GesteinsPerspektiven 01/18
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TREFFPUNKT<br />
Den Nerv getroffen<br />
Mit Quarzwerke-Geschäftsführer Dr.<br />
Páez-Maletz kam die unverblümte Meinung<br />
und das Erfahrungswissen eines<br />
betroffenen Unternehmens in die Diskussion.<br />
Zwar hat das Traditionsunternehmen<br />
dauerhaft glaubwürdig sein<br />
nachhaltiges Wirtschaften bei der Gewinnung<br />
von Quarzsanden und Kaolin<br />
unter Beweis gestellt, muss aber dennoch<br />
immer härtere Gangarten bei den<br />
Rahmenbedingungen konstatieren.<br />
Hinzu kommen Unübersichtlichkeit und<br />
Komplexität bei Rechtsfragen, schwerfällige<br />
Verfahren sowie Starre statt Dynamik<br />
im Umgang mit den Sorgen der<br />
Unternehmen. Vielmehr herrsche eine<br />
rege „Gutachteritis“, die zwar Berge von<br />
Papier, jedoch keinen Erkenntnisgewinn<br />
generiert. Weitere bürokratische Fallstricke<br />
geißelte der Referent ebenso wie die<br />
politisch überzogenen Erwartungen an<br />
mineralisches Recycling.<br />
Im anschließenden Panel standen<br />
seine Kritikpunkte im maximalen Fokus.<br />
Dies zeigte: Hier wurde ein Nerv getroffen,<br />
der Behandlung nötig hat. In Kürze<br />
erscheint dazu in GP aus gutem Grund<br />
nochmals ein ausführlicher Bericht.<br />
Dr. Harald Elsner, der das Thema<br />
Geologie der mineralischen Rohstoffe<br />
bei der BGR verantwortet und auf dessen<br />
maßgebliche Initiative hin die nützlichen<br />
aktuellen Broschüren entstanden,<br />
stellte die Bedeutung heimischer Bodenschätze<br />
heraus und den Anspruch der<br />
Broschüren nochmals dezidiert vor.<br />
Den Wert unserer heimischen Gesteinsrohstoffe<br />
für die Volkswirtschaft<br />
unterstrich eindringlich MIRO-Präsident<br />
Dr. Gerd Hagenguth. „Wir schaffen keine<br />
Nachfrage, sondern decken den Bedarf“,<br />
stellte er eine Binsenweisheit der<br />
Branche nochmals deutlich klar. Wie<br />
Bedarf langfristig allerdings auch ausgelegt<br />
werden kann, zeigen diverse Öko-<br />
Papiere wie das zur Rohstoffwende 2049<br />
oder auch zur UBA-Bedarfsplanung, die<br />
unter ideologisierten Scheuklappen entstanden.<br />
Man könnte sich nun eigentlich zurücklehnen<br />
und abwarten, bis die Realität<br />
Wunsch und Wirklichkeit sortiert.<br />
Angesichts schon jetzt aufflammender<br />
regionaler Knappheiten bei Gesteinskörnungen<br />
hat sich MIRO jedoch entschlossen,<br />
vor Kurzsichtigkeit bei der Rohstoffsicherung<br />
zu warnen. Selbst wenn sie<br />
absehbar nicht gebraucht würden, ist die<br />
Sicherung künftiger heimischer Lagerstätten<br />
geradezu Pflicht in Verantwortung<br />
für künftige Generationen.<br />
Hinzu kommt: „Rohstoffe (zumindest<br />
alle nicht energetischen) verschwinden<br />
nicht, sie werden nur gewandelt,“ wies<br />
Prof. Daniel Goldmann, TU Clausthal, auf<br />
das Erfordernis der ganzheitlichen Betrachtung<br />
der Bereiche Primär und Sekundär<br />
nochmals hin und ging auf Aspekte<br />
der Multimaterialverwertung ein.<br />
Hoch engagiert brachte Tanja Constabel<br />
aus Sicht des Industrieverbandes<br />
Garten die Probleme der Torfproduzenten<br />
auf den Punkt und definierte als<br />
Hauptproblem, dass der Industrie<br />
grundsätzlich gar nichts geglaubt werde.<br />
Im Gegenzug starten maximal mit Mitteln<br />
ausgestattete Naturschutzorganisationen<br />
Kampagnen, die zwar nicht der<br />
Natur nützen, aber geeignet sind, jegliche<br />
Landschaftsveränderungen zu verhindern.<br />
Erforscht wurde die soziale Akzeptanz<br />
(bzw. Nichtakzeptanz) der Gewinnung<br />
mineralischer Rohstoffe in<br />
Deutschland von Wissenschaftlern des<br />
Instituts für Stadt- und Regionalentwicklung<br />
an der Uni Tübingen. Stellvertretend<br />
für das Team berichtete Dr. Erik Aschenbrand<br />
über das AiF-geförderte und von<br />
