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Berliner Zeitung 19.10.2018

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4* <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 244 · F reitag, 19. Oktober 2018<br />

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Politik<br />

NACHRICHTEN<br />

CSU will mit Freien Wählern<br />

über Koalition reden<br />

DieCSU will in Bayern Koalitionsverhandlungen<br />

mit den Freien Wählernaufnehmen.<br />

In einer Telefonkonferenz<br />

beschloss das Parteipräsidium<br />

am Donnerstag, die Gespräche<br />

nicht den Grünen aufzunehmen. Die<br />

Verhandlungen sollen vermutlich<br />

bereits Freitag beginnen. (AFP)<br />

Hinweis auf Notruf aus<br />

brennender Zelle<br />

Im Fall eines zu Unrecht inhaftierten<br />

Syrers,der in Nordrhein-Westfalen<br />

nach einem Zellenbrand gestorben<br />

ist, gibt es laut Medienberichten<br />

Zweifel an der Suizidtheorie.Protokolle<br />

aus dem Gefängnis in Kleve<br />

deuteten darauf hin, dass entgegen<br />

der bisherigen Annahme am Abend<br />

des Brandes die Gegensprechanlage<br />

im Haftraum betätigt worden sei, berichteten<br />

Kölner Stadt-Anzeiger und<br />

Bild-<strong>Zeitung</strong>. (dpa)<br />

Grüne in Hessen-Umfrage bei<br />

22 Prozent –vor der SPD<br />

Nach der Landtagswahl in Bayern<br />

könnten die Grünen auch in Hessen<br />

einer Umfrage zufolge zweitstärkste<br />

Kraft werden. Würde schon kommenden<br />

Sonntag gewählt, käme die<br />

CDU nur noch auf 26 Prozent, die<br />

SPD auf 20 und die Grünen kämen<br />

auf 22 Prozent, berichtete das ZDF<br />

am Donnerstag über die Politbarometer-Umfrage.Die<br />

Linke liegt dabei<br />

wie die FDP bei 8Prozent und die<br />

AfD käme auf 12 Prozent. (dpa)<br />

Hessen-Umfrage<br />

„Wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl<br />

wäre...“ in KlammernVergleich zur<br />

Wahl 2013 in Prozent<br />

SPD<br />

20 %<br />

(–10,7)<br />

Grüne<br />

22 %<br />

(+10,9)<br />

Linke<br />

8%(+2,8)<br />

Sonstige<br />

4%(–1,6)<br />

US-Finanzminister fährt<br />

nicht nach Riad<br />

Wegen des vermissten saudi-arabischen<br />

Journalisten Jamal Khashoggi<br />

gehen immer mehr westliche Staaten<br />

auf Distanz zu Riad: DerUS-Finanzminister<br />

und drei europäische<br />

Minister sagten ihreTeilnahme an<br />

einer Investorenkonferenz in Saudi-<br />

Arabien ab.Unterdessen forderte der<br />

CDU-Außenpolitiker NorbertRöttgen<br />

eine klarePositionierung der<br />

deutschen Wirtschaft. Er wies darauf<br />

hin, dass Siemens-Chef JoeKaeser<br />

„noch nicht abgesagt“ habe. (dpa)<br />

Olof Palmes Witwe<br />

ist gestorben<br />

Lisbet Palme,die Witwedes 1986 ermordeten<br />

schwedischen Premierministers<br />

Olof Palme,ist am Donnerstag<br />

im Alter von87Jahren gestorben.<br />

Dasteilte ihreFamilie mit. Palme war<br />

die einzige Zeugin des Mordes an ihremMann,<br />

die dem Täter ins Gesicht<br />

sah. Siewar überzeugt, der später<br />

freigesprochene Christer Pettersson<br />

habe die Tatbegangen. (fred.)<br />

Trump will Grenze zu<br />

Mexikoschließen<br />

CDU<br />

26 %<br />

(–12,3)<br />

FDP<br />

8%<br />

(+3)<br />

AfD<br />

12 % (+7,9)<br />

BLZ/HECHER;QUELLE: ZDF<br />

Wegen der Massenflucht aus Zentralamerika<br />

hat US-Präsident Donald<br />

Trump mit der Schließung der<br />

US-GrenzezuMexiko gedroht. Mexiko<br />

müsse „diesen Ansturm“ von<br />

Migranten stoppen, anderenfalls<br />

werdeerdas US-Militär einschalten,<br />

twitterte Trump.Tausende Honduraner<br />

haben sich wegen Gewalt und<br />

Armut in ihrem Land zu Fußauf den<br />

Wegnach Norden gemacht. (AFP)<br />

Das Gute-Kita-Gesetz soll dafür sorgen, dass die Kinderbetreuung in Deutschland besser und günstiger wird.<br />

