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WIRTSCHAFT+MARKT 3/2017

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POLITIK | 49<br />

„Wer im Alter seinen Lebensstandard halten will,<br />

muss rechtzeitig vorsorgen“<br />

W+M-Interview mit Michael Reizel, Geschäftsführer der auf betriebliche<br />

Altersvorsorgesysteme spezialisierten BVUK. Gruppe<br />

Foto: Kirsten Mittelsteiner<br />

W+M: Herr Reizel, wie gut oder schlecht<br />

schützen sich die Deutschen derzeit vor<br />

drohender Altersarmut?<br />

Michael Reizel: Es ist ein offenes Geheimnis,<br />

dass die gesetzlichen Rentenleistungen<br />

perspektivisch reduziert werden<br />

müssen. Bis zum Jahr 2030 wird das<br />

Rentenniveau voraussichtlich auf 43 Prozent<br />

absinken. Wenn die künftigen Rentner<br />

also den Lebensstandard aus der Zeit<br />

ihrer Erwerbstätigkeit erhalten möchten,<br />

müssen sie eine zusätzliche Vorsorge betreiben.<br />

Diese Erkenntnis hat sich derzeit<br />

noch nicht flächendeckend durchgesetzt.<br />

W+M: Die Bundesregierung hat Anreize<br />

für die betriebliche Altersvorsorge versprochen.<br />

Ist dieses Versprechen bereits in der<br />

Praxis umgesetzt?<br />

Michael Reizel: Seit Ende 2016 liegt der<br />

Regierungsentwurf eines Betriebsrentenstärkungsgesetzes<br />

auf dem Tisch, der jetzt<br />

rund um das parlamentarische Verfahren<br />

heftig und kontrovers diskutiert wird. Die<br />

darin vorgesehene Erhöhung der steuerfreien<br />

Beiträge, beispielsweise zur Direktversicherung<br />

von vier auf acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze<br />

der gesetzlichen<br />

Rentenversicherung, wäre ein solcher Anreiz.<br />

Ein wichtiger Anreiz gerade bei kleineren<br />

Einkommen ist sicherlich auch die Aussicht,<br />

selber angesparte Vorsorgeleistungen<br />

nicht mehr komplett mit denkbaren Sozialleistungen<br />

verrechnen zu müssen. Aber<br />

wie gesagt, das ist ein Gesetzentwurf, von<br />

dem wir nicht wissen, ob er zum 1. Januar<br />

2018 wirklich so kommen wird.<br />

W+M: Welche Erwartungen haben Sie bezüglich<br />

der Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge<br />

an die neue Bundesregierung,<br />

die die Geschicke nach der Bundestagswahl<br />

im Herbst <strong>2017</strong> lenken wird?<br />

Michael Reizel: Sollte der geplante Gesetzentwurf<br />

2018 in Kraft treten, gehe ich<br />

davon aus, dass das Thema erst einmal als<br />

erledigt gilt. Kommt das Betriebsrentenstärkungsgesetz<br />

nicht, wäre mein Wunsch<br />

an die neue Bundesregierung eine höhere<br />

Beteiligung des Staates und der Arbeitgeber<br />

bei der Finanzierung der betrieblichen<br />

Altersvorsorge im Bereich der kleineren<br />

Einkommen unter 2.000 Euro monatlich.<br />

Deren Bezieher können sich schon<br />

heute einen nennenswerten Vorsorgesparprozess<br />

kaum leisten.<br />

W+M: In jedem Fall sollten die Deutschen<br />

zusätzlich für das Alter vorsorgen. Wo liegt<br />

der Unterschied zwischen Riesterrente<br />

und betrieblicher Altersvorsorge?<br />

Michael Reizel: Riester ist ein rein privatwirtschaftlicher<br />

Vertrag zwischen Versicherern<br />

und dem Einzelnen. Unsere Erfahrung<br />

ist jedoch, dass sich über Kollektivverträge,<br />

wenn beispielsweise große Teile<br />

der Belegschaften von Unternehmen abgesichert<br />

werden, sowohl ein besseres Preis-<br />

Leistungs-Verhältnis als auch eine wesentlich<br />

effektivere Risikoabsicherung für den<br />

Arbeitnehmer erzielen lässt. Bei der betrieblichen<br />

Altersvorsorge – das deutet der<br />

Begriff ja bereits an – handelt es sich im<br />

Regelfall um Kollektivverträge.<br />

W+M: Worin genau liegen die Vorteile der<br />

betrieblichen Altersvorsorge?<br />

Michael Reizel: Es gibt bessere Konditionen<br />

durch große Kollektive. Eine nachgelagerte<br />

Besteuerung, die beim Arbeitnehmer<br />

strukturell zu einer Steuererleichterung<br />

führt. Die Mitfinanzierung durch den<br />

Arbeitgeber. Die individuelle Gestaltungsmöglichkeit<br />

der Versorgung im Rahmen der<br />

vom Arbeitgeber angebotenen und vorgeprüften<br />

Versorgungssysteme.<br />

BVUK-Geschäftsführer Michael Reizel.<br />

W+M: Welchen Nutzen hat eigentlich der<br />

Arbeitgeber, wenn er sich in seinem Unternehmen<br />

um die betriebliche Altersvorsorge<br />

kümmert?<br />

Michael Reizel: Jeder Arbeitgeber muss<br />

Entgeltumwandlung ermöglichen. Wenn<br />

er sich aktiv um das Versorgungssystem<br />

kümmert, kann er auswählen, was er im<br />

Interesse seiner Arbeitnehmer anbietet.<br />

Ein gutes Versorgungsangebot schafft Alleinstellungsmerkmale,<br />

erhöht die Attraktivität<br />

als Arbeitgeber und erzeugt Mitarbeiterbindung.<br />

Durch den teilweisen Einbehalt<br />

der Sozialversicherungsersparnis werden<br />

zudem die Systemkosten finanziert,<br />

so dass sich bewusst gestaltete betriebliche<br />

Altersvorsorgesysteme immer materiell<br />

und immateriell lohnen.<br />

Interview: Karsten Hintzmann<br />

BVUK. GRUPPE<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Ebertsklinge 2a, 97074 Würzburg<br />

www.bvuk.de<br />

Darüber hinaus unterhält die BVUK.<br />

Gruppe Büros in Berlin, Dresden,<br />

Hamburg, Nürnberg und Baden-Baden.<br />

www.wirtschaft-markt.de <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>

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