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2010-02

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Gesellschaft<br />

Vorsorgevollmacht / Patientenverfügung<br />

Ein Thema, das jeden angeht<br />

Daniela Sadelkow-Geßner,<br />

Seniorenberaterin der Stiftung<br />

Diakoniestation Kreuztal<br />

Leider stelle ich<br />

in der Seniorenberatung<br />

immer wieder fest,<br />

wie viel Unkenntnis<br />

über dieses wichtige<br />

Thema herrscht. Nun<br />

möchte ich den durchblick<br />

dazu nutzen, Sie,<br />

liebe Leserinnen und<br />

Leser, umfassend zu<br />

informieren.<br />

Einige Menschen<br />

kommen in die Seniorenberatung,<br />

um sich<br />

Rat und Hilfe zu holen,<br />

wenn Angehörige plötzlich schwer erkrankt sind, einen<br />

Schlaganfall erlitten haben oder z.B. durch eine Demenz<br />

drastische Wesensveränderungen zeigen, die oft zu Beginn<br />

der Krankheit falsch gedeutet werden und zu vielen Missverständnissen<br />

zwischen Kranken und ihren Angehörigen<br />

führen. Es stellen sich für Angehörige dann schwierige<br />

Fragen:<br />

● Was nun?<br />

● Wer trifft weitere Entscheidungen?<br />

● Wer erhält vom Arzt Informationen?<br />

● Wer darf Unterschriften für den Ehepartner, Sohn/<br />

Tochter, Großeltern oder Lebenspartner leisten?<br />

Immer wieder werde ich ganz erstaunt gefragt: „Warum<br />

kann ich keine Unterschrift für meine/n Frau/ Mann leisten?<br />

Wir haben in all den Jahren unserer Ehe sämtliche Entscheidungen<br />

gemeinsam getroffen.“<br />

Ein weiteres häufiges Beispiel:<br />

Eine Frau ist 85 Jahre alt. Sie ist gestürzt und hat sich<br />

einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen. Sie wird operiert,<br />

nach der Operation wirkt sie (durch die Narkose bedingt)<br />

desorientiert. Sie droht aus dem Bett zu fallen. Das Krankenhaus<br />

hat veranlasst, dass ein Bettgitter an ihrem Bett installiert<br />

wird. Ein Bettgitter gilt jedoch als Freiheitsberaubung<br />

und muss deshalb ausdrücklich vom Vormundschaftsgericht<br />

genehmigt werden. Die Patientin hat keine Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung<br />

verfasst. Der Richter bestimmt<br />

nun einen Betreuer, der allen weiteren Entscheidungen und<br />

freiheitsentziehenden Maßnahmen zustimmen muss.<br />

Foto: Stiftung Diakonie Kreuztal<br />

Seit dem 1.1.1999 gibt es das Betreuungsgesetz. Zuvor<br />

wurden Angelegenheiten der Betreuung durch Vormundschaften<br />

und Pflegschaften geregelt. Das hieß aber auch,<br />

dass Menschen entmündigt wurden, die zumindest in Teilbereichen<br />

durchaus in der Lage waren, noch eigene Entscheidungen<br />

zu treffen. Hier denke ich besonders an geistig<br />

behinderte Menschen.<br />

Eine Betreuung kann umgangen werden, wenn sie in<br />

gesunden Tagen eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung<br />

erstellen.<br />

Genau an diesem Punkt diskutieren Politiker aller Parteien<br />

schon seit Jahren über das Für und Wider von Verfügungen.<br />

Nach jahrelangem Streit im Bundestag ist aber nun doch<br />

überraschenderweise am 18.6.2009 ein Gesetz verabschiedet<br />

worden, dass mit dem 1.9.2009 rechtskräftig wurde.<br />

Dem Gesetz nach wird der Wille eines Patienten bei<br />

der Anwendung lebensverlängender Maßnahmen vorrangig<br />

berücksichtigt, die Gerichte sollen nur im Streitfall eingeschaltet<br />

werden.<br />

Grundzüge des Gesetzes:<br />

Künftig sind Bevollmächtigte und Betreuer im Fall der<br />

Entscheidungsunfähigkeit des Betroffenen an seine schriftliche<br />

Patientenverfügung gebunden. Sie müssen prüfen, ob<br />

die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation den Willen<br />

des Patienten zur Geltung bringen.<br />

● Keiner wird gezwungen, eine Verfügung zu schreiben.<br />

● Liegt keine Vollmacht vor, trifft ggf. ein Betreuer den<br />

mutmaßlichen Willen des Patienten.<br />

● Im Dialog mit Arzt und Bevollmächtigtem/Betreuer,<br />

werden entsprechende Maßnahmen erörtert.<br />

● Eine Patientenverfügung/ Vorsorgevollmacht tritt erst<br />

dann in Kraft, wenn der Patient nicht mehr in der<br />

Lage ist, seinen Willen zu äußern.<br />

Hier setzt die Vollmacht an. Die Bevollmächtigten sind<br />

nun aufgerufen, die Verfügung gegenüber z.B. Ärzten<br />

durchzusetzen.<br />

Es ist keine Frage des Alters, eine Vollmacht zu erstellen.<br />

Jeder Mensch ab 18 Jahren ist für sich selbst verantwortlich.<br />

Weder Eltern noch Ehepartner oder Kinder<br />

dürfen für ihre Angehörigen Unterschriften leisten. Auch<br />

darf ein Arzt keine Auskünfte erteilen, wenn er nicht zuvor<br />

von der Schweigepflicht entbunden wurde. Nur eine Voll-<br />

54 durchblick 2/<strong>2010</strong>

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