WIRTSCHAFT+MARKT 3/2017
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30 | W+M TITEL<br />
China setzt auf deutsches Know-how: Auch der<br />
ostdeutsche Mittelstand gerät vermehrt in den<br />
Fokus milliardenschwerer Investoren aus Fernost.<br />
Auf dem Einkaufszettel stehen etwa Spezialisten<br />
aus dem Maschinenbau, der Schienentechnik<br />
oder dem Energiesektor. Von Matthias Salm<br />
Es ist ein heikles Thema: Kaum im<br />
Amt, schlug Bundeswirtschaftsministerin<br />
Brigitte Zypries Alarm. Gemeinsam<br />
mit ihren französischen und italienischen<br />
Amtskollegen warnte Zypries in<br />
einem Brief an die EU-Handelskommissarin<br />
vor einem Ausverkauf europäischer Expertise<br />
in Schlüsselindustrien an außereuropäische<br />
Investoren.<br />
Die Warnung galt vor allem China und seiner<br />
„Made in China 2025“-Strategie. Denn<br />
seit 2006 steigt die Zahl der Zukäufe chinesischer<br />
Investoren in Europa kontinuierlich.<br />
2016 tätigten sie laut Beratungsgesellschaft<br />
EY (Ernst & Young) 309 Akquisitionen,<br />
68 davon in Deutschland.<br />
Der Hintergrund: Weil die Tage des Billiglohnlandes<br />
China absehbar gezählt<br />
sind, will das Reich der Mitte den Weltmarkt<br />
künftig als Hightech-Produzent aufmischen.<br />
Das deutsche Digitalisierungskonzept<br />
„Industrie 4.0“ steht dabei Pate.<br />
Der Masterplan der chinesischen Staatsführung<br />
fordert eine Marktführerschaft in<br />
Zukunftsbranchen – dazu zählen nach Pekinger<br />
Definition Informationstechnologien,<br />
Industrieroboter, Luft- und Raumfahrt,<br />
Schifffahrt, Schienentechnik, Elektro-Autos,<br />
Energietechnik, Neue Werkstoffe, Medizintechnik<br />
sowie Landmaschinen.<br />
34 Firmen in Sachsen-Anhalt<br />
Dank dieser Strategie rückt auch der ostdeutsche<br />
Mittelstand zunehmend ins Visier<br />
chinesischer Aufkäufer. Allen voran in<br />
Sachsen-Anhalt: Ende letzten Jahres zählte<br />
Sachsen-Anhalt insgesamt 34 Unternehmen<br />
mit chinesischen Gesellschaftern mit<br />
einem Anteil von mehr als 25 Prozent oder<br />
einer chinesischen Konzernmutter. Allein<br />
die öffentlich geförderten chinesischen Unternehmen<br />
investierten laut Investitions-<br />
und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt<br />
seit dem Jahr 2000 rund 133 Millionen<br />
Euro im Land. Sie schufen damit rund 500<br />
neue Dauerarbeitsplätze und erhielten über<br />
800. Das sächsische Wirtschaftsministerium<br />
zählte im November 2016 15 chinesische<br />
Übernahmen im Freistaat mit zusammen<br />
3.650 Mitarbeitern. Die Wirtschaftsförderung<br />
Brandenburg (ehemals ZAB) hat<br />
bislang 24 chinesische Investoren betreut.<br />
Gute industrielle Basis<br />
Für Investitionen in Ostdeutschland sprechen<br />
nach einer Analyse der Chinesischen<br />
Handelskammer in Deutschland das große<br />
Wachstumspotenzial, die günstige Verkehrslage,<br />
niedrige Grundstücks- und Mietpreise,<br />
eine gute industrielle Basis, relativ<br />
niedrige Personalkosten und die öffentliche<br />
Förderung. Gleichzeitig klagten die chinesischen<br />
Unternehmer in der Umfrage aber<br />
auch über Probleme im interkulturellen Ma-<br />
Foto: macrovector/fotolia.com<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>