Der Burgbote 2011 (Jahrgang 91)
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18<br />
Wilhelm Tell:<br />
Unser<br />
Jahreskonzert<br />
2012<br />
Zur Entstehungsgeschichte<br />
Als Gioachino Rossini 1824 in London seinen<br />
32. Geburtstag feierte, hatte er bereits<br />
fast 30 Opern geschrieben und gehörte<br />
damit zu den erfolgreichsten Opernkomponisten<br />
seiner Zeit. Kurz zuvor hatte er vom<br />
französischen Ministerium für die Schönen<br />
Künste einen sehr gut dotierten Vertrag<br />
über zwei Opern in französischer Sprache –<br />
eine komische und eine ernste – erhalten.<br />
Im Sommer des Jahres 1824 übersiedelte er<br />
nach Paris und machte sich an die Arbeit,<br />
allerdings ohne rechten Erfolg. Das erste<br />
Projekt, dessen Libretto ihm die Académie<br />
Royal de Musique vorlegte (»Le vieux de la<br />
montagne«, <strong>Der</strong> Alte vom Berg), beschäftigte<br />
ihn drei Jahre, ohne dass dabei etwas<br />
Greifbares herausgekommen wäre. Zwar<br />
hatte Rossini in der Zwischenzeit (wir befinden<br />
uns im Jahr 1827) zwei seiner früheren<br />
Opern erfolgreich für die französische<br />
Bühne umgearbeitet – das aber war für den<br />
Kontrakt des Komponisten mit dem französischen<br />
Staat nicht von Bedeutung; und<br />
auf Seiten des Ministeriums der Schönen<br />
Künste begann man unruhig zu werden.<br />
Ein maulender privater Auftraggeber mag<br />
störend sein – mit einem Ministerium Spielchen<br />
zu spielen ist eine ganz andere Sache<br />
und lag sicher nicht in Rossinis Absicht.<br />
Aber was tun, wenn das Libretto einen zu<br />
nichts inspiriert? Abwarten – und auf einen<br />
guten Einfall des Librettisten hoffen. Das<br />
mag eine gewagte Strategie sein, in Rossinis<br />
Fall aber ging sie auf: Es war Étienne de<br />
Gioachino Rossini<br />
Jouy, der bereits das Libretto zu »<strong>Der</strong> Alte<br />
vom Berg« verfasst hatte, dem schließlich<br />
die rettende Idee kam: Warum nicht eine<br />
Adaption von Schillers Wilhelm Tell auf die<br />
Opernbühne bringen? Inhaltlich sagte der<br />
Stoff Rossini wohl zu, allerdings stellte sich<br />
das Libretto als in Teilen überarbeitungswürdig<br />
heraus. Auch das ein Glück, denn<br />
Rossini blieb aufgrund dessen bis zur Fertigstellung<br />
seines »Guillaume Tell« sogar<br />
noch die Zeit, mit der Oper »Le Comte<br />
Ory« auch den zweiten Teil seines Vertrages<br />
zu erfüllen. Innerhalb relativ kurzer Zeit war<br />
es ihm somit gelungen, seinen vertraglichen<br />
Verpflichtungen nachzukommen.<br />
Im August 1829 wurde die Oper in der<br />
»Salle de Peltier« am Pariser Boulevard des<br />
Italiens, der alten »großen Oper«, mit großem<br />
Erfolg uraufgeführt. Während der über<br />
vierstündigen (!) Vorstellung wurde dem<br />
Publikum nicht nur musikalisch hervorragendes<br />
geboten, auch das Bühnenbild wartete<br />
mit einer Reihe von Spezialeffekten auf,<br />
die für Begeisterung sorgten: Feuersbrünste,<br />
sinkende Schiffe, Stürme und Sonnenaufgänge<br />
wurden auf die Bretter gezaubert.<br />
Dem Publikum dürfte also bei diesem<br />
Mammutspektakel im wahrsten Sinne des<br />
Wortes Hören und Sehen vergangen sein.