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Germany Yearbook - 1876 - Prussia_ocr

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272<br />

der Production, indem sie nach allen'europäischen Staaten, dann nach Amerika und<br />

dem Orient, nnd selbst nach den einzig concurrirenden Ländern England, Frankreich<br />

and der Schweiz in bedeutender Menge exportiren. Dagegen ist, wesentlich in Folge der<br />

Patentbeschränkungen, die französische Production bis auf ungefähr 1 0 Ctr.Farbstoff täglich<br />

herabgegangen. Unter den Veränderungen des letzten Quinquenniums sind für Deutschland<br />

namentlich bemerkenswerth: 1) die Steigerung der einheimischen Anilinöl-Production<br />

von circa 1 0 000 Ctr. in 1867 auf jetzt ungefähr 25 000 Ctr., zu welchen zur<br />

Deckung des deutschen Farbenfabrikations-Bedarfs noch 1 0 0 0 0 Ctr. vom Ausland bezogen<br />

werden müssen; 2 ) die Ausdehnung der deutschen Fabriken, deren jetzt viele<br />

eine Tagesproduction von 10 Ctr. Fuchsin und darüber (neben anderen Farbstoffen)<br />

liefern; 3) die gegenwärtig in Deutschland stattfindende Einführung der bisher nur<br />

in Frankreich betriebenen Fabrikation von Methyl-Anilinviolet, welches das durch die<br />

hohen Jodpreise unmöglich gewordene Jodviolet (zugleich die Basis des Lichtgrüns)<br />

zu ersetzen bestimmt ist. Diese Aenderung, in deren Folge Deutschland schon jetzt<br />

mehr als 10 Ctr. Methyl-Anilin täglich erzeugt, ist u m so beachtenswerther, als mit<br />

ihrer Einbürgerung die Menge der durch die Anilinfabriken bisher erzeugten giftigen<br />

Rückstände (aus jährlich 30 0 0 0 Ctr. in Deutschland verbrauchter Arsensäure) bedeutend<br />

vermindert wurde, da Arsensäure alsdann nur noch zur Darstellung des unmittelbar<br />

verwendeten Fuchsins nöthig wird. Bezüglich Unschädlichmachens oder Vermeidung<br />

solcher Rückstände sei erwähnt, dass seit zwei Jahren in der von elberfelder und<br />

oberrheinischen Fabrikanten errichteten Fabrik zu Haan die arsenhaltigen Mutterlaugen<br />

für neue Verwendung in der Fabrikation zu gute gemacht werden, sowie ferner,<br />

dass die in den Laboratorien fast aller deutschen Anilinfabriken fortgesetzten Versuche<br />

zur Darstellung von Fuchsin nach Coupier's Verfahren unter Vermeidung der<br />

Arsönsäure neuerdings grössere Aussicht auf Erfolg gewähren.<br />

Die durch zwei deutsche Chemiker, Graebe und Liebermann, 1868 entdeckte<br />

Thatsacilfc, dass der als Alizarin bekannte Farbstoff des Krapps sich vom Anthracen,<br />

einem der auch im Steinkohlen-Theer vorkommenden Kohlen-Wasserstoffe, ableite, führte<br />

dieselben Ende 1868 auf den umgekehrten W e g der künstlichen Erzeugung von<br />

Alizarin aus Anthracen. Seit 1870 ist die auf ihre Methoden begründete Industrie<br />

des künstlichen Alizarins von den meisten Anilinfabriken Deutschlands aufgenommen<br />

und in stetem Wachsthum begriffen. Deutschland zählt gegenwärtig<br />

1 0 — 1 2 meist sehr bedeutende Alizarinfabriken, England und Frankreich der<br />

schützenden Patente wegen nur je eine. Für 1873 beläuft sich die Gesammtproduction<br />

schon auf 2 2 0 0 0 Ctr. lOproc. Alizarinpaste im Werthe von 1 2 Hill. Mark,<br />

wovon ca. 15 0 0 0 Ctr. auf Deutschland ca. 6 0 0 0 auf England kommen. Der deutsche<br />

Export geht über ganz Europa und nach Amerika. Das das Rohmaterial bildende<br />

Anthracen ist bei 0.5 pCt. Gehalt des Theers an demselben in den von den Gas-<br />

Anstalten insgesammt producirten 5 Mill. Ctr. Theer zur Deckung des ganzen<br />

gegenwärtigen Alizarinverbrauchs (entsprechend 1 Mill. Ctr. Krapp im Werth von<br />

40 Mill. Mark) und selbst für eine wahrscheinliche Consumsteigerung in genügender<br />

Menge vorhanden. 1872 kamen schon 15 0 0 0 Ctr. 40proc. Anthracen im Werthe von<br />

über 3 Mill. Mark hauptsächlich aus England, weniger aus Holland (600 Ctr. 70proc.<br />

im Werth von 300 0 0 0 Mark), Deutschland und Frankreich in den Handel. Künstliches<br />

Alizarin ersetzt sämmtliche Krapp-Präparate. Während Deutschland bisher<br />

die feineren Sorten letzterer aus Frankreich bezog, wird es wahrscheinlich binnen<br />

wenigen Jahren der Lieferant der ganzen Welt an Alizarin wie heut an Anilinfarben<br />

sein, auch lässt trotz augenblicklich noch stattfindender Concurrenz des künstlichen<br />

und natürlichen Farbstoffs der Krappanbau bereits nach und werden Krapp-Producenten<br />

zu Fabrikanten künstlichen Alizarins. Beim Sinken der Alizarinpreise dürfte seine<br />

Verwendung weit über die heutige hinausgehen und der Import von Farbhölzern ans<br />

dem Orient bedeutend nachlassen.<br />

H. Mineralöl and Paraffin.<br />

Die Fabrikation von Mineralölen und Paraffin aus Braunkohlen ist eine<br />

fast ausschliesslich der preussischen Provinz Sachsen ungehörige Industrie. Die ersten<br />

Versuche, diese Stoffe daraus herzustellen, fallen in die Jahre 1855 und 1856, nachdem<br />

der Braunkohle verwandte organische Körper in Deutschland bereits mehrere<br />

Jahre zu gleichem Zwecke verwendet waren, so der bituminöse Schiefer des Siebengebirges<br />

und die englische Bogheadkohle, ersterer von der Gesellschaft Wiesmann<br />

& Go. zu Beul bei Bonn, letztere von Nobl6e & Co. zu Hamburg. Unkenntniss und<br />

Unerfahrenheit führten zu der Annahme, dass jegliche Braunkohle, für die in Rede<br />

stehende Industrie gleich gut zu verwenden sei, ein Irrthum, der bald genug theuer<br />

bezahlt werden musste. Ein grosser Theil der zuerst gegründeten Mineralöl- und<br />

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