GesteinsPerspektiven 01/18
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MACH MAL WAS<br />
Gestein des Jahres 2<strong>01</strong>8 ist die Steinkohle<br />
Nach dem vulkanischen Diabas im Vorjahr verdient<br />
sich 2<strong>01</strong>8 wieder ein Sedimentgestein den Titel: „Gestein<br />
des Jahres“. Zu Ehren kommt diesmal die Steinkohle.<br />
Das Gestein des Jahres wird jeweils von einem<br />
Expertengremium unter Leitung des Berufsverbands<br />
Deutscher Geowissenschaftler (BDG) ausgewählt, mit<br />
dem Ziel, Gesteine, die aufgrund ihrer geologischen<br />
Entstehung und wirtschaftlichen Bedeutung bemerkenswert<br />
sind, in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.<br />
Dass MIRO diese Aktion auch diesmal als Partner<br />
unterstützt, mag auf den ersten Blick merkwürdig<br />
anmuten, hat aber gute Gründe.<br />
Steinkohle war mehr als zwei Jahrhunderte<br />
lang Lebenselixier und Motor der<br />
Industrialisierung in ganz Mitteleuropa.<br />
Auch die Gesteinsindustrie profitierte<br />
vom Einsatz dieses Energie-Rohstoffs,<br />
der vor Zeiten die Arbeit in den Steinbrüchen<br />
und in der Aufbereitung im Zuge der<br />
Mechanisierung effektiver und sicherer<br />
werden ließ. Zudem war die Aufbereitung<br />
von sogenannten „Waschbergen“, also<br />
ausgehaldetem Nebengestein, durch Gesteinsbetriebe<br />
ein ressourceneffizienter<br />
Standard. Nun hat das „schwarze Gold“<br />
Mitteleuropas (vorerst?) ausgedient. Der<br />
einst begehrte Rohstoff ist zu einem der<br />
am meisten kritisierten Objekte der Umweltbewegung<br />
verkommen. Alternative<br />
Energiequellen und die Unrentabilität im<br />
Vergleich zu den Weltmarktpreisen ließen<br />
die Förderung von Steinkohle in Deutschland nunmehr unwirtschaftlich<br />
und entbehrlich werden, weshalb die letzte<br />
Zeche Ende 2<strong>01</strong>8 geschlossen wird – vor allem weil der Subventionsstrom<br />
zum nächsten Jahreswechsel abreißt. Das<br />
Jahr 2<strong>01</strong>8 hat somit für die Steinkohle in Deutschland noch<br />
eine ganz andere Bedeutung. Wenn nämlich in wenigen Monaten<br />
die letzten beiden deutschen Steinkohlezechen (in<br />
Bottrop und Ibbenbüren) stillgelegt werden, geht eine lange<br />
Ära zu Ende. Das lässt zwar erwarten, dass sich viele Medien<br />
in diesem Jahr dem Thema Steinkohle zuwenden, heißt<br />
aber auch, dass der Rohstoff Steinkohle aus der öffentlichen<br />
Wahrnehmung verschwinden und nur noch Gegenstand musealer<br />
Präsentationen sein wird.<br />
Ein Gestein? Aber sicher!<br />
VORLÄUFER<br />
Kohle ist ein organisches Sedimentgestein, das durch die<br />
Ablagerung von pflanzlichen Resten und den nachfolgenden<br />
unterirdischen Inkohlungsprozessen entsteht. Bekanntlich<br />
unterscheidet man die jüngere Braunkohle (mit geringerem<br />
Kohlenstoffgehalt und geringerem Brennwert) von der älteren<br />
Steinkohle. In der Regel stammt die Steinkohle aus dem<br />
Paläozoikum, dem Erdaltertum. Dessen zweitjüngste Periode<br />
heißt wegen der Steinkohlelager auch Karbon.<br />
Steinkohle kann vieles sein und wird sehr differenziert<br />
Bisher gekürte Gesteine<br />
des Jahres<br />
2<strong>01</strong>7: .............. Diabas<br />
2<strong>01</strong>6: .............. Sand<br />
2<strong>01</strong>5: .............. Gneis<br />
2<strong>01</strong>4: .............. Phonolith<br />
2<strong>01</strong>3: .............. Kaolin<br />
2<strong>01</strong>2: .............. Quarzit<br />
2<strong>01</strong>1: .............. Tuff<br />
2<strong>01</strong>0: .............. Kalkstein<br />
2009: .............. Basalt<br />
2008: .............. Sandstein<br />
2007: .............. Granit<br />
betrachtet: Klimaindikator der Vergangenheit<br />
oder schwarzes Gold<br />
der Wirtschaft – oder auch (vermeintlicher)<br />
Klimakiller der Gegenwart.<br />
Die Beurteilung verändert<br />
sich je nach fachlichem Blickwinkel,<br />
je nachdem, ob er naturwissenschaftlich,<br />
wirtschaftshistorisch<br />
oder vom aktuellen gesellschaftspolitischen<br />
Standpunkt geprägt ist.<br />
Für Geowissenschaftler war und<br />
bleibt die Steinkohle eine wichtige<br />
Quelle von Informationen über die Entwicklungsgeschichte<br />
der betreffenden Regionen der Erdkruste. Insbesondere für<br />
die Klimageschichte und die Entwicklung von Flora und<br />
Fauna ist die heute in Form von Kohlen vorliegende ursprüngliche<br />
Moorvegetation ein markanter Indikator. Nicht umsonst<br />
hat dieser Abschnitt der Erdgeschichte zwischen 360 und<br />
300 Millionen Jahren den Namen Karbon erhalten. Durch<br />
Pflanzenfossilien wie Schachtelhalme und Siegelbäume sind<br />
viele Laien mit geologischen Fragen bekannt geworden und<br />
geologische Forschungen wurden so enorm befruchtet.<br />
Die wichtigsten deutschen Lagerstätten befinden sich in<br />
Nordrhein-Westfalen im Ruhrgebiet und im Tecklenburger<br />
Land (Ibbenbürener Steinkohlenrevier) sowie im Saarland<br />
(Saarrevier). Ehemalige Kohlereviere, in denen der Bergbau<br />
bereits länger eingestellt wurde, sind das Aachener Revier,<br />
das Zwickauer und das Lugau-Oelsnitzer Steinkohlenrevier<br />
in Sachsen. Daneben existierten noch viele kleinere Steinkohlenabbaugebiete<br />
von geringer oder lokaler Bedeutung.<br />
Zum ersten Mal so richtig gefeiert wird die Steinkohle in<br />
diesem Jahr am 22. April, wenn auf der Zeche Nachtigall,<br />
Informationszentrum des Geoparks Ruhrgebiet, das Gestein<br />
des Jahres offiziell aus der Taufe gehoben wird.<br />
www.geoberuf.de<br />
www.bv-miro.org<br />
STEINKOHLE: Sedimentgestein und<br />
Energierohstoff. Foto: geoberuf.de<br />
GESTEINS PERSPEKTIVEN 1/2<strong>01</strong>8