Entlastungen und Rückkehrrecht<br />

Paritätische Beitragsfinanzierung, Brückenteilzeit, Gute Kita –der Bundestag will zurück zur Sachpolitik<br />

VonRasmus Buchsteiner<br />

und Timot Szent-Ivanyi<br />

Nach Wochen der innerund<br />

überparteilichen<br />

Streitereien will man im<br />

Bundestag zur Sachpolitik<br />

zurückkehren. Neben der Entscheidung<br />

über die Rückkehr zur paritätischen<br />

Beitragsfinanzierung der<br />

gesetzlichen Krankenversicherung<br />

wurde am Donnerstag das Gesetz zur<br />

Brückenteilzeit im Parlament beschlossen.<br />

Außerdem standen Beratungen<br />

zum Gute-Kita-Gesetz auf der<br />

Tagesordnung. Aber was bringt die<br />

Parität? Undwie funktioniertdie Teilzeit-Brücke?<br />

Die wichtigsten Fragen<br />

und Antworten.<br />

Wasändertsich beim Beitragssatz für<br />

gesetzlich Krankenversicherte?<br />

Ab 1. Januar 2019 zahlen Arbeitgeber<br />

und Arbeitnehmer nach dem<br />

am Donnerstag beschlossenen Gesetz<br />

wieder jeweils die Hälfte des<br />

Beitragssatzes. Damit wird nach 14<br />

Jahren zum Prinzip der paritätischen<br />

Finanzierung der Krankenversicherung<br />

zurückgekehrt. Das wird erreicht,<br />

indem künftig auch der von<br />

Kasse zu Kasse unterschiedliche Zusatzbeitrag<br />

geteilt wird. Bislang war<br />

nur der allgemeine Beitragssatz von<br />

14,6 Prozent hälftig finanziert, den<br />

Zusatzbeitrag mussten die Arbeitnehmer<br />

allein zahlen. DieKonstruktion<br />

führte dazu, dass die Beschäftigten<br />

alle Kostensteigerungen im Gesundheitswesen<br />

allein tragen mussten.<br />

Künftig wird die Last wieder auf<br />

beide Schulternverteilt.<br />

Wasbedeutet die Änderung im Portemonnaie?<br />

Das hängt vom Einkommen und<br />

der Höhe des Zusatzbeitrags ab, der<br />

derzeit je nach Kasse zwischen 0,6<br />

und 1,7 Prozent liegt. Diese Spanne<br />

dürfte in etwa auch im kommenden<br />

Jahr gelten. Ein Versicherter mit einem<br />

Monatsbrutto von 3500 Euro,<br />

der bei einer Kasse mit einem Zusatzbeitrag<br />

von 1,0 Prozent versichertist,<br />

wirdum17,50 Euro im Monat<br />

entlastet. Die Neuregelung gilt<br />

auch für Rentner. Hier übernimmt<br />

die Rentenversicherung die Hälfte<br />

des Beitrags. Bei einer Rente von<br />

1000 Euro und einem Zusatzbeitrag<br />

von1,4 Prozent hat der Senior sieben<br />

Euro mehr im Monat. DieEntlastung<br />

summiert sich bei den Versicherten<br />

auf einen Betrag von jährlich acht<br />

Milliarden Euro. Arbeitgeber und<br />

Rentenversicherung müssen entsprechend<br />

mehr zahlen.<br />

Welche Entlastungen für Versicherte<br />

sind noch vorgesehen?<br />

Mit dem Gesetz wird ein Missstand<br />

beseitigt, der in der Politik<br />

schon seit Jahren diskutiert wird:<br />

Kleine Selbstständige sind häufig<br />

nicht in der Lage,die Beiträge zur gesetzlichen<br />

Krankenversicherung zu<br />

schultern. Denn bei ihnen wird ein<br />

Einkommen von fast 2300 Euro unterstellt,<br />

egal, wie viel sie tatsächlich<br />

verdienen. Dieser unterstellte Monatslohn<br />

wird ab Januar auf 1038<br />

