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Germany Yearbook - 1876 - Prussia_ocr

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fbrtsetzen za können. Im Allgemeinen griff aber die Gescbäftsstockung um so weiter<br />

um sich, je ferner die Hoffnung auf Wiederbelebung des Absatzmarktes hinausgerttckt<br />

wurde. Das blinde Vertrauen, welches von dem Capital in die Industrie gesetzt war,<br />

ist einem eben so grossen Misstrauen gewichen, und es fehlt nunmehr der Factor,<br />

welchen die Grossindustrie für ihre Aufgaben und Zwecke nicht mehr entbehren kann.<br />

Wie die Bilanz der jetzigen Geschäftskrisis sich schliesslich stellen wird, ist<br />

noch nicht abzusehen. Jedenfalls ist schon jetzt der entgangene Gewinn und der<br />

wirkliche Verlust bei manchen Industriezweigen sehr gross, der Schädigung des all*<br />

gemeinen Wohlstandes, welche durch die bedeutenden Vermögensverluste herbeigeführt<br />

worden, nicht zu gedenken.<br />

Auf der anderen Seite lassen sich aber auch gegenwärtig schon gewisse vorteilhafte<br />

Wirkungen des auf der gewerblichen Erwerbsthätigkeit lastenden Druckes<br />

und die Anfänge eines heilsamen Läuterungsprocesses erkennen. Dahin gehören vornehmlich<br />

die Rückkehr der Industrie zu ihren eigentlichen Aufgaben und zu ernster<br />

Arbeit, die Befreiung derselben von der unsoliden Börsenspeculation und dem Missbrauche<br />

zu fremdartigen Zwecken; die Einführung oder Wiedereinführung grösserer<br />

Sparsamkeit in Betrieb und Verwaltung, Reduction übermässig gestiegener Löhne,<br />

Gehälter und Tantiemen, strengere Disciplin unter den Arbeitern, schärfere Controle<br />

über Arbeitsleistung und Materialien-Verbrauch, kurzum Verminderung der Selbstkosten;<br />

ferner eine die Concurrenz mit dem Auslande ermöglichende Ermässigung des<br />

Preises der Rohproducte, namentlich der Steinkohlen und Eisenerze und ebenso der<br />

Beförderungskosten. Auch haben die Erfahrungen der fetzten Zeit darüber belehrt,<br />

dass die Form der Actien- oder Actien-Commandit-Gesellschaft für ernstliche Bergbau-<br />

Unternehmungen, namentlich wenn die ersten kostspieligen Anlagen in Zeiten des Geldmangels<br />

fallen, der Regel nach viel weniger geeignet ist, als die berggesetzliche<br />

Gewerkschaft, eben weil diese nicht mit einem im Voraus festgestellten Capital, sondern<br />

mit den je nach Bedürfniss fortlaufend bemessenen und erhobenen Beiträgen ihrer Mitglieder<br />

arbeitet Für die weitere Entwickelung der Gesellschaftsverhältnisse bei dem<br />

Bergbau wird diese Wahrnehmung nicht ohne Nutzen bleiben.<br />

Betrachtet man die Zustände der Montanindustrie während des vorigen Jahres<br />

näher, so zeigt sich, dass die einzelnen Zweige derselben, ungeachtet des bestimmt<br />

ausgeprägten Charakters der Gesammtverhältnisse, doch sehr ungleichförmig von der<br />

Krisis betroffen worden sind, und eine Abstufung von theilweise sogar befriedigenden<br />

Ergebnissen bis herab zu einer sehr ungünstigen Stellung stattgefunden h at Letztere<br />

kam am Entschiedensten bei der Eisenindustrie und zwar bei dem Eisenerz-Bergbau<br />

und der Roheisen-Erzeugung zum Ausdruck, während die Eisengiessereien, die Puddelund<br />

Walzwerke im Allgemeinen den Vortheil ermassigter Selbstkosten, sowie angemessener<br />

Verkaufspreise genossen und sich daher auf einem nicht mehr ungünstigen<br />

Stande erhalten konnten. Mit dem Roh- und Spiegeleisen-Geschäfte ging es dagegen<br />

schrittweise auf dem schon in der zweiten Hälfte des Vorjahres betretenen Wege<br />

rückwärts. Der Verbrauch beschränkte sich auf das Aeusserste, der Absatz auf dem<br />

in- und ausländischen Markte hörte schliesslich fast ganz auf, der Preis der Producte<br />

wurde von seiner früher noch niemals erreichten Höhe zum Theil bis auf den Betrag<br />

der Selbstkosten herabgedrückt. Bedeutende Vorräthe mussten unverkäuflich auf den<br />

Hüttenplätzen aufgestellt werden, bis man sich endlich zu Einschränkungen oder zur<br />

gänzlichen Einstellung des Betriebes genöthigt sah.<br />

Was die Lage mancher Hüttenwerke noch verschlimmerte, war der Umstand,<br />

dass Koks und Eisenerze zum Theil noch für hohe Preise auf Grund älterer Lieferungsverträge<br />

bezogen werden mussten. Gegenüber stand ein Preisabschlag für das eigene<br />

Product, welcher so bedeutend war, dass z. B. Spiegeleisen, dessen Preis im Jahre 1873<br />

bereits von 44 Thlr. auf 25 Thlr. für 1000 Pfd. herunter gegangen, am Schlüsse des<br />

vorigen Jahres selbst zu 17 Thlr. keine Käufer fand und das gewöhnliche Roheisen<br />

um dieselbe Zeit für 13 und 14 Thlr. und noch weniger in grossen Posten erfolglos<br />

ingeboten wurde.<br />

2. H a u p tz w e ig e der Berg- und Salzwerks-Industrie.<br />

Der Beschränkung im Hochofen-Betriebe folgte schon im Vorjahre diejenige des<br />

E isen erz-B erg b au es allmählich nach und nahm im Jahre 1874 immer grösseren<br />

Umfang an.<br />

Infolge dessen fiel die E isen stein -G ew in n u n g im preussischen Staate von<br />

7L100 106 Ctr. im Jahre 1873 auf 50.817 714 Ctr. im Jahre 1874 oder um nicht weniger<br />

als 20.282 392 Ctr., d. s. 28.m pCt.<br />

Ein-Antheil von mehr als J/a von diesem beträchtlichen Ausfälle kommt allein auf<br />

Rheinland und Westfalen, und vorzugsweise hatten hierunter wieder die Eisenerz-Reviere<br />

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