11.12.2017 Aufrufe

Germany Yearbook - 1876 - Prussia_ocr

Germany Yearbook - 1876 - Prussia_ocr

Germany Yearbook - 1876 - Prussia_ocr

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

529<br />

zur Verschärfung der Galamität in Industrie und Handel beigetragen wie der mangelnde<br />

Absatz an dem Entstehen dieser Galamität. Beide Uebel arbeiteten einander<br />

in die Hände. Die Jahre 1873 nnd 1874 hatten dem geschilderten Greditunwesen<br />

in der Hauptsache bereits ein Ende gemacht. Schon in diesen beiden Jahren oder<br />

doch wenigstens in dem letzten derselben hatte das dem Krach gefolgte allgemeine<br />

Hisstrauen der überbereitwilligen Greditgewährung und damit auch der ausschweifenden<br />

Creditnahme einen unübersteiglichen Damm entgegengesetzt. Dem Jahre 1875 aber<br />

blieb es recht eigentlich Vorbehalten, die Gonsequenzen aus der unüberlegten Creditwirthschaft<br />

der ersten 70er Jahre zu ziehen, normalere Creditverhältnisse herzustellen<br />

nnd damit die wirthschaftliche Gesundung vorzubereiten, wiewohl ohne Rücksicht<br />

darauf, ob bei dieser Säuberung und Ordnung die Zahl der zusammenbrechenden, auf<br />

unsicherer Basis aufgebauten Creditgebäude, welche die Vorjahre noch intact gelassen<br />

hatten, noch eine Vergrösserung erlitt. Das Jahr 1875 brachte Klärung in dieser<br />

Beziehung: es räumte mit ziemlich Allem, was gänzlich unhaltbar war, endlich<br />

gründlich auf; es war kein Jahr des Frolongirens inwendig fauler Greditbeziehungen,<br />

sondern beseitigte dieselben, wenn auch theilweise durch schmerzliche Katastrophen.<br />

Die Vorbereitungen zur* Durchführung der Münzreform und des Bankgesetzes, denen<br />

im Laufe des Jahres von den durch die Umwälzung der Creditverhältnisse direct Betroffenen<br />

vielfach und gern die Schuld zu den einander ununterbrochen folgenden<br />

Katastrophen in die Schuhe geschoben wurde, sind in ihrer Wirkung darauf weit<br />

überschätzt worden. Einmal musste die Verschleppung alter Schäden ein Ende nehmen,<br />

einmal hätte jedenfalls die kolossale Ueberanspannung der Credite ihren natürlichen<br />

Ausgang in der endlichen Creditverweigerung linden müssen, auch wenn die durch<br />

jene Reformen bedingten Restrictionen seitens der hauptsächlichsten Creditgeber noch<br />

eine Weile hätten auf sich warten lassen. Zuzugeben ist freilich, dass die Durchführung<br />

der erwähnten wirthschaftlichen Reformen, deren Vorbereitung wohl auch<br />

in Zeiten normalerer Finanzzustände nicht ganz ohne Unzuträglichkeiten verlaufen<br />

wäre, den Sanirungsprocess im Credit wesen einigermassen beschleunigen half. Ein<br />

Vorwurf aber jenen Reformen gegenüber lässt sich aus diesem Umstande nicht herleiten.<br />

Die Zahl der Opfer, welche der Reinigungsprocess im Jahre 1875 und zwar<br />

in einer grossen Anzahl von Berufskreisen forderte, ist eine recht ansehnliche geworden,<br />

entsprechend der ganz ausserordentlichen Verbreitung, welche die Stockung in<br />

Handel und Industrie annahm, und entsprechend auch der übergrossen Ausdehnung des<br />

Specnlationsfiebers, welches in dem Anfänge der 70er Jahre geherrscht hatte. Der<br />

Process der Reinigung vollzog sich' indess, und es mag dies mit einiger Genugtu<br />

u n g constatirt werden, auch in noch anderen Formen als nur in denen gerichtlicher<br />

Elimination alles Dessen, was den veränderten Zeitverhältnissen gegenüber nicht<br />

Stand zu halten vermochte. Freiwillige Liquidationen von Actiengesellschaften waren<br />

während des ganzen Jahres, in der zweiten Hälfte desselben zumal, an der Tagesordnung.<br />

Die Thatsachen der letzten Jahre sprachen selbst für Solche deutlich genug,<br />

welche noch vor Jahresfrist sich dagegen gesträubt hatten, aus den misslichen Zeitverhältnissen<br />

richtige Gonsequenzen zu ziehen. Sogar grosse Institute, welche noch<br />

in der ersten Hälfte des abgelaufenen Jahres jeden Gedanken einer Selbstauflösung<br />

perhorrescirten nnd weit entfernt waren, demselben näher zu treten, beugten sich<br />

unter dem Zwange der Verhältnisse und übersetzten die mittlerweile gewonnene E r­<br />

kenntnis, dass die in ihnen bisher festgelegten Gapitalien zur Zeit in der Hand<br />

thätiger Einzelindividuen wirtschaftlich besser aufgehoben und productiver seien,<br />

ins Praktische. Die Liquidationen ohne äusserlichen Zwang nahmen im Jahre 1875<br />

sehr erheblich zu. Während in Berlin allein am Schlüsse des Jahres 1874 noch<br />

310 Actiengesellschaften in Thätigkeit waren, waren bei Beginn des Jahres 1875<br />

kaum mehr denn 250 activ. Nahezu 60 haben die Liquidation angebahnt. Von Neugründungen<br />

war selbstverständlich im Allgemeinen nicht die Rede.*<br />

Der M o n ite u r d e s in le r & h m a te r ie h veröffentlicht eine Zusammenstelltthg über<br />

die im Jahre 1875 erfolgten Emissionen verschiedener Länder, vorzugsweise Europas.<br />

Wiewohl eine Prüfung der Zahlen auf ihre Richtigkeit unsrerseits nicht hat vorgenommen<br />

werden können, glauben wir doch, die interessante Uebersicht anhangsweise<br />

hier folgen lassen zu dürfen, da die genannte Quelle im Uebrigen als zuverlässig<br />

bekannt ist.<br />

Statist. Jahrb. IV. 1875.<br />

Anhang.<br />

Die Emissionen in den Jahren 1873 bis 1875.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!