Euro abgesenkt. Damit werden die<br />

Krankenkassenbeiträge für die Betroffenen<br />

mehr als halbiert, vonetwa<br />

360 auf 160 Euro.<br />

Wasist die „Brückenteilzeit“?<br />

Hinter dem ebenfalls am Donnerstag<br />

verabschiedeten Gesetz verbirgt<br />

sich ein Rückkehrrecht vonTeilzeit-<br />

in Vollzeit-Beschäftigung. Wer<br />

Vollzeit arbeitet, hat künftig unter bestimmten<br />

Bedingungen Anspruch<br />

darauf, seine Arbeitszeit für mindestens<br />

zwölf Monate und höchstens<br />

fünf Jahrezureduzieren. Mitdem Gesetz<br />

will die Regierung vermeiden,<br />

dass insbesondere Frauen in der<br />

„Teilzeitfalle“ stecken bleiben.<br />

Gilt der neue Rechtsanspruch für alle<br />

Betriebe?<br />

Nein. Es gilt eine „Zumutbarkeitsregelung“.<br />

In Betrieben mit in der Regel<br />

weniger als 45 Beschäftigten besteht<br />

kein Rückkehrrecht in Vollzeit.<br />

Das betrifft mehr als drei Millionen<br />

Arbeitnehmer.Arbeitgeber mit 46 bis<br />

200 Beschäftigten können die zeitlich<br />

begrenzte Verringerung der Arbeitszeit<br />

ablehnen. Undzwar dann, wenn<br />

pro angefangene 15 Beschäftigte bereits<br />

mindestens einer die Brückenteilzeit<br />

in Anspruch nimmt.<br />

Und was ist mit Arbeitnehmern, die<br />

bereits in Teilzeit sind?<br />

Ihnen wird mit dem Gesetz die<br />

Rückkehr in Vollzeitbeschäftigung<br />

erleichtert. Bereits nach jetziger<br />

Digitalisierung der Schulen auf der Kippe<br />

Rechtslage müssen sie bei gleicher<br />

Eignung bei der Besetzung eines<br />

freien Arbeitsplatzes bevorzugt<br />

werden. Künftig muss der Arbeitgeber<br />

erklären, warum eine Vollzeitbeschäftigung<br />

nicht möglich<br />

ist: Dabei geht es um den Nachweis,dass<br />

kein entsprechender Arbeitsplatz<br />

vorhanden oder der<br />

Teilzeitbeschäftigte nicht geeignet<br />

ist.<br />

Wemnützt das Gute-Kita-Gesetz?<br />

Mit dem Gesetz sollen Deutschlands<br />

Kitas besser und für Geringverdiener<br />

kostenlos werden. Bis 2022<br />

sollen dafür 5,5 Milliarden Euro vom<br />

Bund an die Länder fließen. Wie sie<br />

das Geld einsetzen, entscheiden die<br />

Länder weitgehend selbst, der Bund<br />

will das aber überwachen. Die Länder<br />

können zum Beispiel längere<br />

Öffnungszeiten, bessere Betreuungsschlüssel<br />

oder pädagogische<br />

Angebote in den Kitas finanzieren.<br />

Einkommensschwache Familien<br />

sollen von den Kita-Gebühren befreit<br />

werden. Nach Ansicht der Opposition<br />

kommt bei den Plänen allerdings<br />

die gute Betreuung der<br />

Kinder viel zu kurz. Es gebe keine<br />

Qualitätsstandards, viele Länder<br />

wollten das Geld eher in Beitragsfreiheit<br />

investieren als in bessereBetreuungsschlüssel,<br />

kritisierten FDP,Linke<br />

und Grüne bei der ersten Lesung des<br />

Gesetzes im Bundestag. Die AfD bemängelte,<br />

Eltern, die ihre Kinder zu<br />

Hause erziehen wollten, würden vernachlässigt.<br />

(mit dpa)<br />

Für eine Finanzspritze vom Bund muss das Grundgesetz geändert werden. Doch eine Mehrheit dafür ist nicht sicher<br />