der Forschungsgemeinschaft MIRO unterstützte<br />
Projekt, zu dem eine dreiteilige<br />
Beitragsserie in GP erschien, Teil 3 direkt<br />
in dieser Ausgabe ab Seite <strong>18</strong>. Einen<br />
Vortrag dazu erleben in Kürze auch Teilnehmer<br />
des MIRO-Betriebsleiter-Seminars<br />
2<strong>01</strong>8.<br />
Dazulernen ist möglich<br />
… muss aber wohl nicht zwingend sein,<br />
wenn der Geldgeber anderweitige Ziele<br />
verfolgt. Dieser Eindruck verdichtete<br />
sich bei den einigermaßen merkwürdig<br />
anmutenden Ausführungen von Dr. Harald<br />
Bajorat vom BMUB. Er ritt unverdrossen<br />
weiter die Recyclingschiene<br />
und entwickelte fantastische Pläne für<br />
Verwertungserhöhungen.<br />
Mangels (Abbruch-)Masse werden<br />
solche – ganz gleich wie ideologisch<br />
passend sie wirken – scheitern müssen.<br />
Es sei denn, parierte später ISTE-HGF<br />
Thomas Beißwenger das Thema – man<br />
beginnt proaktiv Häuserzeilen, Straßen<br />
und Wege zurückzubauen, um RC-Rohstoffe<br />
zu gewinnen. Das aber ist eigentlich<br />
gar nicht nötig, denn wie Beißwenger<br />
schlüssig für die Gesteinsindustrie im<br />
Südwesten darlegen konnte, sind nachhaltige<br />
Gewinnungsmethoden mit Vorteilen<br />
für die Artenansiedlung nicht nur<br />
längst bei dynamisch denkenden Naturschützern<br />
ohne Ideologieschere im Kopf<br />
akzeptiert, sie münden sogar in gegenseitige<br />
Projekte und Verträge und am<br />
Ende in ein gutes gegenseitiges Einvernehmen.<br />
Dazulernen heißt es auch in der Feldforschung,<br />
genauer gesagt in der Lagerstättenforschung,<br />
die, laut Prof. Jens<br />
Gutzmer, endlich wieder en vogue ist.<br />
Leider habe sich nach über zwei Jahrzehnten<br />
Pause in diesem Forschungsgebiet<br />
in Deutschland eine Kompetenzlücke<br />
aufgetan, die es nun durch neu<br />
darauf ausgebildete Absolventen zu<br />
schließen gilt. Als Kompetenzhorte der<br />
Zukunft nannte er die relevanten deutschen<br />
Unis, denen eine maßgebliche<br />
Zukunftsrolle zukommt, ergänzt durch<br />
außeruniversitäre Hotspots wie die<br />
Helmholtz-Gemeinschaft, das GFZ und<br />
weitere. Außerdem erhofft er sich über<br />
die bei der BGR angesiedelte DERA eine<br />
Stärkung der diesbezüglichen wirtschaftspolitischen<br />
Kompetenz. Erste<br />
Erfolge lassen sich laut Gutzmer bereits<br />
vorweisen: Weil – nach langer Pause –<br />
Wissenschaftlern (endlich) wieder zugehört<br />
wurde, sei 2<strong>01</strong>7/2<strong>01</strong>8, die Neuentdeckung<br />
einer deutschen Erz-Tiefenlagerstätte<br />
gelungen. In seinem Fazit sieht<br />
er durchaus positive Veränderungen<br />
durch öffentliche Mittel als Schlüssel<br />
beim Thema Erze und Spate, nicht erkennen<br />
kann er solche bislang bei Steine-<br />
und Erden-Rohstoffen.<br />
So viel zu den für GP-Leser relevanten<br />
Themen der Veranstaltung. Was bleibt<br />
als Resümee? Beteiligung und Diskussionen<br />
zeigten, dass es nicht genügt,<br />
das Rohstoffthema zur Ländersache zu<br />
erklären und keine nationale Beachtung<br />
damit verbundener Probleme einzufordern.<br />
Ob mit dem Termin so etwas wie<br />
ein Durchbruch zum Aufbruch gelang,<br />
wird die Zeit zeigen müssen. Die Präsentationen<br />
der Akteure stehen zum Nachlesen<br />
auf der Internetseite der BGR<br />
unter: www.bgr.bund.de/DE/Themen/<br />
Min_rohstoffe/Veranstaltungen/Rohstoffkonferenz2<strong>01</strong>7/rohstoffkonzerenz_2<strong>01</strong>7_vortraege.html?nn=705<strong>01</strong>22<br />
zur Verfügung. Unter dem Menüpunkt<br />
„Publikationen“ auf der BGR-Seite finden<br />
sich mehrere Studien der BGR mit<br />
aktuellen Daten zu verschiedensten heimischen<br />
Rohstoffgruppen sowie die erwähnte<br />
Übersichtsstudie. (gsz)<br />
www.bgr-bund.de<br />
GESTEINS PERSPEKTIVEN 1/2<strong>01</strong>8