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Germany Yearbook - 1876 - Prussia_ocr

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209<br />

fü r in der Gewerbeordnung bestimmten Behörden ans» von denen dieselben auf sie<br />

übergingen.<br />

D er C irciilare rla ss des M in isters für H an del, G&werbe u. s. w. vom 4. October<br />

1870 e rb lick t in diesen G erichten den K eim gew erblicher Einignngsäm ter.<br />

I. Die königlichen Gewerbegerichte.<br />

D as Gesetz vom 18. M ärz 1806 (portant etabliteement dun eonteil de prudkommet<br />

ä Lyon) hatte in seinen Schlnssoestim m nngen (A rt. 3 4 und 85) angeordnet:<br />

„D u rch eine V erfügung der Staatsverwaltung, welche im Staatsrath erwogen<br />

worden is t, kann ein R ath Gewerbeverständiger in Fabrikstädten, in<br />

denen die R egierung es gut findet, eingesetzt werden. — Seine Zusammensetzung<br />

kann je nach dem Ö rtlichen Bedürfnisse verschieden sein, aber seine<br />

Befugnisse müssen immer die näm lichen bleiben."<br />

A u f Grund dieser Bestim m ung hatte die französische R egierung im Jah re 1808<br />

zu Aachen, im Ja h re 1811 zu K ö ln und K re fe ld R äthe Gew erbeverständiger begründet,<br />

nach deren M uster im Ja h re 1836 das Fab riken gerich t zu M .-G ladbach von der<br />

preussischen R egierung errich tet wurde. (A lle rh . Gabinetsordre vom 14. Novem ber 1835,<br />

R e g u la tiv etc. von demselben Tage § 30.) D ie Einsetzung einer gleichen Behörde<br />

zu Barm en, E lb e rfeld , Solingen, Lennep und Rem scheid wurde im Ja h re 1840 angeordnet<br />

und erfolgte zu Burtscheid und D üsseldorf im Ja h re 1844, zu M ülheim am<br />

R h e in im Ja h re 1858.<br />

D as französische R ech t is t also der Boden, au f welchem diese G erichte, d ie<br />

s e it der Verordnung vom 7. A ugust 1846 den Namen „k ö n ig lich e G ew erbegerichte"<br />

führen, erwachsen sind-, in dem Gebiete des einheim ischen Rechtes, auf welches sie<br />

d ie Verordnung vom 9. Februar 1849 zu verpflanzen suchte, gelangten sie zu keiner<br />

gedeihlichen Entw ickelung, sondern starben bald ab, so dass innerhalb der preussischen<br />

M onarchie heute nur in den oben genannten O rten kön iglich e Gewerbegerichte<br />

ih re n S itz haben. D ie Grundzüge der Verfassung dieser Laiengerichte, in denen<br />

Fa b rikh erren , W erkm eister, Handw erker und Fab rikarbeiter, von ihren Genossen zum<br />

R ic h te r erhoben, das U rth e il sprechen (wenn ein von ihnen angestrebter V e rg le ich<br />

n ich t verm itte lt werden konnte), und innerhalb deren den Fa b rikh errn stets das Ueberg<br />

e w ich t von einer Stimme gegenüber den W erkm eistern, Fa b rika rb e itern und H andw<br />

erkern zusteht, sind gegeben in dem D ecrete vom 11. Ju n i 1809 (m it einigen<br />

Abänderungen von Neuem veröffentlicht im D ecret vom 2 0. Februar 1810), ferner vom<br />

3. A u g u st 1810 und 5. September 1811, deren Bestim m ungen für das Grossherzogthum<br />

B e rg das D ecret vom 17. December 1811 zusammenfasste. A u f dieser Grundlage<br />

w urde die Verfassung der einzelnen G erichte, nam entlich in den R egulativen ausgebaut,<br />

w elche deren E rrich tu n g anordneten und dabei das V erh ältn iss bestim m ten, in<br />

welchem die einzelnen Gewerbzweige im G erichte V ertretung finden sollten, sowie ih re<br />

Ö rtlich e Z uständigkeit abgrenzten. D ie T h ä tig k e it der königlichen Gewerbegerichte<br />

is t jedoch n ich t eine ausschliesslich rich te rlich e , sie is t zugleich eine verw altende,<br />

w ie solche z. B . in der Re g istriru n g der W aarenzeichen1) und vor A llem in der H andhabung<br />

der F a b rik p o lize i zu Tage tritt. Um die Zucht im Gewerbebetriebe aufrecht<br />

zu erhalten, is t ihnen eine — w enngleich engbegrenzte — S trafg ew alt gegen die<br />

S tö re r der Ruhe und Ordnung in den W erkstätten verliehen worden.<br />

Ih re bürgerliche G erichtsbarkeit ru ft a lle S treitig keite n vor ihren R ich terstu h l,<br />

w elche zw ischen den Fabrikanten, den W erkm eistern, Leh rlin gen , Gesellen, F a b rik ­<br />

a rb eite rn und Handw erkern im G e w e rb e b etrieb e entstanden sind. A ber auch h ier<br />

ste h t ih re rein rich te rlich e, entscheidende T h ä tig k e it erst in zw eiter L in ie ; in erster<br />

L in ie sollen sie auf gü tlich e Ausgleichung des S treites bedacht sein; daher sie die<br />

P a rte ie n zunächst vor ih re Vergleichskam m ern laden und dort zw ischen ihnen die<br />

Sühne versuchen.<br />

In die T h ä tig k e it der Gewerbegerichte während der zehnjährigen Periode von<br />

1864 b is 1873 möge die folgende U ebersicht einen Ein b lic k gewähren. A us derselben<br />

g e h t hervor, dass in der grösseren A n za h l von F ä lle n die gü tlich e W iedervereinigung<br />

d e r Pa rteien gelang; denn von 100 erledigten F ä lle n endeten m it einem V ergleichsabschlosse<br />

vor dem Gewerbegerichte in Aachen, K ö ln und K re fe ld je 73, in M .-G ladbach<br />

70, in Barmen 69, in E lb e rfe ld 79, in Solingen 70, in Lennep 58, in Rem scheid 57,<br />

in B urtscheid 62, in D üsseldorf 71, in M ülheim a. R hein 72.<br />

*) Geeett vom 18. Augtut 1847, U 2, 3, ff. und $) 10 ff. Durch BeichegeeeU vom 30. November 1874<br />

{ IM S * Mederlegsng der Wurooseichea hei des Hndelagerfcbteo vorfeecljrieben, n id dsdueoh die T h lttfheit<br />

der Gewerbegeriebte (vom 1. Juli 1875 ob) beechrfiokt worden.<br />

StttieL Jihrb. IV. <strong>1876</strong>.<br />

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