VonTobias Peter<br />

Es ist ein wichtiges Versprechen<br />

der großen Koalition: der Digitalpakt<br />

von Bund und Ländern. Der<br />

Bund will dabei in fünf Jahren fünf<br />

Milliarden Euro für eine moderne<br />

Ausstattung der Schulen geben –die<br />

Länder sollen sich darum kümmern,<br />

dass die Lehrer dafür aus- und fortgebildet<br />

werden. Doch dafür ist eine<br />

Grundgesetzänderung nötig und die<br />

Bundesregierung hat Schwierigkeiten,<br />

die notwendige Zustimmung zu<br />

organisieren.<br />

Bildung ist Ländersache. Seit der<br />

Föderalismusreformvon 2006 gibt es<br />

ein Kooperationsverbot, das die Mitwirkung<br />

des Bundes eng begrenzt.<br />

Union und SPD wollen den Digitalpakt<br />

und weitere Investitionen des<br />

Bundes in die Bildungsinfrastruktur<br />

ermöglichen, indem sie dieses Kooperationsverbot<br />

weiter aufweichen.<br />

FDP und Grünen ist das nicht<br />

genug –sie wollen, dass der Bund<br />

nicht nur in die Infrastruktur investiert,<br />

sondern gemeinsam mit den<br />

Ländern die Qualität des Bildungssystems<br />

verbessert. Gebraucht werden<br />

Zwei-Drittel-Mehrheiten in<br />

Bundestag und Bundesrat.<br />

„Wenn die große Koalition sich<br />

nicht bewegt, dann wird sie die<br />

Mehrheit für ihreGrundgesetzänderung<br />

nicht zusammenbekommen“,<br />

sagte die stellvertretende FDP-Fraktionschefin<br />

Katja Suding der <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Zeitung</strong> (Redaktionsnetzwerk<br />

