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2010-02

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Unterhaltung<br />

verschämt von meinen eigenen musikalischen Vorlieben.<br />

So weit ist es gekommen. Dabei habe ich es versucht, habe<br />

Sendungen von Florian Silbereisen und Carmen Nebel eingeschaltet.<br />

Wie viele Minuten lang ich es hier wie dort ausgehalten<br />

habe, will ich lieber verschweigen.<br />

Nur so viel: Der Funke wollte und<br />

wollte einfach nicht überspringen.<br />

Einmal glaubte ich, nun sei der Absprung<br />

doch noch gelungen. Ich hatte<br />

beruflich in den Ray Barracks in Friedberg<br />

zu tun. Als ich bei der Heimfahrt<br />

schon hinter Wetzlar war, da kam mir<br />

plötzlich in den Sinn, dass ich mich<br />

mehrere Stunden lang auf den Spuren<br />

von King Elvis befunden – und keine<br />

Sekunde lang in der Kaserne an das<br />

eins tige Idol gedacht hatte. Unglaublich!<br />

Doch die Absprung-Prognose war<br />

verfrüht. Unser Kunde fand einen Reklamationsgrund,<br />

ich musste erneut nach Friedberg – und<br />

diesmal genoss ich den Aufenthalt. Die ganze Zeit ging ich<br />

mit dem Gedanken durch die Kaserne: Hier ist er damals<br />

auch marschiert. Ich fand sogar das Gebäude 3707, in dem<br />

er sein Zimmer hatte. Auch auf die Gefahr hin, dass mein<br />

damaliger Arbeitgeber diesen Satz liest: Es war die erste –<br />

blieb aber auch die einzige – Beanstandung eines Kunden,<br />

über die ich mich riesig gefreut habe!<br />

Ray Barracks Kaserne Friedberg.<br />

Hier diente „King Elvis“ von 1958<br />

bis 1960 als US Soldat.<br />

Der Zeitpunkt ist gekommen, dass ich es an dieser Stelle ein<br />

für alle Mal bekenne: Nach wie vor werde ich schon beim Erklingen<br />

des ersten Tons eines der einstigen Titel munter. Und wenn<br />

morgens beim Frühstück ein Rock’n’Roll-Song auf meinem<br />

Lieblingssender SWR1 ertönt – und das ist<br />

an jedem Morgen der Fall – dann durchströmt<br />

mich ein nicht zu beschreibendes<br />

Glücksgefühl, mein Herz schlägt von selbst<br />

schneller und ich merke, wie irgendetwas in<br />

meinem Inneren, eben noch im Halbschlaf,<br />

sich langsam erhebt, immer lebendiger wird<br />

und endlich zu schweben beginnt. Höchstwahrscheinlich<br />

ist das die Seele, oder? Eines<br />

steht jedenfalls fest: Es wird wieder ein schöner<br />

Tag werden!<br />

Derjenige, der nur „klatsch-klatsch“<br />

macht, kann diese Daseinsfreude, die ich<br />

empfinde, vielleicht nicht nachvollziehen.<br />

Er hat sich den Rock’n’Roll-Virus eben<br />

nicht eingefangen. Ich hingegen kriege ihn einfach nicht mehr<br />

weg. Bekannte haben mir empfohlen, mich um einen Therapieplatz<br />

zu bemühen. Das werde ich nicht tun, denn ich weiß: Nach<br />

mehr als 50 Jahren ist es einfach zu spät, die vom Faustschlag<br />

meines Großvaters und die vom Rock’n’Roll bewirkten Wandlungen<br />

in meinem Fühlen und Denken rückgängig zu machen.<br />

Und darum kann, darf und will ich mich nicht mehr ändern!<br />

Und das ist auch gut so!<br />

Ulli Weber<br />

Was ist ein Mäckes?<br />

Der Mäckes war früher (etwa bis zum Ende des<br />

19. Jahrhunderts) der männliche Angehörige einer<br />

Klasse, von der sich die übrigen Bewohnern<br />

des Siegerlandes strickt abgrenzten. In der Regel ohne<br />

festen Wohnsitz, ernährten er und seine Familie sich mit<br />

Betteln und Hausieren. Korbflechten und der Verkauf von<br />

irdenem Gebrauchsgeschirr gehörten gleichfalls zu seinen<br />

Tätigkeiten. Seine Faulheit war beinahe sprichwörtlich,<br />

die meiste Arbeit ließ er durch seine Frau erledigen. Jakob<br />

Heinrich Schmick anno 1860 in seinem Lied „D’r Seejerlänner<br />

Mäckes“: „Sinn Frau moss frejlich monter schläppe<br />

ah ährem Räff * met Äärewaar, onn Kaffeekesseln,<br />

Schotteln, Deppe emm Doarf v’rhanneln gäje Baar.“<br />

Die im Lied genannten Kaffeekessel bekamen im<br />

Volksmund nach ihrem Verkäufer den Namen „Mäckesje“<br />

bzw. „Mäckeskässelche“. Auch heute wird das Wort<br />

„Mäckes“ häufig noch als Schimpfwort mit der Bedeutung<br />

„Lump“ genutzt.<br />

ulwe<br />

*<br />

Räff ist ein Rückentragegestell; Äärewaar ist die irdene Ware.<br />

36 durchblick 2/<strong>2010</strong>

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