WIRTSCHAFT+MARKT 3/2017
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W+M PORTRÄTS | 65<br />
Ulrich Weitz<br />
Wie ein Tiger vor dem Sprung<br />
Foto: Harald Lachmann<br />
Dass ein großer Automobilkonzern<br />
den Käufern seines nagelneuen<br />
Elektroflitzers versichert, der Energiegehalt<br />
der Batterie bleibe acht Jahre<br />
konstant hoch, ist auch Verdienst eines<br />
Thüringer Mittelständlers. Denn bei der<br />
IBU-tec advanced materials AG in Weimar<br />
entsteht ein entscheidender Speicherwerkstoff<br />
für diesen Super-Akku.<br />
Schon fünf Jahre entwickle und produziere<br />
man das Material für ein führendes<br />
Unternehmen im Bereich Batteriewerkstoffe<br />
und Speichermedien, berichtet<br />
Vorstandschef Ulrich Weitz. Daneben<br />
existiere aber auch schon lange<br />
eine Partnerschaft mit einem weltweit<br />
tätigen Großkunden, „den wir mit katalytisch<br />
aktivem Material für Verbrennungsmotoren<br />
beliefern“, so der 58-jährige<br />
Hauptaktionär.<br />
Die Namen der Kunden hält er geheim.<br />
Die Konkurrenz schläft halt nicht, gerade<br />
auf Wachstumsmärkten, auf denen<br />
auch IBU-tec wächst – neben Automotive<br />
auch Life Sciences und Green Economy.<br />
Weitz nennt etwa alternative Werkstoffe,<br />
um den CO 2-Ausstoß in der Zementherstellung<br />
zu reduzieren. Damit landet man<br />
auch wieder bei den Wurzeln. Denn IBU-<br />
tec ging 1993 aus der Entwicklungsabteilung<br />
einer<br />
Zementanlagenbaufirma<br />
hervor. Als sich die Ingenieure<br />
selbstständig<br />
machten,<br />
setzten sie<br />
auf innovative<br />
Technologien,<br />
mit denen sich<br />
über thermische Prozesse Materialien<br />
optimieren und veredeln lassen. Weitz<br />
verweist auf „global einzigartige, eigenentwickelte“<br />
Pulsationsreaktoren sowie<br />
hochspezialisierte Drehrohröfen.<br />
Doch bevor der Berliner 2000 zu der Tüftlerschmiede<br />
stieß, fehlte es hier noch<br />
an Finanzierungskontakten, Vertriebserfahrung,<br />
Marketing – kurz: an Management.<br />
Schnell erkannte er zudem, dass<br />
zunächst kontinuierliche Einnahmen nötig<br />
sind. So strukturierte er den bisherigen<br />
F&E-Dienstleister zügig zu einem<br />
Anbieter von Entwicklungs- und Produktionsdienstleistung<br />
im weitesten Sinne<br />
um. Er etablierte eine Auftragsfertigung<br />
und baute diese konsequent aus.<br />
Nahezu 30 Millionen Euro investierte<br />
IBU-tec seither in Weimar. Man verdreifachte<br />
die Produktionsfläche, agiert nun<br />
„auf Augenhöhe mit den Kunden“, auch<br />
dank 13 eigener Patente. Allerdings kreiere<br />
man nun nicht mehr selbst Produkte,<br />
sondern arbeitet an Rohstoffen oder<br />
Laborstudien der Kunden, um so für diese<br />
mit „unserem Know-how einen effizienten,<br />
stabilen und kostengünstigen<br />
Produktionsprozess“ zu entwickeln, so<br />
Weitz. Damit sieht er IBU-tec als Bindeglied<br />
zwischen all dem, was teils auch<br />
Universitäten, Lohnfertiger und kleine<br />
„Wir agieren<br />
auf Augenhöhe mit<br />
den Kunden.“<br />
Anlagenbauer anbieten: „Nur nun eben<br />
alles aus einer Hand.“<br />
Und dieses Kalkül geht auf. Seit dem Jahr<br />
2000 stieg der Umsatz Jahr für Jahr um<br />
knapp 20 Prozent auf zuletzt<br />
17,6 Millionen Euro.<br />
Parallel dazu wuchs die<br />
Belegschaft von 20 auf<br />
148 Mitarbeiter. Und<br />
schon in naher Zukunft rechnet Weitz mit<br />
einem weiteren erheblichen Schub. „Wir<br />
stehen wie ein Tiger vor dem Sprung“,<br />
sagt er. Denn nun sei man weithin bekannt,<br />
konnte viel Vertrauen aufbauen<br />
und agiere eben auf Wachstumsmärkten.<br />
So will IBU-tec nun in große Chemiestandorte<br />
expandieren und hier womöglich<br />
auch Firmen übernehmen, die<br />
„in unser Portfolio passen“. Dafür wagte<br />
er jetzt auch den Gang an die Frankfurter<br />
Börse: Als bisher einziges Ost-Unternehmen<br />
sind die Weimarer im erst zum<br />
1. März neu eröffneten Börsensegment<br />
Scale gelistet.<br />
Harald Lachmann<br />
STECKBRIEF<br />
Ulrich Weitz (58) stammt aus Weimar,<br />
wuchs in West-Berlin und teils in aller<br />
Welt auf, da sein Vater Diplomat war. Er<br />
studierte Maschinenbau, arbeitete im<br />
Management des weltgrößten Aufzugsbauer<br />
OTIS in Berlin und war Director Manufacturing<br />
Engineering für OTIS International<br />
in Paris. 1998 wechselte er zur<br />
Winkler+Dünnebier AG Neuwied, die er<br />
als Werksleiter im Sondermaschinenbau<br />
an die Börse brachte. 2000 erwarb Weitz<br />
IBU-tec und wandelte die Technologieschmiede<br />
2007 zur AG um.<br />
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