Berliner Zeitung 19.10.2018
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16 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 244 · F reitag, 19. Oktober 2018<br />
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Brandenburg<br />
Unterricht<br />
unter<br />
Polizeischutz<br />
T-Shirt-Streit zwischen<br />
Schülerinnen eskaliert<br />
VonJens Blankennagel<br />
Wegen eines Streits zwischen<br />
einheimischen und ausländischen<br />
Schülerinnen in einer Schule<br />
in Calau (Oberspreewald-Lausitz)<br />
wurde den Eltern am Donnerstag<br />
freigestellt, ob sie ihre Kinder zur<br />
Schule schicken wollen. „Wer wegen<br />
der Vorfälle am Mittwoch ein ungutes<br />
Gefühl hatte,konnte seine Kinder<br />
zu Hause lassen“, sagte eine Vertreterin<br />
der Schule der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong>.<br />
Dies werde nicht als Fehltag gewertet.<br />
„Die Schule war aber geöffnet.“<br />
DieLage war am Mittwoch eskaliert,<br />
die Polizei wurde gleich zwei Mal an<br />
die Schule gerufen.<br />
„Am Mittwochvormittag kam es<br />
in der Schule nach Nichtigkeiten zu<br />
verbalen Auseinandersetzungen<br />
zwischen deutschen und asylsuchenden<br />
Schülern“, sagte Polizeisprecher<br />
Thomas Wendt. „Es ging<br />
um eine Neiddebatte wegen des Tragens<br />
eines Marken-T-Shirts.“ Zunächst<br />
konnten Lehrkräfte den Streit<br />
schlichten. Um die Lage zu deeskalieren,<br />
wurden zwei ausländische<br />
Schülerinnen vom Unterricht beurlaubt.<br />
Doch Angehörige und Bekannte<br />
solidarisierten sich mit den<br />
Mädchen, am Nachmittag kam es zu<br />
weiteren Streitigkeiten. „Da diese Situation<br />
für die Pädagogen der Schule<br />
sehr unübersichtlich wurde und sie<br />
eine weitere Eskalation der Auseinandersetzungen<br />
für sich nicht ausschließen<br />
konnten, riefen sie die Polizei<br />
zur Unterstützung“, sagte Polizeisprecher<br />
Wendt. Vor Ort gab es<br />
aber keine Bedrohungslage.<br />
Das Problem war, dass viele Gerüchte<br />
kursierten und dass die –wie<br />
heutzutage üblich –inden sozialen<br />
Netzwerken ein Eigenleben führten.<br />
Es soll sogar Morddrohungen gegeben<br />
haben. „Das sind Gerüchte“,<br />
sagte Wendt. „Wir prüfen das.“<br />
Am Donnerstag war die Polizei<br />
mit einem Dutzend Leuten vor Ort.<br />
„Alles blieb ruhig“, sagte die Vertreterin<br />
der Schule.Auch am Freitag soll<br />
eine Polizeistreife vorder Schule stehen.<br />
Wieder können die Eltern entscheiden,<br />
ob sie ihreKinder zum Unterricht<br />
schicken.<br />
Jetzt aber Abflug<br />
Der Höhepunkt des Vogelzugs: Innerhalb einer Woche hat sich die Zahl der Kraniche in Linum verdoppelt<br />
VonJens Blankennagel, Linum<br />
In dieser Woche ist gewaltiges<br />
passiertauf den weiten Feldern<br />
rings um das Storchendorf Linum.<br />
DortimRhinluch, einem<br />
uralten Moorgebiet, ist nämlich der<br />
lange erwartete Besuch eingetroffen.<br />
Das Gebiet ist das wichtigste<br />
deutsche Rastgebiet für Kraniche –<br />
jedenfalls im Binnenland. Vergangene<br />
Woche wurden noch 40 000<br />
Kraniche gezählt, die von Skandinavien,<br />
Russland und dem Baltikum<br />
kommend, dort eine Weile rasten<br />
und sich vollfressen, bevor sie in ihre<br />
Überwinterungsgebiete weiterfliegen.<br />
In dieser Woche schnellte ihre<br />
Zahl sprunghaft nach oben. „Nun<br />
sind es etwa 70 000 Kraniche“, sagt<br />
Norbert Schneeweiß, Chef der Naturschutzstation<br />
Rhinluch. „Dazu<br />
kommen noch mal ähnlich viele<br />
Gänse.“ DieMassenankunft der Zugvögel<br />
lag vor allem daran, dass es<br />
warm war und dass Ostwind<br />
