2010-02

Aus dem Siegerland
Einer Information zufolge werden Wildschweine in
einer lang anhaltenden kalten Jahreszeit und auch
wegen zu starker Population zum Abschuss freigegeben.
Die Freude aller in Waldnähe wohnenden Haus- und
Gartenbesitzer ist dann groß, weil Vorgärten und Rasen wie
umgepflügte Äcker aussehen, wenn das Borstenvieh darin
gehaust hat.
Wir hatten auch einmal ein Wildschwein, nein, nicht
in unserem Garten, wir hatten eine wilde Sau in unserem
Wohnzimmer - an der Wand. Ein Freund des Hauses
schenkte unserem Sohn eine Wildschweinschwarte von
einem ausgewachsenen Keiler mit einem wunderbar
glänzendem Fell. An diesem Borstenvieh war alles unversehrt,
das Einschussloch lag genau hinter dem Ohr,
die Läufe, der Schwanz – ein wenig buschig –, dazu
gaben Ohren und Schnauze nach der Präparierung ein
Abbild der Vollkommenheit.
Borstenvieh
Welle Sau a d’r Wand
Wildschweine sind auch im Winter zum Abschuss freigegeben.
Foto: Panton-Fotolia.com
„ER“ – war einmal – ein stolzer Keiler,
hängt nun an der Wand mit traurigem
Blick und ganz allein. Dabei könnte er
selbstbewusst dreinblicken, schon wegen
seiner stattlichen Erscheinung. Alles
wohlgebildet und geformt, wären nur die
leeren Augenhöhlen nicht! Doch passende
Glasaugen - wer soll das bezahlen? Und
dann auch noch alles für die „Sau“! Da,
wo einmal ungefällig Tapete zu sehen war,
wurden zwei dicke, getrocknete, glänzende
Pflaumen eingesetzt.
Nun blitzte und glitzerte es aus den Augenhöhlen
des ehemaligen Wildschwein-
Verführers; allerdings ließ später die
Schärfe nach, der Blick war nicht mehr angriffslustig,
eher ergeben neblig-trüb, und
eines Tages schaute dann – so ganz allein – von der Wand
– das Schwein – ganz verschimmelt drein.
Guten Appetit zu Wildscheinbraten mit Pflaumen.
Kurzfassung
En lange isskale Wenderzitt woar din Ferderwe,
du mosdest dra glauwe, mosdest schderwe.
Itzend gucksde borstich fa d’r Wand os a,
wo kän Sau dech me bewonnern ka.
Em Hearze deret os we’,
wann Tapete ze se aschdatt nem Au’;
du armer Killer, Ma fa ner Sau.
Gerda Greis
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durchblick 2/2010 23