Deutschland RND). Die Grünen sehen<br />

es genauso.Ohne Hilfe vonFDP<br />

und Grünen werden Union und SPD<br />

die nötigen Stimmen aber kaum aufbringen.<br />

„Wir wollen die Chance<br />

nutzen, das Kooperationsverbot<br />

nicht nur ein bisschen zu lockern,<br />

sondernwirklich zu Fall zu bringen“,<br />

sagte Suding. Bildung müsse eine gemeinsame<br />

Daueraufgabe von Bund,<br />

Ländern und Kommunen sein, „die<br />

Investitionen nicht nur in Beton,<br />

sondern auch in Köpfe erfordert“,<br />

sagte der Grünen-Bildungspolitiker<br />

Kai Gehring der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong><br />

(RND). Auch die Linke ist für einen<br />

Bruch mit dem Kooperationsverbot.<br />

Die AfD lehnt die Pläne der Bundesregierung<br />

dagegen als unzulässigen<br />

Eingriff in die Bildungshoheit der<br />

Länder ab.<br />

FDP und Grüne kritisieren, dass<br />

der Bund den Ländernnach den derzeitigen<br />

Plänen in der Bildung nur befristet<br />

helfen können soll –und mit jeweils<br />

abnehmender Finanzierung in<br />

einzelne Vorhaben. Darüber hinaus<br />

fordern sie in einem gemeinsamen<br />

Antrag: „Über einen geänderten Artikel<br />

91b GG ist dafür Sorge zutragen,<br />

dass Bund und Länder auf Grund von<br />

Vereinbarungen zur Sicherstellung<br />

der Qualität, der Leistungsfähigkeit<br />

und der Weiterentwicklung des Bildungswesens<br />

zusammenwirken können.“<br />

FDP und Grüne wollen also<br />

schlicht mehrVeränderung.<br />

Es geht um viel Geld<br />

Finanzminister Olaf Scholz (SPD)<br />

war in dieser Woche in der Fraktion<br />

der Linken, um für die Pläne der Regierung<br />

zu werben. Am Freitag verhandelt<br />

das Finanzministerium mit<br />

Vertreternvon FDP und Grünen. Die<br />

Union tut sich schwer,bei der Lockerung<br />

des Kooperationsverbotes<br />

noch weiterzugehen – auch Bil-<br />

DPA/JENS BÜTTNER<br />

dungsministerin Anja Karliczek<br />

(CDU) will dafür nicht kämpfen und<br />

hält sich in der Debatte zurück. Am<br />

Ende müssen noch die Länder mit<br />

Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen.<br />

Unter den Ländernist –zum Leidwesen<br />

der Bundes-Grünen –ausgerechnet<br />

der einzige grüne Ministerpräsident,<br />

Winfried Kretschmann in<br />

Baden-Württemberg, der heftigste<br />

Kritiker verstärkter Mitwirkungsmöglichkeiten<br />

des Bundes. Generell gilt<br />

aber:Die Ministerpräsidenten wollen<br />

das für den Digitalpakt eingeplante<br />

Geld auf jeden Fall haben.<br />

„Die große Koalition und Finanzminister<br />

Olaf Scholz haben sehr spät<br />

begonnen, um eine Mehrheit zu<br />

werben“, sagte Suding. „Das war<br />

fahrlässig.“ Union und SPD wirkten<br />

zudem untereinander uneinig. „Ihre<br />

fehlende Professionalität geht zulasten<br />

vonKindernund Eltern, die darauf<br />

warten, dass endlich etwas passiert“,<br />

sagte Suding. In Koalitionskreisen<br />

wird eingeräumt: Sollte der<br />

Digitalpakt scheitern, wäreder Schaden<br />

für das Ansehen der Regierung<br />

immens.<br />

Millionen<br />

für<br />

Berater<br />

Hohe Folgekosten durch<br />

Autobahn-Privatisierung<br />

VonKai Schlieter<br />

Wovor Kritiker seit den ersten<br />

Plänen warnen, bestätigt sich<br />

nun: Die umstrittene Infrastrukturgesellschaft<br />

für Autobahnen verursacht<br />

hohe Folgekosten. Allein vier<br />

Beratungsunternehmen kassieren<br />

nach Informationen der <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Zeitung</strong> für Beratungstätigkeiten zur<br />

Infrastrukturgesellschaft rund<br />

15 Millionen Euro.Roland Berger erhält<br />

sechs Millionen Euro,4,8 Millionen<br />

stellen Ernst &Young in Rechnung,<br />

drei Millionen Euro Beiten<br />

Burkhardt und eine Million fließen<br />

an die Berater vonBearing Point.<br />

Die Höhe der Summe allein für<br />

Beratungsleistung empört den haushaltspolitischen<br />

Sprecher der Grünen,<br />

Sven-Christian Kindler, der<br />

durch seine Anfrage beim Verkehrsministerium<br />

diese Informationen zutage<br />

förderte.„Es spricht nichts dagegen<br />

in Einzelfragen auf externen<br />

Sachverstand zurückzugreifen“, so<br />

Kindler, „aber diese Größenordnung<br />

geht gar nicht. Da verdienen sich ein<br />

paar Wirtschaftsjuristen und Unternehmensberater<br />

eine goldene Nase.“<br />

Kindler hat ausgerechnet, dass<br />

mit dieser Summe rund 100 Fachexperten<br />

im Verkehrsministerium hätten<br />

angestellt werden können, „um<br />

eigenen Sachverstand aufzubauen“.<br />

Dieser Aspekt ist wesentlich,<br />

denn künftig muss diese Expertise<br />

zugekauft werden. „Das ist eine Spirale,<br />

weil das Wissen in der Verwaltung<br />

verloren geht“, sagt Carl Waßmuth,<br />

der sich als Vorsitzender des<br />

Vereins Gemeingut in BürgerInnenhand<br />

mit Teilprivatisierung beschäftigt.„Diese<br />

Berater sind Diener vieler<br />

Herren und niemand kann sicherstellen,<br />

dass dies wirklich der öffentlichen<br />

Hand dient.“<br />

Bau und Unterhalt von Autobahnen sind<br />

ein Millionengeschäft. DPA/H. HOLLEMANN<br />

Tatsächlich hatten externe Berater<br />

schon das Feld für die jetzigen<br />

Millionenverträge bestellt. Denn die<br />

Konzeption der Infrastrukturgesellschaft<br />

für Autobahnen selbst wurde<br />

von externen Beratungsfirmen entwickelt.<br />

Die <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> hatte<br />

2017 diese Pläne enthüllt, die vom<br />

Verkehrsministerium wie Geheimpapieregehütet<br />

worden waren.<br />

Ganz in Sinne solcher Berater<br />

führt auch die Zentralisierung der<br />

Zuständigkeit bei den Autobahnen<br />

durch die Infrastrukturgesellschaft<br />

zu einer Ausweitung der höchst umstrittenen<br />

öffentlich-privaten Partnerschaften<br />

(ÖPP). Forciert wird das<br />

durch die ÖPP-freundliche Haltung<br />

des Bundes,bei den früher zuständigen<br />

Bundesländern hatte es noch<br />

ÖPP-kritische Positionen gegeben.<br />

Die Bundesregierung hingegen<br />

ficht nicht einmal die seit Jahren<br />

vom Bundesrechnungshof vorgetragene<br />

Kritik an solchen ungesund engen<br />

„Partnerschaften“ an: Sowohl<br />

Union wie auch SPD forcieren diese<br />

Privatisierungsvariante, bei der Berater,<br />

Banken und Baukonzerne mit<br />

Milliardenaufträgen vomStaat profitieren.<br />

Kritiker weisen auf deren gute<br />

Beziehungen speziell in Ministerien<br />

hin. So warnt der Grüne Kindler vor<br />

„gefährlichen Interessenkonflikten<br />

zulasten der Demokratie. Das öffnet<br />

Tür und Torfür Lobbyismus.“

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