herrschte,den die Zugvögel nutzten,<br />
um Kraft beim Fliegen zu sparen<br />
Drei Wochen früher als sonst<br />
Damit dürfte nun der Höhepunkt<br />
der diesjährigen Kranichsaison erreicht<br />
sein. Denn gleichzeitig mit der<br />
Ankunft der neuen Artgenossen sind<br />
auch massenhaft Kraniche von Linum<br />
aus weiter Richtung Frankreich<br />
und Spanien geflogen, wo sie überwintern.<br />
„In Spanien sind inzwischen<br />
die ersten Kraniche eingetroffen“,<br />
sagt Schneeweiß.„DreiWochen<br />
früher als üblich.“<br />
Dieser Herbst ist für die Zugvögel<br />
richtig hart. Denn die Hitze, die besonders<br />
im Nordosten Deutschlands<br />
herrscht, sorgt dafür, dass die meisten<br />
Rastplätze viel zu trocken sind.<br />
Dieäußerst scheuen Kraniche benötigen<br />
für ihren Zwischenstopp zwei<br />
Bedingungen: Stoppelfelder, auf denen<br />
sie etwas zu fressen finden, sowie<br />
Feuchtwiesen, auf denen sie<br />
nachts im knietiefen Wasser stehen<br />
und übernachten können. Beides ist<br />
derzeit Mangelware.<br />
Denn wegen der Dürre fiel die<br />
Maisernte sehr oft aus und die Experten<br />
schätzen, dass auch rings um<br />
Linum bereits die Hälfte der Felder<br />
längst wieder umgepflügt und die<br />
Vögel deshalb weniger zu fressen finden.<br />
„Das würde auch erklären,<br />
warum sich so viele vonihnen schon<br />
Suche nach Futter:Sorichtig fündig werden die Kraniche derzeit nicht.<br />
jetzt auf den Weg nach Süden machen“,<br />
sagt Schneeweiß.<br />
Das andere Problem ist, dass die<br />
Vögel wegen der Trockenheit seit<br />
April auch in den Schutzgebieten<br />
rings um Linum dieses Mal viel weniger<br />
feuchte Schlafwiesen haben.<br />
Glücklicherweise gibt es dort alte<br />
Fischteiche, die nicht mehr betrieben<br />
werden und aus denen im<br />
Herbst nicht mehr das Wasser abgelassen<br />
wird. Jetzt finden die Vögel<br />
dort einen Platz. Auch gelang es, in<br />
DPA/PATRICK PLEUL<br />
einem strengen Wassermanagement<br />
Wasser für die Feuchtwiesen abzuzweigen.<br />
„Dadurch ist der Wasserspiegel<br />
in den Seen nur ganz gering<br />
gefallen“, sagt Schneeweiß.<br />
In diesem Jahr ist Wasser besonders<br />
begehrt, die Natur dürstet danach,<br />
die Landwirtschaft, der Wassertourismus.<br />
Die Naturschützer<br />
sind natürlich froh, dass sie auch etwas<br />
abgekommen. „Man muss die<br />
Bauern, die Wasserämter und den<br />
Landkreis wirklich loben, dass es<br />
auch in einem solchen Dürrejahr gelingt,<br />
diesen Rastplatz für die Zugvögel<br />
herzurichten“, sagt Schneeweiß.<br />
„Das ist eine besondereLeistung unserer<br />
Gesellschaft für die Natur.<br />
Denn es ist weit und breit die einzige<br />
größerefeuchte Gegend für Vögel.“<br />
Die beachtlichen Wasserprobleme<br />
sieht auch Thomas Frey<br />
vom Landesamt für Umwelt. Inzwischen<br />
führten fast alle Gewässer<br />
Niedrigwasser, sagt er.„Niedrigwasserstände<br />
über einen solch extrem<br />
lange Zeitraum sind selten. Sie zu<br />
managen, ist die größte wasserwirtschaftliche<br />
Gemeinschaftsaufgabe<br />
seit dem Rekordsommer 2003 in<br />
Brandenburg.“ Der Deutsche Wetterdienst<br />
melde ein sehr hohes Niederschlagsdefizit<br />
von April bis August<br />
des Jahres. Es sei der längste<br />
Sommer der jüngeren Vergangenheit.<br />
„Allen beteiligten Partnerngeht<br />
jetzt zwar nicht die Luft aus“, sagt<br />
Frey, „aber das Wasser schon.“<br />
Äußerste Ruhe bitte!<br />
Der grundsätzliche Vorteil rings um<br />
Linum ist, dass dort wegen des morastigen<br />
Untergrunds kaum Straßen<br />
gebaut wurden. Deshalb ist es für<br />
mitteleuropäische Verhältnisse extrem<br />
