WIRTSCHAFT+MARKT 3/2017
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48 | W+M POLITIK<br />
Belastung für den Mittelstand?<br />
Ist ein Fahrverbot für<br />
ältere Dieselfahrzeuge<br />
eine gute Idee?<br />
Prof. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für<br />
Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND).<br />
Hans Peter Wollseifer ist Präsident des<br />
Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH).<br />
„Ja”<br />
Ja. Zunehmend wird deutlich:<br />
Die Versäumnisse von<br />
nicht einfach verordnen.<br />
„Nein”<br />
Gute Luftqualität lässt sich<br />
Autoindustrie und Bundesregierung<br />
wirken sich negativ auf die Wirtschaft<br />
tung in den Städten senken will, muss erstens alle<br />
Wer die Stickstoffbelas-<br />
und den Gesundheitsschutz der Menschen aus.<br />
Emittenten in den Blick nehmen und braucht zweitens<br />
entsprechende Fahrzeuge. Die Autoindustrie<br />
Angesichts massiver Überschreitungen der gesetzlichen<br />
Höchstgrenzen an gesundheitsschädlichem<br />
Stickstoffdioxid (NO 2) muss gehandelt werre<br />
Dieselfahrzeuge anzubieten. Und die Politik hat<br />
hat es zu lange versäumt, im Fahrbetrieb saubeden.<br />
Um die Belastungen zu minimieren, müssen notwendige Kontrollen schleifen lassen.<br />
alle wirksamen Instrumente eingesetzt werden, Es versteht sich von selbst, dass über zehn Jahre<br />
alte Dieseltransporter nicht auf Dauer in belas-<br />
um die Emissionen zu senken. Dabei sind nicht einmal<br />
die ältesten Fahrzeuge auch gleichzeitig jene teten Innenstädten fahren können. Doch aktuell<br />
mit den höchsten Abgaswerten bei Stickstoffoxiden<br />
(NO x). Untersuchungen des Bundesverkehrsten<br />
bedroht. Denn: Bis 2016 konnten Handwerker<br />
sind sogar neuwertige Fahrzeuge von Fahrverboministeriums<br />
und des ADAC belegen, dass auch der in den für sie relevanten Fahrzeugklassen fast nur<br />
größte Teil neuer, bei den Händlern stehender Euro- Euro-5-Fahrzeuge erwerben. Und selbst die aktuellen<br />
Euro-6b-Transporter bringen beim NO 2-Aus-<br />
6-Diesel-Pkw sowie leichter Nutzfahrzeuge im Realbetrieb<br />
auf der Straße gesetzliche NO x-Grenzwerte<br />
nicht einhält. Diese Werte werden bis zu sech-<br />
Neuwertige Fahrzeuge sollen also verschrottet<br />
stoß im Fahrbetrieb kaum Vorteile.<br />
zehnfach überschritten. Solche Fahrzeuge dürfen und durch Neuwagen ersetzt werden, die für die<br />
nach Ansicht des BUND nicht mehr verkauft werden<br />
und haben – unabhängig von ihrem Alter – vor Unsere handwerklichen Unternehmer empfinden<br />
Umwelt einen kaum messbaren Vorteil bringen?<br />
allem in hoch belasteten Innenstädten nichts zu suchen.<br />
Sollten diese Städte Fahrbeschränkungen für Das Handwerk erwartet realistische Rahmenbe-<br />
diese Forderung schlicht als Enteignung.<br />
Dieselfahrzeuge verhängen, egal ob pauschal oder dingungen für die Modernisierung der Fuhrparks.<br />
über eine Blaue Plakette, bleibt dennoch Fakt, dass Unternehmen benötigen Planungssicherheit, auch<br />
dies lediglich „am Ende der Verantwortungskette“<br />
ansetzt. Hätten Bund, Länder und Kommufahrzeugen,<br />
solange sie auf Dieseltransporter an-<br />
für die weitere Nutzung von Bestands- und Neunen<br />
in der Vergangenheit wirksame Maßnahmen<br />
gewiesen sind.<br />
zur Senkung verkehrsbedingter Emissionen ergriffen,<br />
zum Beispiel durch die Förderung von<br />
saubere Nutzfahrzeuge auf den Markt bringen. Noch<br />
Die Autoindustrie muss aber schnellstens wirklich<br />
Fahrzeugen mit alternativen Antrieben auch für<br />
wichtiger: Die Entwicklung praktikabler elektromobiler<br />
Angebote für das Handwerk, um zukünftig emis-<br />
den Mittelstand, wären Fahrverbote ziemlich sicher<br />
unnötig.<br />
sionsfrei städtische Kunden erreichen zu können.<br />
Fotos: BUND (links), ZDH (rechts)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2017</strong>