30.11.2017 Aufrufe

Landkreis Marburg Biedenkopf - ganz persönlich

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

zum Integrationskurs-Anbieter. Und es gibt auch die alltäglichen<br />

Fragen: Wie kann ich mich von der Rundfunkgebühr<br />

befreien lassen? Oder wo stelle ich einen Rentenantrag? Ich<br />

bin also die Lotsin durch den Behördendschungel.<br />

Doch das ist nur ein Teil. Denn die Menschen können hier<br />

auch ihr Herz ausschütten, wenn sie <strong>persönlich</strong>e Probleme<br />

haben – bei Arbeitslosigkeit, Verlusten oder Gewalt in der<br />

Familie. Und auch bei <strong>ganz</strong> alltäglichen Problemen ist unser<br />

Team da. Dabei ist jeder Tag spannend, denn ich weiß nie,<br />

wer durch meine Tür kommt: aus welchem Land, mit welcher<br />

Sprache und mit welcher Kultur. Das stellt uns aber<br />

auch immer wieder vor neue Herausforderungen. So kann<br />

man mit europäischen Migranten Probleme <strong>ganz</strong> anders lösen<br />

als mit syrischen Flüchtlingen: Kultur und Mentalität<br />

sind völlig unterschiedlich. Aber mit meiner Geschichte<br />

kann ich allen glaubhaft versichern: Ihr könnt es schaffen!<br />

Das gibt den Menschen Kraft und Mut. Denn sie merken,<br />

dass meine Erfahrungen authentisch sind und sie mir vertrauen<br />

können.<br />

Ich werde während meiner Arbeit auch immer mit echten<br />

Schicksalen konfrontiert – gerade, wenn es um häusliche<br />

Gewalt gegen Frauen geht, bewegt mich das sehr. Gerade<br />

Frauen von Migranten wissen nicht, was danach kommt. Sie<br />

haben keine Ahnung, dass es staatliche oder polizeiliche Hilfe<br />

gibt. Manche denken gar, dass sie in ihr Heimatland abgeschoben<br />

werden. Dagegen können wir mit unserer Beratung<br />

vorgehen.<br />

Manchmal kann es dann vonseiten der Männer auch Probleme<br />

für mich geben. Einmal hat mich ein Mann verfolgt, da<br />

hatte ich schon Angst. Er hat mir zum Glück nichts getan,<br />

wollte aber unbedingt wissen, wo seine Frau ist. Doch ich<br />

verrate nichts – Vertrauen ist die Basis meiner Arbeit.<br />

Ich habe eigentlich gelernt, meine Probleme im Büro zu lassen.<br />

Doch das Erlebte lässt sich an der Haustür nicht einfach<br />

abschalten. Manchmal erzähle ich zuhause, was ich am Tag<br />

erlebt habe – natürlich, ohne Namen zu nennen. Und zur<br />

Entspannung gehe ich raus in die Natur. Denn unser <strong>Landkreis</strong><br />

hat eine herrliche Landschaft – beim Nordic Walking<br />

kann ich beispielsweise das Erlebte verarbeiten. Die Waldluft,<br />

die Natur und die vielen Eindrücke tun mir seelisch<br />

und physisch gut. Dann komme ich als anderer Mensch nach<br />

Hause.<br />

Und natürlich bekommen wir auch Supervision. So können<br />

wir Probleme im Team besprechen, man wird nicht alleine<br />

gelassen. Das ist eine wichtige Unterstützung, damit auch<br />

wir Helfer mit unseren Problemen nicht alleine dastehen.<br />

Ich bin froh, in unserem <strong>Landkreis</strong> zu leben, der für viele<br />

Kulturen Platz hat und niemanden ausschließt. Hier gibt es<br />

eine echte Willkommenskultur. Dazu möchte ich weiterhin<br />

meinen Teil beitragen – damit die Menschen, die zu uns<br />

kommen, hier ihre neue Heimat finden und in die Gesellschaft<br />

integriert werden.<br />

Schloss Schweinsberg bei Stadtallendorf<br />

„Bei meiner Arbeit<br />

profitiere­ich­von­den­<br />

Erfahrungen, die ich<br />

selbst als Migrantin<br />

gesammelt habe.<br />

Ich kann mich in die<br />

Menschen hineinversetzen.“

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!