ruhig –das ist wichtig für Vögel<br />
wie die Kraniche, die bei jedem lauten<br />
Geräusch sofort auffliegen, unnötig<br />
Energie verbrauchen und noch<br />
mehr zu Fressen benötigen.<br />
Dies sollten auch die Kranich-<br />
Fans an diesem Wochenende beachten,<br />
wenn sie wieder zum großen<br />
Spektakel nach Linum fahren, um<br />
die majestätischen Vögel im Sonnenuntergang<br />
zu beobachten, wenn<br />
sie von den Fressplätzen zu den<br />
Schlafwiesen fliegen. Alle Besucher<br />
sollen sich an einige Grundregeln<br />
halten: Die Tiere sollen nur von den<br />
Straßenrändernaus beobachtet werden.<br />
Niemand sollte mit Auto oder<br />
gar Motorrad zu den Schlafplätzen<br />
fahren. Jeder sollte mindestens 300<br />
Meter Abstand von Vögeln am Boden<br />
halten. Auf keinen Fall Autotürenknallen,<br />
weil das die Vögel unnötig<br />
aufscheucht. Niemand sollte sich<br />
denVögeln mit Hunden nähernoder<br />
die Tieremit Blitzlicht fotografieren.<br />
Lesung: Am Freitag 18.30 Uhr liestder Autor und<br />
namhafte Tierfotograf Carsten Lindeinder Fotoausstellungaus<br />
seinem Kranichbuch. Ort: Naturschutzstation<br />
gegenüber der Kirche.Eintritt frei.<br />
Abschiebung<br />
soll zentral<br />
erfolgen<br />
CDU stützt Plan von<br />
Kommunen und Minister<br />
VonKlaus Peters, Potsdam<br />
Die CDU-Fraktion im Landtag<br />
unterstützt den Plan vonInnenminister<br />
Karl-Heinz Schröter (SPD),<br />
die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber<br />
künftig zentral zu organisieren.<br />
„Seit drei Jahren fordern wir<br />
die Landesregierung auf, die Kommunen<br />
von der Aufgabe der Abschiebung<br />
zu entlasten“, sagte die<br />
asylpolitische Sprecherin Barbara<br />
Richstein. Doch von Schröter gab es<br />
bislang nur Lippenbekenntnisse.<br />
Derzeit müssen die Landkreise<br />
und kreisfreien Städte die aufwendigen<br />
Abschiebungen übernehmen.<br />
Nach einer Konferenz mit den Landräten<br />
und Oberbürgermeistern am<br />
Mittwoch hatten die Kommunalvertreter<br />
eine zentrale Abschiebung gefordert,<br />
um sie effizienter organisierenzukönnen,<br />
sagte der Landrat von<br />
Oberspreewald-Lausitz, Siegurd<br />
Heinze (parteilos/für CDU). Schröter<br />
sagte nach der Konferenz, sein<br />
Ministerium wäre bereit, die Abschiebungen<br />
zentral zu erledigen.<br />
Dazu gehört etwa die Beschaffung<br />
der notwendigen Dokumente und<br />
die Buchung der Flüge, was bislang<br />
die Ausländerbehörden der Kommunen<br />
übernehmen müssen. Der<br />
Minister sagte auch, dass es gegen<br />
diesen Plan aber Widerstand in dem<br />
vom Koalitionspartner, der Linken,<br />
geführten Sozialressortgebe.<br />
Diesen Widerstand gibt es laut<br />
Heinze auch bei einer weiteren Forderung<br />
der Kommunen: Asylbewerber<br />
mit einer geringen Bleibeperspektivesollten<br />
bis zu zwei Jahren in<br />
der Erstaufnahme bleiben. Damit<br />
solle erreicht werden, dass die Leute<br />
nur dann aus den Heimen auf die<br />
Kommunen verteilt werden, wenn<br />
sie einen positiven Bescheid haben.<br />
Barbara Richstein forderte auch<br />
die Schaffung einer zentralen Ausreiseeinrichtung.<br />
Sie sagte, die CDU<br />
wolle weiterhin Hilfe für Menschen<br />
in Not. „Eine dauerhafte Akzeptanz<br />
der Gesellschaft werden wir dafür<br />
aber nur erhalten, wenn wir uns<br />
auch effizient um die Ausreise derjenigen<br />
kümmern, die keinen Anspruch<br />
auf Hilfe haben.“ (dpa, bla.)<br />
WirdankenallenTeilnehmern<br />
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Christian Lang, Prof. Dr.Andreas Knie,<br />
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