deutlich niedrigere Löhne gezahlt<br />
werden. Doch gerade in der ostdeutschen Unternehmerschaft<br />
ist auch der Widerstand gegen diese regulativen Eingriffe in das<br />
Lohnsystem besonders groß. Von Harald Lachmann<br />
in Erfurt, Chemnitz, Zwickau, Gera, Jena<br />
und im Erzgebirge.<br />
Und auch wenn es jüngst wieder Berichte<br />
über nicht gezahlten Mindestlohn bei Minijobbern<br />
gab, sagt Pohlmann: Inzwischen<br />
finde man keinen Beschäftigten mehr, der<br />
„im Arbeitsvertrag weniger als den vorgeschriebenen<br />
Mindestlohn stehen hat“. Indes<br />
sei Papier auch geduldig – „da kann<br />
man alles drauf schreiben.“ Ein Vertrag sei<br />
denn für sie „das geringste Entlastungsmittel“.<br />
Wer Mindestlohn erhält, wird nicht<br />
reich davon. Bei 40 Wochenstunden<br />
kommt man auf gut<br />
1.500 Euro im Monat brutto. Doch zwischen<br />
Ostsee und Vogtland wird derzeit<br />
jeder Vierte auf dieser Basis entlohnt. Zudem<br />
entspricht hier im Osten diese Lohnuntergrenze<br />
noch immer rund 55 Prozent<br />
des für das jeweilige Bundesland ermittelten<br />
Durchschnittsgehalts. In Baden-Württemberg<br />
sind es nur 39 Prozent. So schaue<br />
man sich gerade im Osten, wo eben „in<br />
vielen Bereichen genau jene 8,84 Euro<br />
gezahlt werden“, die real entlohnten Zeitstunden<br />
„schon genauer an“, versichert<br />
Zolloberamtsrat Bernhard Pohlmann. Der<br />
50-Jährige ist Chef der Prüfer im Hauptzollamt<br />
Erfurt. Zu seinem Bereich gehören<br />
neun der bundesweit 113 Einsatzstandorte<br />
der Finanzkontrolle Schwarzarbeit – so<br />
Forderungen der Arbeitgeber<br />
Zum Beispiel dürfe ein Großteil der üblichen<br />
Qualitätsprämien, Akkordzulagen,<br />
Nacht- oder Mengenzuschläge nicht in<br />
jene 8,84 Euro einfließen. Denn diese<br />
Aufgelder flössen ja „zweckgebunden,<br />
dienen etwa dem Gesundheitsschutz“.<br />
Auch die Überlassung von Dienstkleidung<br />
oder Werkzeug bleibe unberücksichtigt<br />
und ebenso alle Trinkgelder. Und<br />
Weihnachts- und Urlaubsgeld lasse sich<br />
Foto: Andreas Scholz/fotolia.com<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>