Landkreis Marburg Biedenkopf - ganz persönlich
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mich die Muse küsste. So liest sich eines meiner Gedichte<br />
einleitend wie folgt:<br />
Vom Schloß hinab blick ich ins Tal<br />
und einem Vogel gleich<br />
hab` ich in alle Welt die Wahl,<br />
doch, niemals ich entweich!<br />
Nie geh` ich von der Heimat fort,<br />
nie laß ich sie im Stich,<br />
nie gibt es einen andren Ort<br />
Auf dieser Welt für mich!<br />
Mit Blick auf das Jahr 1984 hatte uns der Grenzgang mit<br />
seinem Fieber wieder voll in seinen Bann geschlagen. Eine<br />
weitere fiebernde Liebe machte mich endlich zum Ehemann<br />
der Maren Achenbach, stand unser gemeinsamer Sohn<br />
Oliver doch schon in seinem 13. Lebensjahr. Und so hieß es<br />
denn auch in der Hochzeitsanzeige: „Der Oliver hat es vollbracht,<br />
dass man nun endlich Hochzeit macht!“<br />
54 · 55<br />
Als „Verheirateter“ war mir beim Grenzgang der Weg in<br />
eine Männergesellschaft vorgegeben. Stolz konnte ich in<br />
1984 als 3. Führer der Männergesellschaft Stadtgasse voranschreiten.<br />
Gleichzeitig wählten mich die Führer aller Gesellschaften<br />
zu ihrem Schriftführer. Auch das Grenzgangsjahr<br />
1998 bescherte mir die gleichen Ämter wie das Jahr<br />
1984.<br />
Geschichtsschreibend für die hoffentlich nie ersterbende<br />
Heimatkultur der Grenzgangfeste sind jeweils die gewählten<br />
Wettläufer mit ihrem Mohr. Die Faszination für dieses herrliche<br />
Heimatfest bescherte mir im Grenzgangsjahr 1991 die<br />
ehrenvolle Aufgabe, die Symbolfigur des Grenzgangs zu verkörpern.<br />
Unvergessen wird es für alle Zeiten heißen: Der<br />
Mohr des Grenzgangs 1991 in <strong>Biedenkopf</strong> war Earl Kolbe!<br />
Endlich konnte ich der oft gestellten Frage, woher denn wohl<br />
der Grenzgangsmohr kommt, eine nicht Ernst zu nehmende<br />
Erklärung zuweisen.<br />
Oftmals kommt die Frage vor:<br />
„Woher stammt der Grenzgangsmohr?“<br />
Doch die Antwort tut stets fehlen!<br />
Ich will sie heute hier erzählen:<br />
In Afrika, im Suppentopf,<br />
saß einst ein Mann aus <strong>Biedenkopf</strong><br />
und garte langsam vor sich hin!<br />
Da streift` die Rettung seinen Sinn:<br />
„Schwarzer, läßt Du mich jetzt frei,<br />
bist du beim Grenzgang stets dabei!“<br />
Weil jedermann den Grenzgang billigt,<br />
Grenzstein der Gemarkungsgrenze von 1777/80 auf<br />
Verfügung der „Hochfürstlichen Regierung zu Gießen“.<br />
GB steht für Grund Breidenbach.<br />
hat auch der Schwarze eingewilligt!<br />
Und seither ist es Tradition,<br />
aus Afrika kommt auch ein Sohn!<br />
Gewiss, die Summe der Grenzgänge beschneidet das Leben!<br />
Vielleicht aber haben die Grenzgänge mein Leben erst lebenswert<br />
gemacht. Missen möchte ich wohl niemals Wald<br />
und Flur der Heimatregion, und somit schließt sich der<br />
Kreis: Wald und Flur, das ist Grenzgang, Grenzgang, das ist<br />
Heimat!<br />
Ich denke oft an Episoden in meinem „bunten“ Leben zurück.<br />
Sohn eines amerikanischen farbigen GI`s. Heimatdichter,<br />
Mundart-Liebhaber, Owwastärra, Gässer, Mohr.... von<br />
<strong>ganz</strong>em Herzen aber „Berreköpper“! Mein Dank geht an die<br />
vielen <strong>Biedenkopf</strong>er Menschen, die mir den Zauber der Heimat<br />
nicht nur nahebrachten, sondern mich Teil haben ließen.<br />
Erinnerungen an Sie halte ich gerne in meinen Gedichten<br />
wach, mit dem Wissen, dass ich selbst jetzt mit dem Altwerden<br />
die Verpflichtung in mir trage, die Traditionen der<br />
Heimat zu wahren und zu verkünden.