GesteinsPerspektiven 01/18
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TREFFPUNKT<br />
73<br />
Bei Genehmigungsverfahren alle mit ins Boot holen<br />
REFERENTEN UND MODERATOREN: Dr. Winfried Porsch, Prof. Dr. Klaus-Peter Dolde,<br />
Tino Villano, Dr. Christoph Heim, Karl-Heinz Lieber, Thomas Muchow, Lothar Benzel und<br />
Thomas Beißwenger (v.l.) sorgten für Erkenntnisgewinn. Foto: iste<br />
Zum 20. Steine- und Erdenseminar des Industrieverbands Steine und Erden<br />
Baden-Württemberg (ISTE) in Kooperation mit der Rechtsanwaltskanzlei<br />
Dolde Mayen und Partner und der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Bergbau-<br />
und Mineralgewinnungsbetriebe (ABBM) im Haus der Baustoffindustrie<br />
kamen über 120 Teilnehmer, die sich einen aktuellen Überblick über<br />
Gesetzeslage, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften des Bundes und<br />
Landes verschafften.<br />
Aus Sicht der Industrie begrüßte der Vorsitzende<br />
des Umwelt- und Rohstoffausschusses<br />
des ISTE, Tino Villano, die von<br />
der Landesregierung für nächstes Jahr<br />
versprochene Rohstoffstrategie für Baden-Württemberg.<br />
„Eine Überarbeitung<br />
des Rohstoffsicherungskonzepts aus<br />
dem Jahr 2004 ist dringend“, appellierte<br />
Villano. Von gleichen Erfahrungen in<br />
Bayern berichtete Dr. Christoph Heim,<br />
stellvertretender Vorsitzender der<br />
ABBM. „Sicherung und Gewinnung von<br />
Rohstoffen wird eine zunehmend komplexere<br />
Angelegenheit“, lautete sein<br />
Fazit. Kooperation statt Konkurrenz<br />
seien das Gebot der Gegenwart. Das<br />
Land Baden-Württemberg könne mit<br />
einer gut ausgearbeiteten Strategie für<br />
und nicht gegen Rohstoffe Rahmenbedingungen<br />
schaffen, die die Versorgung<br />
mit heimischen Rohstoffen auch für Generationen<br />
nach uns sichern.<br />
„Es ist fünf vor zwölf, was die biologische<br />
Vielfalt betrifft“, machte Karl-Heinz<br />
Lieber, Leiter der Abteilung 7 – Naturschutz,<br />
Ministerium für Umwelt, Klima<br />
und Energiewirtschaft, deutlich. Mit<br />
Blick auf die Rolle der Branche zeigte der<br />
gelernte Förster aktuelle Initiativen zum<br />
Erhalt der Biodiversität in Baden-Württemberg<br />
auf. „In Kooperation mit dem<br />
Naturschutz kann auch vonseiten der<br />
Steine- und Erdenindustrie ein wertvoller<br />
Beitrag geleistet werden“, so Lieber.<br />
Natur auf Zeit ist dabei ein zentrales<br />
Thema. „Wenn rechtliche Unsicherheiten<br />
bestehen, werden ökologische Aufwertungen<br />
nicht zugelassen, auch wenn<br />
sie gut sind.“<br />
Über die rechtlichen und fachlichen<br />
Rahmenbedingungen beim Thema<br />
„Natur auf Zeit“ referierte Thomas Muchow.<br />
Der Diplom-Ökologe, Landschaftsplaner<br />
und Gärtner leitet seit zwei<br />
Jahren ein Forschungsvorhaben für die<br />
Stiftung Rheinische Kulturlandschaft. So<br />
stellte er unter anderem fest, dass Praxisempfehlungen<br />
für den Rohstoffabbau<br />
beim Artenschutz an ihre Grenzen stoßen.<br />
Außerdem befürchten Flächeneigentümer,<br />
dass die Wiederaufnahme<br />
einer Nutzung erschwert wird. Als einen<br />
möglichen Lösungsansatz erläuterte er<br />
das niederländische Modell, bei dem<br />
„Natur auf Zeit“ als ein Akt definiert ist,<br />
der insgesamt genehmigt wird.<br />
Prof. Dr. Klaus-Peter Dolde von der<br />
Rechtsanwaltskanzlei Dolde Mayen und<br />
Partner berichtete direkt aus der Praxis.<br />
„Bedingt durch einen Strauß an Unsicherheiten,<br />
ist eine Standardisierung<br />
durch Verwaltungsvorschriften wichtig<br />
– vor allem, um rechtliche Fragen zu klären“,<br />
sagte der Jurist. Standardisierung<br />
im Naturschutz ist hilfreich, löse allerdings<br />
das Problem für die Praxis nicht.<br />
Leitfäden sind nicht bindend für Gerichte,<br />
hinzu kommen Entscheidungsspielräume<br />
der Länder. Für Rechts- und Planungssicherheit<br />
sowie für Planungsgleichheit<br />
ist deshalb eine Rechtsgrundlage<br />
im Artenschutzrecht zwingend notwendig.<br />
„Für Kontinuität muss ein Standard<br />
im Artenschutzrecht zwingend<br />
gesetzt werden“, lautete Doldes Forderung.<br />
Die dringende Notwendigkeit einer<br />
Standardisierung sieht auch Klaus Müller-Pfannenstiel<br />
von der Bosch und Partner<br />
GmbH. Rechtssicherheit spare zähe<br />
Abstimmungsprozesse und die tägliche<br />
Arbeit werde erleichtert.<br />
Über Rohstoffsicherung und Genehmigungsverfahren<br />
in der Schweiz berichtete<br />
der Präsident des Verbandes<br />
Schweizerischer Hartsteinbrüche, Dr.<br />
Robert Nothnagel. „Kommunikation mit<br />
Strategie ist aus unserer Sicht der<br />
Schlüssel zum Erfolg“, so sein Rat.<br />
Über die aktuell in Kraft getretene Änderung<br />
des Raumordnungsgesetzes<br />
und der Verwaltungsvorschrift Regionalpläne<br />
sowie deren Auswirkungen auf die<br />
Rohstoffsicherung informierte Lothar<br />
Benzel vom ISTE. In der Neufassung<br />
können Vorranggebiete für Gewinnung<br />
auf einen Zeitraum von rund 20 Jahren<br />
und für Sicherungsgebiete auf einen<br />
Zeitraum von rund 25 Jahren ausgelegt<br />
werden. Derzeit wenden die meisten Regionalverbände<br />
den bisherigen Planungszeitraum<br />
von zwei Mal 20 Jahren<br />
an. Dieser jedoch stellt ein Minimum an<br />
Planungssicherheit für Unternehmen dar<br />
und ist für einzelne Rohstoffgruppen unzureichend.<br />
Was sich beim modernisierten UVPG<br />
rechtlich für die Steine- und Erdenindustrie<br />
ändert und wie die Übergangsregelung<br />
aussieht, wie die Technische<br />
Anleitung Lärm neben der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung<br />
Schallemissionen durch Gewinnungsstätten<br />
und den dadurch ausgelösten<br />
Verkehr in Genehmigungsverfahren<br />
bewertet, waren weitere behandelte<br />
Themen der Veranstaltung, die gleichfalls<br />
von regen Diskussionen der Teilnehmer<br />
belebt wurden.<br />
www.iste.de<br />
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